Asylbewerber wollen ihre Nahrungsmittel selbst kaufen: Auch Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft in der Lauterbadstraße in Freudenstadt fordern eine Umstellung von Essenspaketen auf Geldzahlungen oder Gutscheine. Foto: Wiegert

Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen für Geld oder Gutscheine statt Essenspakete.

Freudenstadt - Bei ihrer Forderung nach Geld oder Gutscheinen statt Essenspakete bekommen die Asylbewerber im Landkreis Freudenstadt Unterstützung von kirchlicher Seite. Das Landratsamt will es aber weiterhin bei der bisherigen Regelung belassen.

In einer Stellungnahme zeigt sich der Freundeskreis Asyl der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Freudenstadt über den Streik der Asylbewerber »überrascht«. Der Freundeskreis habe den Asylbewerbern den Streik »weder empfohlen, noch unterstützt er ihn«. Allerdings zeige er Verständnis für das Anliegen dieser Menschen. Dies betonen Pfarrer Uwe Stierlen, Pastor i. R. Werner Hoffmann und Beate von Bibra in dem im Auftrag des Freundeskreises Asyl verfassten Schreiben. In der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen sind die evangelische, die evangelisch-methodistische und die katholische Kirchengemeinde vertreten.

In der Vergangenheit, so der Freundeskreis, hätten sich Asylbewerber in Freudenstadt schon oft über die Lebensmittelversorgung beschwert. So sei das gelieferte Gemüse oft weder frisch noch abwechslungsreich gewesen. Manchmal sei das Verfallsdatum der Waren abgelaufen, und Asylbewerber hätten auch schon über verschimmelten Joghurt berichtet. Mehrmals hat der Freundeskreis nach eigenen Angaben das Landratsamt gebeten, den Asylsuchenden Essensgutscheine oder Bargeld zu geben. Damit könnten sich die Asylbewerber Lebensmittel, die sie benötigen und die ihrer Kultur entsprechen, im Handel selbst besorgen. Zudem empfehle Integrationsministerin Bilkay Öney den Kommunen ausdrücklich solch einen flexiblen Umgang. Die Landkreise Tübingen, Heidelberg und ab dem nächsten Jahr auch Stuttgart gingen bereits diesen Weg.

Der Freundeskreis hofft, »dass das bisher unproblematische Verhältnis der Freudenstädter Bürger zu den Asylbewerbern durch die Vorgänge nicht beeinträchtigt wird und dass bald eine befriedigende Lösung gefunden wird«. Bereits seit zwei bis drei Jahren befasst sich der Freundeskreis Asyl mit der Versorgung der Asylbewerber, sagte Pfarrer Uwe Stierlen auf Anfrage unserer Zeitung. Zwar sei das Landratsamt der Bitte des Freundeskreises nicht nachgekommen, aber das Sozialamt prüfe derzeit, so Stierlen, wie die Versorgung der Asylsuchenden mit Lebensmitteln optimiert werden könne.

Mahnwache zum Thema »Geld statt Lebensmittelpakete«

Unterdessen setzen sich die Asylbewerber weiterhin friedlich für ihre Interessen ein. Nachdem die Polizei eine unangemeldete Demonstration der Asylsuchenden am 20. November aufgelöst hatte, traf sich eine Gruppe noch zwei Mal zu einer Mahnwache zum Thema »Geld statt Lebensmittelpakete« vor dem Landratsamt. Dagegen, so der Pressesprecher der Polizeidirektion Freudenstadt, Walter Kocheise, sei nichts einzuwenden, die Aktionen seien friedlich verlaufen.

In der vergangenen Woche traf sich Benjamin Geigl, im Sozialamt des Landratsamts Sachgebietsleiter für die untere Aufnahmebehörde, mit einer Gruppe von rund einem Dutzend Asylsuchenden im Sozialamt zu einem Gespräch. Die Asylsuchenden, begleitet von zwei Vertretern des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg, hätten unverändert ihre Position vertreten, wie Geigl auf Nachfrage mitteilte, bis auf einen Punkt: Sie seien nun bereit, statt Geld auch Wertgutscheine für Nahrungsmittel zu akzeptieren.

Für Robert Bornhauser, Leiter des Sozialamts, steht fest: »Es bleibt bei Essenspaketen.« Allerdings untersuche eine Studentin, die beim Sozialamt ein Praktikum absolviert, ob bei der Essensversorgung der Asylsuchenden Unzulänglichkeiten bestehen. Bisher gebe es dafür allerdings keine Anzeichen, sagte Bornhauser im Gespräch mit unserer Zeitung. So habe man auch noch keine Waren mit abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum entdeckt. Entsprechende Äußerungen dienten wohl auch einfach dazu, »Interessen durchzusetzen«.

Bornhauser erkennt bei der Versorgung von Asylbewerbern bundesweit die politische Tendenz, Sachleistungen Priorität vor Geldzahlungen zu geben. Der Landkreis Freudenstadt sehe derzeit keinen Grund, seine bisherige Praxis zu ändern. Integrationsministerin Bilkay Öney habe auch keine eindeutige Empfehlung gegeben. Zudem entscheide das Land nicht über die Frage von Geld- oder Sachleistungen.

Auch wenn Bornhauser keinen Grund dafür sieht, von der bisherigen Linie abzuweichen: Über die Versorgung der Asylsuchenden möchte er bald ein Gespräch mit dem Freundeskreis Asyl führen.