Der Angeklagte soll unter anderem Haschisch an Minderjährige verkauft haben.Symbolbild: Gentsch Foto: Schwarzwälder Bote

Justiz: Haschisch auch an Minderjährige verkauft / Schlechte Prognose für die Zukunft des Angeklagten

Zu zwei Jahren Gefängnis wegen Erwerbs und Handels mit Haschisch und Ecstasy ist ein 34-Jähriger verurteilt worden.

Freudenstadt. Es gibt mitunter Strafprozesse, da stellen sich Richter, Staatsanwaltschaft und Verteidigung am Ende ein und dieselbe Frage. Kriegt der Angeklagte noch mal die Kurve? Kann er es ungeachtet seiner Vergangenheit und trotz widriger Umstände doch noch schaffen, sich aus der Welt der Kriminalität und der Drogen zu befreien? Soll das Gericht daher noch einmal eine Bewährungsstrafe verhängen – oder muss es den Angeklagten ins Gefängnis schicken? Der jüngste Prozess am Amtsgericht Freudenstadt mit einem 34-jährigen Angeklagten und Drogenabhängigen war solch ein Prozess. Leicht fiel die Entscheidung nicht.

Die juristischen Fakten, die Vorwürfe gegen den jungen Mann, der ursprünglich aus Rheinland-Pfalz stammt, sind rasch abgehakt. Unerlaubter Erwerb von Betäubungsmitteln in mehreren Fällen, in Tateinheit mit gewerbsmäßigem und unerlaubtem Handel mit Betäubungsmitteln, lautet die Anklage. Es geht um Haschisch und Ecstasy-Pillen, es handelt sich eher um kleinere Mengen, doch auch an Minderjährige soll der Beschuldigte verkauft haben. Doch da der Angeklagte "vollumfänglich geständig" ist, wie es heißt, da die Zeugen seine Angaben weitgehend bestätigen, läuft der erste Teil der Verhandlung sozusagen wie am Schnürchen.

Interessant wird es, als der letzte Zeuge aussagt, ein Kriminalbeamter, der die Ermittlungen gegen den Angeklagten leitete. "Kein Einkommen, keine Wohnung, keinen Job", schildert er die Lage des Angeklagten. Er habe auf der Straße gelebt, auf der "Hierarchiestufe der Dealer" habe er ganz unten gestanden.

Dann nennt er den Beschuldigten ein "armes Schwein" – und der eher unpräzise Allerweltsaudruck soll im Laufe der Verhandlungen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung noch mehrfach verwendet werden. Das Wort wird sozusagen zum Schlüsselbegriff des Verfahrens.

"Ich war damals obdachlos, es war eine richtige Scheißphase", schildert der Angeklagte seine Lage im Jahr 2018, als er mit Haschisch und Ecstasy handelte.

"Für einen Schlafplatz hab’ ich immer was abdrücken müssen, mal Geld, mal Drogen." Zudem habe er immer Cannabis zum Eigenkonsum benötigt. Auch schwere Krankheiten wie Diabetes und Nierenprobleme hätten ihn geplagt, plagen ihn heute noch.

Allerdings: Die Liste seiner Vorstrafen ist lang, unter anderem ging es um Drogenhandel, es gab Bewährungsstrafen. Einmal, vor ein paar Monaten gab der Beschuldigte sogar eine Bewährung auf und wanderte freiwillig in Haft – "um im Winter nicht auf der Straße zu stehen", wie die Verteidigung erklärt.

Kriegt der 34-Jährige noch die Kurve?

Zur Erklärung seiner Kriminalkarriere sagt der Angeklagte: "Zu viel Gewalt erlebt" in der Kindheit. Es heißt, der Vater habe ihn brutal geprügelt. Ironie der Geschichte, es heißt, der Vater sei ausgerechnet Polizist gewesen.

Dann fragt die Richterin Jennifer Dallas-Buob behutsam, aber doch beharrlich, nach der ganz persönlichen Verfassung und der Einstellung des Angeklagten. Es geht ihr um die Klärung, ob der Beschuldigte es denn tatsächlich und glaubhaft anstrebe, von den Drogen loszukommen.

Im Kern will die Richterin wissen, ob der Angeklagte womöglich noch einmal die Kurve kriegt und daher möglicherweise nochmals eine Bewährungsstrafe gegeben werden kann. Doch immer wieder weicht der Angeklagte der Kernfrage aus, ob er denn zu einer solchen Willensanstrengung bereit sei, ob er sich wirklich den Drogen entsagen wolle. Sein Fazit: "Ich brauche ab und zu mein Zeug."

Zum Schluss fragt Richterin Dallas-Buob: "Wie geht es jetzt weiter mit Ihnen?" Die Antwort: "Ich weiß es nicht." Er müsse sein Leben selbst in die Hand nehmen, mahnt die Richterin. Antwort: "Dann muss ich halt alle paar Jahre ins Gefängnis."

Das Plädoyer der Staatsanwältin ist kurz, die Straftaten seien nicht zu leugnen, auch sie sieht eine schlechte Prognose für den Beschuldigten. Eine Bereitschaft zur Therapie sei nicht in Sicht, "alles ist wachsweich und unsicher". Eine Bewährungsstrafe sei nicht angezeigt. Zwei Jahre und vier Monate Haft, lautet die Forderung. Die Verteidigung sieht das etwas milder, setzt sich nochmals für Bewährung ein, es handele sich um "einen Fall, der berührt".

Das Urteil lautet auf zwei Jahre Haft, damit gibt es keine Bewährung. Fazit der Richterin: Der Angeklagte kriegt wohl kaum noch die Kurve. Man könne "Stand heute", nicht davon ausgehen, dass der Verurteilte keine Straftaten mehr begehe. "Wir können keinen Willen erkennen, von Cannabis loszukommen."