Die zahlreichen Besucher im Schweizer Saal des Stadthauses stimmten bei der Informationsveranstaltung zum Einzelhandel auch über einen Samstagsmarkt ab. Die meisten waren dafür. Foto: Schwarz Foto: Schwarzwälder Bote

Handel: Kaufkraft und Zentralität über dem Durchschnitt / Gutachten zeigt Entwicklungspotenziale auf

Wo steht der Freudenstädter Einzelhandel und was muss getan werden, damit es ihn auch in Zukunft noch gibt? Dies waren zwei zentrale Fragen bei der Veranstaltung zum Freudenstädter Einzelhandelskonzept im Stadthaus. Das Interesse war groß.

Freudenstadt (mos). Mit einem so großen Interesse am Thema hatte das Amt für Stadtentwicklung als Veranstalter des Abends offenbar nicht gerechnet: Erst nachdem mehrfach zusätzliche Stühle aufgestellt worden waren, hatten alle Besucher ihren Platz und wurden von Amtsleiter Rudolf Müller und Matthias Prüller von der Firma "imakomm" aus Aalen begrüßt. Letzterer informierte über die wichtigsten Ergebnisse des zum Thema erstellten Gutachtens, das im Februar zur Beschlussfassung in den Gemeinderat gelangt.

Den Abend wolle man auch dazu nutzen, offene Fragestellungen zu den wichtigen Themen im Gutachten mit den Betroffenen direkt zu klären. Prüller präsentierte die ermittelten Daten – und die sind eigentlich gar nicht so schlecht. Eine leicht über dem Schnitt liegende Kaufkraft mit einem Koeffizienten von 101,1 Prozent zeige: "Es ist Geld zum Ausgeben da", so Prüller. Eine ermittelte Zentralität von 167 Prozent dokumentiere zudem einen hohen Kaufkraftzufluss von außen. In der Region liefere sich Freudenstadt damit ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Nagold und sei auf einem guten Weg. Horb habe man abgehängt.

Als echtes Pfund bezeichnete Prüller die Aufenthaltsqualität in der Stadt, die Käufer anlocke. Im Non-Food-Bereich (Bekleidung, Schuhe und andere Artikel) liege die Zentralität deshalb sogar bei 185 Prozent. Hier habe Freudenstadt sehr viel richtig gemacht, zumal ein Großteil der innenstadtprägenden Sortimente auch in der Innenstadt liege und den Kunden zwinge, tatsächlich hinein zu fahren. Fast ein Viertel des Umsatzes dieser innenstadtprägenden Sortimente werde von Touristen generiert. "Sie sind deshalb eine wichtige Zielgruppe." Die Händlerbefragung zur Zufriedenheit hatte trotz der zum Zeitpunkt der Befragung vorherrschenden und ungünstigen Baustellensituation eine durchschnittliche Zufriedenheit ergeben. Nur sehr wenige hätten sich wirklich unzufrieden gezeigt, so Prüller. Der Anteil der Händler, die ihre Umsätze trotz des schwierigen Umfeldes im Vergleich zum Vorjahr gesteigert hätten, lag sogar leicht über dem Anteil derjenigen, bei denen die Umsätze gesunken sind. "Insgesamt sind die Rahmenbedingungen deshalb gut."

Steigender Bedarf im Bereich der Lebensmittel

In unterschiedlichen Szenarien hatte "imakomm" im Gutachten künftige Potenziale ermittelt und dabei beispielsweise einen steigenden Bedarf im Bereich Lebensmittel allein aufgrund des Bevölkerungswachstums festgestellt. Freudenstadt werde insgesamt auch davon profitieren, dass das Umfeld in zahlreichen Geschäften schon mangels Nachfolge ein Problem bekommt. "Dort wird dadurch Kaufkraft frei und für Sie ist das ein klarer Wettbewerbsvorteil", betonte Prüller. Wichtig sei, die bisherige Konzentration des Handels wegen der dadurch kurzen Wege auch in Zukunft beizubehalten.

