Polizisten befreien Riesenschnauzer und bringen ihn ins Tierheim. Schicksal des Tieres rührt auch die Beamten.
Freudenstadt - Als es an der Tür des Kreistierheims in Freudenstadt klingelt, staunt das Team um Leiterin Jelske Thoren nicht schlecht. Polizeibeamte übergeben ihnen ein schwarzes Häufchen Elend, das einmal ein stattlicher Riesenschnauzer gewesen sein muss. Der wird jetzt aufgepäppelt. Charlie heißt der völlig verwahrloste und erschreckend abgemagerte Hund mit den rabenschwarzen Kulleraugen. Der Rüde hat eine Tortur hinter sich, erzählt Thoren. "Es ist wirklich erschreckend, in welchem Zustand er sich befand." Als die Polizeibeamten aus Nagold den Rüden abliefern, kann er sich kaum auf den Beinen halten und bricht immer wieder zusammen.
Auch die Polizisten rührt Charlies Schicksal. "Er befand sich wirklich in einem erbärmlichen Zustand, als er befreit wurde", berichtet ein Sprecher des Polizeipräsidiums Karlsruhe. Der Besitzer, der in Hochdorf bei Nagold in einer Mietwohnung lebt, war nach eigener Aussage im Begriff, umzuziehen. Dabei soll er seine Ex-Frau mit der Versorgung des Tieres beauftragt haben. Nachdem diese jedoch in ein Krankenhaus eingeliefert werden musste, konnte die Pflege von Charlie anscheinend nicht mehr sichergestellt werden. Ein von der Polizei hinzugezogener Tierarzt bezweifelte jedoch, dass sich ein derart schlechter Zustand innerhalb von nur wenigen Tagen einstellen kann.
Gegenüber Menschen trotzdem nicht nachtragend
Die Beamten fanden den Hund so angeleint, dass er sich kaum bewegen konnte. Die Schüsseln für Futter und Wasser waren leer. Als Charlie am Samstag ins Kreistierheim kommt, ist er stark abgemagert. Die Mitarbeiter wissen, was zu tun ist: Sie geben ihm für den Anfang stündlich etwas zu fressen – eine Aufbau-Brühe mit Reis und Fleisch. Kraft-Suppe zeigt Wirkung. Charlie ist ein Kämpfer und kommt schnell wieder zu Kräften. Ein paar Tage später geht’s zum Tierarzt. Weil Charlie immer noch Durchfall hat, verabreicht ihm der Doktor eine Aufbauspritze mit allen wichtigen Nährstoffen.
"Er ist immer noch sehr schwach. Umso erstaunlicher ist es deshalb, dass er sich sehr lebensfroh zeigt und gegenüber Menschen auch überhaupt nicht nachtragend ist", beschreibt ihn Tierheimmitarbeiterin Linda Kunze. Charlie geht es jeden Tag ein bisschen besser. Er läuft wieder, auch wenn er immer noch ein bisschen Probleme mit dem Gleichgewicht hat. Und er scheint die Aufmerksamkeit, die man ihm entgegenbringt, zu genießen: Der Hund wird gebadet, das verfilzte Fell wird geschnitten – mit einer sehr weichen Bürste wird er gekämmt, denn aufgrund der Abmagerung ist er noch sehr empfindlich.
Linda Kunze freut sich sehr über die Fortschritte den schwarzen Riesenschnauzers. Auch das viel zu kleine Geschirr, in das ihn seine Besitzer quetschten, ist Vergangenheit. Charlie hat jetzt ein schickes Halsband. "Charlie ist jetzt zum Glück gesund, aber natürlich noch schwach", sagt Kunze. "Wir bauen ihn noch weiter auf, damit er bald wieder zu seinen alten Kräften kommt." Jetzt hofft die Tierpflegerin, dass seine ehemaligen Besitzer ihn nicht mehr bekommen.
Den Besitzer erwartet eine Anzeige wegen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz, so der Polizeisprecher. Außerdem wird ihm der Pflegeaufenthalt im Tierheim in Rechnung gestellt.
"Leider erleben wir öfter solche Grausamkeiten gegenüber Tieren", sagt Linda Kunze. Erst diese Woche sei bei Minusgraden am frühen Morgen ein im Käfig eingesperrtes Frettchen vor die Tür des Tierheims gestellt worden. "Das ist für mich absolut unverständlich. Wir haben jeden Tag, auch am Wochenende und Feiertags geöffnet", erklärt sie. Sie hofft nun, dass sich für Charlie und das Frettchen verantwortungsvolle und liebe Menschen finden.
Weitere Informationen:
unter Telefon 07441/3331 und auf der Homepage www.tierschutzverein-freudenstadt.de