Vor dem Rottweiler Gericht wurde der Fall verhandelt. Foto: Rath

Verfahren um Messerstecherei endet schnell. Eifersüchteleien nehmen bitteres Ende.

Freudenstadt - Am Ende ging’s wie in der Tatnacht ganz schnell: Bereits am dritten Verhandlungstag fiel das Urteil im Prozess um die Messerstecherei vor einer Freudenstädter Kneipe. Aus der Anklage des versuchten Totschlags wurde eine gefährliche Körperverletzung. Dennoch muss der 25-jährige Mann für drei Jahre ins Gefängnis und 10.000 Euro Schmerzensgeld bezahlen.

Die Kammer, so der Vorsitzende Richter Karl Heinz Münzer, hatte sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, folgte jedoch dem Antrag des Staatsanwalts. Die Anklage hatte den Vorwurf des versuchten Totschlags fallen gelassen. Die Verteidigung hingegen hatte für ihren Mandanten Freispruch aufgrund von Notwehr beziehungsweise Nothilfe beantragt, behelfsweise zwei Jahre auf Bewährung.

"Wie ein altes Ehepaar"

Zum Auftakt des letzten Prozesstags war ein 24-jähriger Zeuge erschienen, der die Hauptbeteiligten bereits seit mehreren Jahren kenne und zuletzt noch den Angeklagten kennenlernte. Er war mit allen Dreien befreundet. Das Opfer und seine damalige Freundin erlebte er wie "ein altes Ehepaar", das ständig im Clinch lag. Das Opfer stichelte gerne gegenüber dem Angeklagten, wurde oft aggressiv und war äußerst eifersüchtig, so der Zeuge. Rund zehn Tage vor dem Messerstich soll der Angeklagte gegenüber dem Zeugen geäußert haben, dass er das spätere Opfer "irgendwann mal erwischen" werde. Der Zeuge machte sich darüber hinaus Vorwürfe, dass er am Tattag nicht anwesend war, "sonst wäre die Sache anders gelaufen" und man stünde jetzt nicht vor dem Richter.

Im weiteren Verlauf der Verhandlung kam die medizinische Gutachterin zu Wort. Sie hatte das Opfer auf der Intensivstation untersucht, zeigte Bilder und berichtete über die 13 Zentimeter lange Narbe nach der Notoperation. Der Stich hatte den linken Leberlappen durchtrennt. Wäre der Mann nicht so schnell versorgt worden, hätte die Situation lebensbedrohlich werden können, sagte sie.

Der psychologische Gutachter beurteilte die Tat als "Verteidigungshandlung" und "Selbstschutz". Eine psychische Persönlichkeitsstörung könne er bei dem 25-Jährigen nicht erkennen. Zum Tatzeitpunkt bestimmten Labilität, Alkoholkonsum und affektive Entladung sowie möglicherweise eine eingeschränkte Steuerungsfähigkeit die Lage. Der Gutachter sprach von einer "psychischen Ausnahmesituation".

Angehört wurden die Tonaufnahmen der in der Tatnacht eingegangenen Notrufe. Zu hören war eine Anwohnerin, die Ohrenzeugin war, der Geschädigte mit dem Ruf "Hilfe, ich blute" und seine damalige Freundin.

"Hilfe, ich blute"

Nach dem sehr ausführlichen Plädoyer des Staatsanwalts und der Verteidigung zog sich die fünfköpfige Schwurgerichtskammer für ganze zwei Stunden zurück, um dann das Urteil zu fällen. Aufgehoben wurde der Haftbefehl gegen den Mann aus Freudenstadt. Seine Fußfesseln wurden noch im Gerichtssaal gelöst. Bis zum Haftantritt befindet er sich nunmehr auf freiem Fuß. Gegen das Urteil kann er innerhalb einer Woche Revision einlegen.