Ausgesprochen positiv bewertete Prüller die gezielte Kundenlenkung in Freudenstadt durch Großflächenplakate und Besucherinformationstafeln, die ansprechende Fassadengestaltung, das in aller Regel sehr hochwertige Außenmobiliar und die ansprechenden Grünplätze als Aufenthaltsraum. Dennoch stelle der Online-Handel vor Herausforderungen, denen man beispielsweise mit Strategien zur Online-Vermarktung begegnen könne. Im Mittelpunkt stehen solle dabei aber das Marketing und nicht etwa der Verkauf, stellte Prüller klar. Das Thema Qualität sei als Alleinstellungsmerkmal und Vermarktungsargument ebenfalls nicht zu unterschätzen. Hier bestehe Verbesserungsbedarf. Auch qualitativ hochwertige Veranstaltungen – maximal einmal im Monat – seien wichtig.

Als mögliche Entwicklungsstandorte nannte Prüller sowohl den Stadtbahnhof mit beispielsweise einem Drogeriemarkt als Frequenzbringer, das Technische Rathaus mit einem nahversorgungsrelevanten Einzelhandelsangebot und den Hauptbahnhof als Lebensmittelstandort. Zudem gehöre das Schwarzwald-Center als Einzelhandelsstandort weiterentwickelt, das Sortiment aber begrenzt. Nur dann habe der Kunde einen Grund, auch noch die Innenstadt aufzusuchen.

In der anschließenden Diskussion standen vor allem mögliche Anreize für Neugründer, Ansätze zur Steigerung der Qualität in den Betrieben und die Qualität der Veranstaltungen im Mittelpunkt. Von mehreren Besuchern wurde die Bedeutung des Technischen Rathauses als Frequenzbringer herausgestellt. Ein Besucher bemerkte, dass die eingangs genannte Zentralität früher mit einem Wert von 176 sehr viel höher gewesen sei und dass Nagold die Werte trotz der viel geringeren Touristenzahlen erreiche. Trotzdem hätten viele andere vergleichbare Städte teilweise sehr viel größere Probleme als Freudenstadt- antwortete Prüller. Bei der insgesamt gesunkenen Zentralität mache sich der Onlin-Handel bemerkbar.

Zusammenlegung von Geschäftsräumen im Auge behalten

Ein Händler bemerkte, dass ihm persönlich aus anderen Studien teilweise ganz andere Zahlen vorlägen. Hierbei sei wichtig, diese auch immer richtig zu deuten, antwortete Prüller. Bei der Frage nach möglichem Entwicklungspotenzial für Flächen im Innenstadtbereich sprach Prüller von einem "großen Problem". Ganz wichtig sei, neben dem Technischen Rathaus immer auch die mögliche Zusammenlegung benachbarter Geschäftsräume im Auge zu behalten, um Fläche zu generieren. "Das werden dann aber immer Einzelfalllösungen sein". Angesprochen wurde auch das fehlende Einzelhandelsangebot im Bereich Rappenpark. Man könne einen Investor nicht zwingen, für ein entsprechendes Angebot zu sorgen, sagte Rudolf Müller dazu. Ursprünglich sei das geplant gewesen. Bei den konkret erwünschten Vorschlägen hinsichtlich der Anreize für Neugründer wurde die Vermarktung der Leersände im Internet, eine finanzielle Unterstützung der Neugründer durch die Stadt oder auch ein Wettbewerb zur besten Gründungsidee genannt. Auch eine kompakte aber emotional gestaltete Infomappe über Achsen, Standorte, Leerstände und ähnliches könne helfen, Appetit zu machen. Qualitätssteigerungen seien möglich, indem man ein Qualitätssiegel einführe, Öffnungszeiten vereinheitliche oder auch diejenigen gezielt anspreche, deren Schaufenster wenig einladend gestaltet sind.

In Nagold habe man hässliche Schaufenster auch schon mal gefilmt und dann vor Augen geführt. Das habe geholfen, sagte ein Händler. Beim abschließenden Thema Veranstaltungen wurde der Wunsch nach häufigeren Einkaufsnächten – mit der größte Frequenzbringer – deutlich. Und auch das von Müller am Ende erfragte Votum pro oder gegen einen Samstagsmarkt fiel deutlich aus – und zwar dafür.