Um das Gerät zu installieren, mussten lediglich die Lüftungs- und Beleuchtungsmodule ausgebaut werden. Foto: Klumpp

Jochen Klumpp baut in seine Fahrzeuge System ein, mit dem Luft keimfrei werden soll.

Freudenstadt-Kniebis - Können die Passagiere in Reisebussen bald auf die Mund-/Nasen-Schutzmasken verzichten? Ein Freudenstädter Busunternehmer hat in seine beiden Reisebusse jeweils einen "Virenkiller" eingebaut und unternimmt jetzt einen Vorstoß bei der Landesregierung.

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Jochen Klumpp, der im Stadtteil Kniebis auch als Musiker und Dirigent bekannt ist, hat zwei moderne Fünf-Sterne-Reisebusse, mit denen er in ganz Europa – von Norwegen bis Sizilien – unterwegs ist. Meist sitzt er selbst hinter dem Steuer. Aushilfsfahrer unterstützen ihn, dazu gehört auch der Kniebiser Ortsvorsteher Helmut Klaissle.

Erste Reise nach dem Lockdown am 4. Juli

Die Corona-Krise hat das Familienunternehmen hart getroffen. Erst kurz vor dem Lockdown hatte Klumpp einen der Busse neu gekauft. "Der stand dann gleich mal bis Juli still", sagt Jochen Klumpp. Die erste Reise wurde wieder am 4. Juli angetreten. Das Angebot des Unternehmers, der einen eigenen Reisekatalog herausgibt und auch mit vielen Gruppen unterwegs ist, war somit zusammengeschrumpft.

Klumpp ist froh, dass er auf viele Stammkunden bauen kann, sonst hätte sein kleines Busunternehmen die Krise wohl nicht überstanden. Obwohl es Anfangs nicht absehbar war, wie es mit den Busreisen weitergeht, hat Jochen Klumpp beschlossen zu investieren und in jeden seiner Fahrzeuge einen sogenannten "Virenkiller" einzubauen. Darauf aufmerksam geworden war er durch ein Busunternehmen in Witten. Er machte sich zudem in Fachpublikationen schlau über die Technologie, mit der die Luft im Bus zu 99 Prozent virenfrei gemacht werden.

"Virenkiller" kann auch in Räumen eingesetzt werden

Die Technologie sei gar nicht neu, erklärt Jochen Klumpp. Sie werde zur Reinigung und Entkeimung von Wasser oder in Krankenhäusern eingesetzt. "Nur im Bus ist noch keiner draufgekommen", so Klumpp. Er setzte sich mit seinem Kollegen in Nordrhein-Westfalen in Verbindung und tüftelte mit ihm aus, wie und wo das kompakte Gerät installiert werden kann. Dabei kam Klumpp zugute, dass der Unternehmer in Witten Fahrzeuge des gleichen Typs wie Klumpp besitzt.

Der "Virenkiller" könne auch in Räumen eingesetzt werden, weil er ein eigenes Gebläse hat, erklärt Klumpp. Durch den Einbau in den Lüftungskanal von Bussen würden die Ionen schneller freigesetzt. Die keimbelastete Luft werde durch die schnelle Umwälzung der Frischluft, die vom Dach und von vorne in den Bus strömt, am Boden wieder abgegeben.

"Wir wollen etwas für die Gesundheit unserer Fahrgäste tun und einen Beitrag zur Eindämmung der Pandemie leisten", betont der Kniebiser Busunternehmer. Er hat sich bereits an die hiesigen Landtagsabgeordneten gewandt und hofft, dass sie sich dafür einsetzen, dass mit dem "Virenkiller" auf die Maskenpflicht im Bus verzichtet werden kann. Auch an den zuständigen Minister Manne Lucha will er schreiben.

"Luftreinhaltung nicht nur in Corona-Zeit ein Thema"

Jochen Klumpp kritisiert, dass es auch für Busreisen unterschiedliche Regelungen in Deutschland gibt. So dürften beispielsweise in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein Zehnergruppen, die im Reisebus zusammen sitzen, ohne Maske reisen. "Luftreinhaltung ist aber nicht nur in der Coronazeit ein Thema", sagt Jochen Klumpp. Saubere Luft im Bus sei immer wichtig. "Die Technik ist ausgereift", ist der Busunternehmer überzeugt.

In seinen beiden Fahrzeugen wurden die "Virenkiller" etwa über der dritten Sitzreihe eingebaut. Dort sei der Wirkungsgrad am größten. Der Einbau sei gar kein Problem gewesen, berichtet Klumpp. Man habe nur die Belüftungsmodule über den Sitzen ausbauen müssen und habe die Geräte problemlos im Lüftungskanal untergebracht. Jetzt ist der Busfahrer wieder auf Tour. Derzeit zwar noch mit Maske – aber bald hoffentlich ohne, so Jochen Klumpp.

So funktioniert der "Virenkiller"

Der "Virenkiller", der jetzt in Reisebusse eingebaut werden kann, basiert auf der avancierten Photo-Hydro-Ionisierungstechnologie, genannt AOP. Die Technik ermöglicht es, in der Luft vorhandene Mikroorganismen (Bakterien, Viren, Pilze), Gase und Gerüche innerhalb weniger Sekunden unschädlich zu machen, verspricht der Hersteller. Die Luft im Bus durchquert eine Oxidationskammer (AOP-Zelle), die in den Lüftungskanal des Fahrzeugs eingebaut wird. In der Zelle wird keimtötendes UV-Licht auf einen Katalysator, der sich aus vier unterschiedlichen Metallen zusammensetzt, gerichtet.

Durch Titan, Silber, Rhodium und Kupfer sowie eine geringe Menge Flüssigkeit, die der Luft entzogen wird, wird ein Oxidationsprozess in Gang gesetzt. Dabei werden Oxidantien produziert, die einen natürlichen Reinigungsprozess nachahmen. Die Oxidantien bewegen sich aus eigener Kraft durch den Raum, auf der Suche nach Molekülen, mit denen sie sich verbinden, diese spalten und damit abtöten können.

Laut Hersteller können dadurch unter anderem 99 Prozent aller Mikroben eines menschlichen Niesens in einem Meter Distanz abgetötet werden. Der Luftwechselintervall in einem Reisebus durch die Klimaanlage wird mit 30 bis 120 Sekunden, je nach Größe des Fahrzeugs, angegeben.