Mit der Flüchtlingsproblematik beschäftigten sich (von links) Oberbürgermeister Julian Osswald, Waltraud Hoffmann vom Freundeskreis Asyl, Erster Landesbeamter Reinhard Geiser, CDU-Landtagsabgeordneter Norbert Beck, Gerolf Hau vom CDU-Stadtverband Freudenstadt und Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel. Foto: Blaich

Landkreis und Stadt informieren über Entwicklung und zeigen sich optimistisch. Ehrenamtliches Engagement von Bedeutung.

"Wir schaffen es – wir können den Flüchtlingszustrom bewältigen." Allerdings nur dann, wenn das ehrenamtliche Engagement weiterhin so hochgehalten werde wie bisher, sagte Landtagsabgeordneter Norbert Beck (CDU) bei einer Veranstaltung zu aktuellen Fragen der Flüchtlingspolitik.

Freudenstadt. An dem Abend, zu dem der Freudenstädter CDU-Kreis- und Stadtverband eingeladen hatten, ging es um die Flüchtlingsproblematik allgemein und im Kreis Freudenstadt. Der CDU-Landtagsabgeordnete Norbert Beck und der stellvertretende Vorsitzende des CDU-Stadtverbands Freudenstadt, Gerolf Hau, begrüßten eine stattliche Zahl von Gästen, darunter auch den Ersten Landesbeamten Reinhard Geiser, seinen Amtsvorgänger Klaus-Ulrich Röber und Oberbürgermeister Julian Osswald.

Belegung von Turnhallen vermeiden

Erster Landesbeamter Reinhard Geiser legte Zahlen aus dem Landkreis vor. Derzeit befänden sich rund 1000 Flüchtlinge im Kreisgebiet, davon seien 800 Menschen in vorläufiger Unterbringung und 200 in der Anschlussunterbringung, erläuterte er. 28 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge müssten betreut werden. Die Zahl der Neuankömmlinge sei rasant gestiegen. Im November seien 200 bis 250 Flüchtlinge zu erwarten. Der größte Teil seien Menschen aus Syrien. Der Landkreis habe derzeit elf Gemeinschaftsunterkünfte und 92 Wohnungen für Flüchtlinge im Kreisgebiet angemietet. "Wir wollen vermeiden, dass wir Turnhallen belegen müssen – versprechen können wir aber nichts", so Reinhard Geiser. Er lobte die Arbeit der ehrenamtlichen Helfer im Asylbereich, ohne die alles nicht funktionieren würde.

Oberbürgermeister Julian Osswald gab einen kurzen Überblick über die Flüchtlingssituation in Freudenstadt und zeigte sich ebenfalls optimistisch, das Problem bewältigen zu können. 170 Asylbewerber seien derzeit in Freudenstadt. Sobald das ehemalige Posthotel den baulichen Anforderungen entspreche, werde man auch dieses belegen. "Es ist wichtig, dass diese Menschen mitten unter uns und auch mitten in der Stadt leben", so Osswald. "Ich trage dies aus voller Überzeugung mit, das wird die Stadt nicht aus den Angeln heben, wir können das schultern."

Über die Arbeit des Freundeskreises Asyl informierte Waltraud Hoffmann. "Das eigentliche Problem haben nicht wir, sondern die Flüchtlinge", betonte sie. Die Hauptaufgabe des Vereins sei es, Sprachkurse für die Menschen zu vermitteln und ihnen bei Behördengängen und beim Ausfüllen von Formularen zu helfen. Sportkreispräsident Alfred Schweizer gab bekannt, dass alle Sportvereine im Landkreis im April nächsten Jahres einen Sporttag mit den Asylbewerbern veranstalten wollen. Im Januar sei hierzu eine Infoveranstaltung geplant. In einer abschließenden Diskussionsrunde gab es Gelegenheit für Fragen der Zuhörer. Dabei machte ein Teilnehmer seinem Ärger Luft, dass vergangene Woche zehn Männer aus Afghanistan ohne Sprachkenntnisse und jegliche Betreuung in eine Wohnung in einem Haus mit mehreren Eigentumswohnungen untergebracht wurden, ohne die Bewohner zu informieren. Reinhard Geiser versprach, sich persönlich des Falls anzunehmen.

Schnelle Integration gefordert

Landtagsabgeordneter Beck forderte eine stärkere Unterstützung der ehrenamtlichen Helfer, eine schnelle Integration der Asylbewerber, die ein Bleiberecht bekommen haben, und eine faire Verteilung der Asylsuchenden europaweit.

Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel machte zu Beginn seines Referats eine Bestandsaufnahme und einen Faktencheck zum aktuellen Thema Flucht und Asyl. Er sei kein Schönwetterpolitiker, sondern suche auch in dieser nicht ganz einfachen Zeit den Bürgerkontakt, um mit der Bevölkerung zu sprechen, sagte er. 60 Millionen Menschen seien derzeit auf der Flucht. Die Bundespolitik versuche, Verständnis bei den Bürgern zu wecken, aber auch sie wisse, dass Deutschland nicht unbegrenzt Asylsuchende aufnehmen kann. Fuchtel erläuterte die aktuellen Entscheidungen der Bundesregierung und erwähnte, dass kürzlich ein 140 Millionen Euro umfassendes "Winterpaket" geschnürt worden sei, damit rund 750 000 Menschen in Lagern und Zeltunterkünften besser versorgt und über die kalte Winterzeit gebracht werden können.

Ein wirtschaftlich starker Staat wie Deutschland müsse Nächstenliebe zeigen, trotzdem jedoch auf Asylmissbrauch reagieren und die Menschen, die nicht aus politischen Gründen Asyl suchen, auch wieder in ihre Heimatländer zurückführen, so der Staatssekretär weiter. Rund 39 Prozent aller Asylbewerber müsse Deutschland Schutz bieten, zunächst einmal für drei Jahre. Die Flüchtlinge würden nicht den Deutschen die Arbeitsplätze wegnehmen, wie von manchen Bürgern befürchtet werde, betonte er. Wenn für eine Arbeitsstelle kein inländischer Bewerber zur Verfügung stehe, könnten die Betriebe nach drei Monaten Asylbewerber einstellen.

Wohnungssuche problematisch

Arbeit sei für die Flüchtlinge so schnell wie möglich notwendig, um den Integrationsprozess voranzubringen. Problematisch sei noch die Wohnungssuche für die Vielzahl von Menschen, räumte Fuchtel ein. Der Bund habe daher beschlossen, die Mittel für den sozialen Wohnungsbau von 2016 bis 2019 um jeweils 500 Millionen Euro pro Jahr zu erhöhen.