Mit dem Randstein der Fußgängerfurt in der Loßburger Straße war Julian Osswald in der Nacht auf Samstag unter Alkoholeinfluss kollidiert. Foto: Schwark

Die Fraktionsvorsitzenden sehen Zusammenarbeit durch Alkoholfahrt von Julian Osswald nicht beeinträchtigt. OB schweigt.

Freudenstadt - Seine Alkoholfahrt mit Unfallfolgen hat Oberbürgermeister Julian Osswald eingeräumt. Nun hüllt er sich in Schweigen – einige Fragen sind offen. Auf die Zusammenarbeit mit dem OB wirkt sich der Fall nach Ansicht führender Kommunalpolitiker aber wohl nicht aus.Wie viel Promille Alkohol Osswald bei der Fahrt in der Nacht zum Samstag im Blut hatte, war gestern von der Polizei nicht zu erfahren. Der Atemalkoholtest, der bei Osswald vorgenommen wurde, sei zu vage, um den Wert anzugeben, sagte Polizeisprecher Walter Kocheise auf Anfrage unserer Zeitung. Es gebe zwei Arten von Atemalkoholtests bei der Polizeikontrolle. Diejenige, die bei Osswald vorgenommen worden sei, sei "sehr unsicher". Dem Autofahrer sei deshalb auch eine Blutprobe entnommen worden. Das Ergebnis der Auswertung steht allerdings noch aus. Osswald ist nicht nur seinen Führerschein los, sondern muss auch mit einer Anzeige wegen Unfallflucht und Gefährdung des Straßenverkehrs rechnen. Letztere schließt laut Kocheise auch den Vorwurf ein, unter Alkoholeinfluss einen Unfall gebaut zu haben.

Die Frage, ob Osswald für die Heimfahrt kurz nach Mitternacht nicht auch Dienstwagen und Fahrer hätte in Anspruch nehmen können, bleibt offen. Der OB gebe zu der Unfallfahrt keinerlei Kommentar ab, sagte Osswalds persönlicher Referent Patrick Birnesser gestern auf Anfrage. Schließlich handle es sich um ein laufendes Verfahren.

Während sich Osswald bedeckt hält, bekommt er von Kommunalpolitikern Rückendeckung: Die Fraktionsvorsitzenden im Freudenstädter Gemeinderat befürchten nicht, dass sich die Alkoholfahrt des OB auf die Arbeit in dem Gremium auswirkt. Für Wolfgang Tzschupke (Freie Wählervereinigung) hat der Fall nichts mit der Kommunalpolitik zu tun. Julian Osswald habe an der Sache nun genug zu schlucken. Wer den Zeigefinger auf andere richte, müsse stets auch bedenken, dass die übrigen Finger auf ihn selbst zeigen. "In einem Jahr", meint Tzschupke, "spricht niemand mehr von der Sache."

Bärbel Altendorf-Jehle von der Bürgeraktion zu dem Fall eine berühmte Bibelstelle ein: "Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein." Der Mensch Julian Osswald habe, so Altendorf-Jehle, einen Fehler gemacht. Dieses Vergehen habe aber nichts mit seiner Tätigkeit als Oberbürgermeister oder der künftigen Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat zu tun. Man sollte, sagt die Stadträtin, den Ruf nach der Vorbildfunktion nicht überstrapazieren. Wenn man darauf aber Wert lege, habe der OB zumindest im Nachhinein richtig oder gar vorbildlich gehandelt: alles zugegeben und nicht versucht zu beschönigen, wo es nichts zu beschönigen gibt.

Andreas Bombel (CDU) ist sich sicher, dass die Zusammenarbeit mit Osswald auch künftig gut funktioniert: "Das hat für mich nichts miteinander zu tun." Den Vergleich mit dem Fall der Landesbischöfin Margot Käßmann lässt er nicht gelten. Schließlich habe Letzterer einen besonderen moralisch-religiösen Hintergrund gehabt, den es bei Osswald so nicht gebe: "Der OB hat sich nie zum Moralapostel hochstilisiert." Osswald mache unstrittig gute Arbeit für die Stadt. Bombel glaubt denn auch nicht, dass das Ansehen des Rathauschefs durch die Vorfälle in der Nacht zum Samstag dauerhaft beschädigt werde.

"Jeder macht mal einen Fehler", meint Eberhard Haug (SPD). Osswald leiste gute Arbeit für die Stadt. Die Zusammenarbeit im Gemeinderat werde durch die Alkoholfahrt nicht beeinträchtigt.

Seite 2: Disziplinarische Prüfung

Neben den strafrechtlichen Konsequenzen muss Julian Osswald wegen seiner Alkoholfahrt mit Unfallfolgen nun auch mit einer disziplinarischen Prüfung rechnen. "Als Beamter", sagt der Alpirsbacher Bürgermeister Reiner Ullrich, auf derartige Fälle angesprochen, "wird man immer zweimal bestraft."

Aufsichtsbehörde für den Oberbürgermeister ist das Regierungspräsidium Karlsruhe. Angewendet wird bei solchen Fällen das Landesdisziplinargesetz. Wenn gegen einen Beamten eine Strafe, Geldbuße oder Ordnungsmaßnahme unanfechtbar verhängt worden ist, können in einer Disziplinarmaßnahme zudem eine Geldbuße, eine Kürzung der Bezüge oder des Ruhegehalts ausgesprochen werden – allerdings nur, wie in dem Gesetz formuliert wird, "wenn dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten".