Kein "Weiter so": Saskia Esken. Foto: SPD Foto: Schwarzwälder-Bote

Parteien: SPD-Kreisverband trifft sich zur Wahlnachlese

Kreis Freudenstadt. Zwischen Frust und Lust schwankte der SPD-Kreisvorstand Freudenstadt bei der Nachlese zur Bundestagswahl.

Frust herrschte über das historisch schlechte Ergebnis, Lust aufgrund einer Aufbruchstimmung durch die Rolle in der Opposition. "Wir brauchen einen Dreiklang aus inhaltlicher, struktureller und personeller Erneuerung", forderte die Bundestagsabgeordnete Saskia Esken.

Auf Antrag des Kreisvorsitzenden Gerhard Gaiser beschloss der Kreisvorstand einen Brief an die Parteispitze in Berlin. Darin begrüßt der Verband den Weg der SPD, die große Koalition nicht fortzusetzen und fordert, auch beim Scheitern einer Jamaika-Koalition in keiner großen Koalition Regierungsverantwortung zu übernehmen. "Der Entschluss, in die Opposition zu gehen, hat an der Basis ein regelrechtes Aufatmen ausgelöst", so Gaiser.

Die Kritik am Wahlkampf und die Analyse des Ergebnisses fiel teils heftig aus. "Wir haben durch die vielen Kompromisse in der großen Koalition ein Glaubwürdigkeitsproblem", so Gaiser. Dazu komme das Organisationsproblem mancher Ortsvereine. Fusionen seien dagegen kein Allheilmittel. Es sei der SPD auch im Kreis Freudenstadt trotz höherer Wahlbeteiligung nicht gelungen, ihre Wählerschaft voll zu aktivieren. Gaiser: "Wir sind in keinem Ort des Landkreises mehr stärkste Partei. Das muss sich wieder ändern. Wir wollen verlorene Mitglieder wieder zurückholen."

Esken analysierte das Wahlergebnis auf Kreis-, Landes- und Bundesebene schonungslos. Es tröstete sie nicht, dass ihr direkter Konkurrent von der CDU, Hans-Joachim Fuchtel, als zweitgrößter Wahlverlierer seiner Partei in Baden-Württemberg abgeschnitten habe. Gerhard Schröders Agenda 2010 sei ein Sündenfall gewesen, dafür müsse die SPD noch heute die Rechnung bezahlen. Ein "Weiter so" dürfe es nicht mehr geben. Die SPD müsse neue Formate finden, um Wähler anzusprechen, und mit Bürgern vor Ort über wichtige Themen wie Rente oder Bürgerversicherung ins Gespräch kommen. Esken: "Die SPD soll jünger und weiblicher werden, für einen Neuanfang muss sie unverbrauchte Personen präsentieren. Dann muss die SPD endlich damit aufhören, ihre Personalentscheidungen in Hinterzimmern auszubaldowern und uns dann zu präsentieren." Trotz der Enttäuschung und der Erschöpfung von einem anstrengenden Wahlkampf zeigt sich Esken kämpferisch. Sie will in Zukunft ihre Präsenz in den beiden Landkreisen Freudenstadt und Calw erhöhen: "Wir müssen einfach sichtbar sein."

Die Wahlkampfleiterin Viviana Weschenmoser bedauerte die mitunter mangelnde Unterstützung aus den Ortsverbänden.