Jennifer Just übernimmt die Praxis von Wolfgang Kießling. Foto: Wind

Neurologin übernimmt ab April Praxis von Wolfgang Kießling. Kießling: "Sechser im Lotto".

Freudenstadt - Die Patienten von Wolfgang Kießling können aufatmen: Nach langer Suche hat sich mit Jennifer Just eine Nachfolgerin für seine neurologische Praxis am Marktplatz in Freudenstadt gefunden.

"Fünf Jahre lang habe ich nach einer geeigneten Nachfolge gesucht", berichtet Wolfgang Kießling, der die Praxis seit 1993 führt. Mit 65 Jahren habe er begonnen, sich nach einem Nachfolger umzuschauen, doch lange keinen geeigneten gefunden: "Niemand will nach Freudenstadt."

Doch jetzt hat es endlich geklappt: Ab April wird Jennifer Just die Praxis übernehmen. "Das lange Warten hat sich gelohnt, das ist wie ein Sechser im Lotto", freut sich Kießling. Für ihn besonders wichtig: Seine langjährigen Mitarbeiter werden alle übernommen. Und auch Jennifer Just zeigte sich im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten sehr glücklich über ihre neue Wirkungsstätte.

"Für uns sind in Freudenstadt jetzt einfach ganz viele Puzzleteile zusammengekommen", so Just. Zum Jahreswechsel ist die 36-Jährige mit ihrem Mann Fabian und ihren beiden Söhnen nach Freudenstadt gezogen. "Freudenstadt- ist eine super tolle Chance für uns. Und noch dazu ein Heimspiel – mein Mann ist hier aufgewachsen", erzählt sie. Ab April wird Just die neurologische Praxis von Wolfgang Kießling übernehmen.

Als niedergelassene Neurologin arbeiten – das hätte sich Just zu Beginn ihres Medizinstudiums in Tübingen nicht träumen lassen. "Ich war mir sicher, dass ich Chirurgin werde", erinnert sie sich. Neurologin stand jedenfalls nicht auf ihrem Zettel. Doch im Laufe des Studiums habe sich ihr Interesse am Nervensystem immer mehr herauskristallisiert.

Als Schlüsselerfahrung bezeichnet die 36-Jährige einen Auslandsaufenthalt in West Virginia. Einen Teil ihres praktischen Jahres hat sie dort  in der Abteilung für Neurologie der WVU-Klinik verbracht und dort unter anderem mit ALS-Patienten gearbeitet. Just hat dort erkannt: Neurologen können Patienten vielleicht nicht immer heilen, aber sie können ihnen auf jeden Fall helfen und ihr Leiden erträglicher machen. Nach ihrer Rückkehr aus den USA stand deshalb für sie fest, dass sie Neurologin werden wollte. Ihren entsprechenden Facharzt machte sie 2017 in Tübingen.

Parallel dazu forschte Just am Hertie-Institut für klinische Hirnforschung. Mit der Zeit spezialisierte sie sich zunächst auf ALS und Kleinhirnstörungen, später dann auf seltene Erkrankungen und half beim Aufbau des Zentrums für seltene neurologische Erkrankungen und Entwicklungsstörungen an der Tübinger Universität. "Durch die Beschäftigung mit seltenen Erkrankungen sieht man das ganze Spektrum der Neurologie", so Just. Für sie sei dabei aber immer deutlicher geworden, dass ihr vor allem die Arbeit mit den Patienten liege.

Dieser kann sie sich künftig täglich in ihrer eigenen Praxis widmen. Den März wird Just noch für eine Hospitanz nutzen. In diesem Monat werden sie und Wolfgang Kießling gemeinsam in der Praxis sein. "Ab 1. April geht Herr Kießling dann in seinen wohlverdienten Ruhestand", sagt Just. Bis auf den Arzt und neue Geräte soll sich für die Patienten erst mal nichts ändern: "An der Praxis möchte ich vorerst nichts verändern und ich bin sehr froh, dass ich mit dem erfahrenen Team weitermachen darf", freut sich Just.