Gemeinderat ringt sich nach langer Debatte zu Entscheidung durch. Naturbadesee Bestandteil des Beschlusses. Mit Kommentar.
Freudenstadt - In seiner letzten Sitzung vor der Kommunalwahl hat der Gemeinderat Freudenstadt noch wichtige Weichen in Sachen Bäderkonzept gestellt: Freudenstadt soll wieder ein Freibad bekommen – allerdings nicht am Langenwaldsee, sondern am Panorama-Bad.
Es war eine Entscheidung, der viele – teilweise emotionale – Debatten, ein Bädergutachten und eine Bürgerbefragung vorausgingen. Bauamtsleiter Rudolf Müller erinnerte in der Sitzung des Gemeinderats nochmals an die Entwicklung und zeigte die verschiedenen Lösungsmöglichkeiten auf.
Er präsentierte zudem eine neue Variante, die von der Verwaltung favorisiert wurde. Es handelt sich dabei um eine abgespeckte Version eines Freibads beim Panorama-Bad mit 25-Meter-Becken, die nach ersten groben Schätzungen 2,1 Millionen Euro kosten soll und für die kein so großer Eingriff in die bestehende Parkierungsfläche vorgenommen werden muss, als bei den bisher betrachteten Entwürfen. Zudem erläuterte Müller das Konzept eines Rutschenturms mit zwei Wasserrutschen und die Umgestaltung des Kleinkindbereichs am Panorama-Bad, für die bereits ein Zuschuss aus dem Tourismus-Infrastrukturprogramm in Höhe von 768.200 Euro zugesagt ist.
Der Rutschenturm soll knapp 1,5 Millionen Euro kosten, die Verbesserung des Kleinkindbereichs inklusive Gastronomie ist mit 787.000 Euro veranschlagt, und ein neuer barrierefreier Saunazugang mit eigenem Kassenbereich wird laut Rudolf Müller auf 325 000 Euro geschätzt.
Für das frühere Langenwaldsee-Freibad legte der Bauamtsleiter den Entwurf für einen Naturbadesee ohne Beheizung und Aufsicht mit einer Wasserfläche von etwa 1500 Quadratmetern vor, der etwa 950 000 Euro kosten soll. Der Beschlussvorschlag der Stadtverwaltung lautete, den Naturbadesee und den Rutschenturm planerisch voranzutreiben, weil der Zuschuss für das Panorama-Bad nur gewährt wird, wenn das Projekt bis 2016 abgerechnet ist.
Daraus ergaben sich viele Detailfragen und eine Diskussion, in der es vor allem um den geplanten Badesee ging. Der Standort Langenwaldsee für ein neues Freibad, das zwischen 2,6 und 4,3 Millionen Euro kosten würde, spielte keine große Rolle mehr. So wollte Stadträtin Elisabeth Gebele (Bürgeraktion) wissen, ob man den Badesee eventuell auch später noch beheizen könne, was OB Julian Osswald bejahte. Es sei eine reine Kostenfrage.
Nach den Folgekosten fragte Stadtrat Walter Trefz (BA) und er erhielt Unterstützung von Elmar Haug (SPD). Darüber wunderte sich Julian Osswald, denn in den wochenlangen Vorberatungen sei nie nach den Folgekosten befragt worden.
Auch Stadtrat Ulrich Schanbacher (CDU) hielt die Folgekosten für ein wichtiges Entscheidungskriterium, verwies aber darauf, dass die Folgekosten aus dem Bädergutachten vorliegen. Diese lägen bei einem Freibad Langenwaldsee bei 350.000 bis 400.000 Euro pro Jahr. Das könne man den Bürgern nicht auflasten, aus diesem Grund könne das Gebiet Langenwaldsee nur ein Naherholungsgebiet mit unbeheiztem Badesee werden. Ein Freibad müsse ans "Pano" angedockt werden. "Wir müssen endlich Knöpfe dran machen", forderte Schanbacher.
Die Grundlage für eine Entscheidung legte schließlich der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Wolfgang Tzschupke, mit einem Antrag. Er beinhaltete die Planung eines Freibads beim Panorama-Bad und eines Rutschenturms sowie deren zeitgleiche Realisierung. Das Gelände am Langenwaldsee sollte soweit planerisch vorbereitet werden, dass nach Abschluss der Bauarbeiten am Panorama-Bad und nach Klärung von Förderungsmöglichkeiten das Projekt zügig umgesetzt werden kann.
Broermann: Verabschiedung mit leiser Wehmut
Stadtrat Eberhard Haug (SPD) schob noch einen persönlichen Antrag nach und wollte dem Rutschenturm die Priorität vor dem Naturbadesee geben. Stadtrat Andreas Bombel (CDU) forderte, dass eine Entwicklung am Langenwaldsee auf jeden Fall mitbeschlossen wird. Seine Fraktionskollegin Carola Broermann stellte fest, dass man sich mit "leiser Wehmut" vom Freibadstandort Langenwaldsee verabschieden müsse
Stefan Langrehr (BA) kritisierte, dass die Stadt beharrlich dafür gesorgt habe, "dass der Langenwaldsee den Bach runter geht." Er signalisierte, dass die Bürgeraktion keiner Lösung zustimmen werde, wenn nicht ab 2016 am Langenwaldsee "was passiert".
Elmar Haug erinnerte an die Verschuldung. "Wir können uns das nicht leisten", mahnte er und meinte damit das Gesamtpaket. Man müsse die Projekte strecken. In weiteren zahllosen Wortmeldungen ging es im Gemeinderat unter anderem um ein 25- oder 50-Meter-Becken für ein Freibad, um die Beheizung und Beaufsichtigung eines Naturbadesees und viele Details mehr.
"Wir drehen uns im Kreis", stellte schließlich OB Julian Osswald fest und unterbrach die Sitzung, damit sich die Fraktionen nochmals verständigen konnten. Dies klappte dann auch. Wolfgang Tzschupke modifizierte seinen Antrag in Zusammenarbeit mit OB Osswald und plötzlich schien er mehrheitsfähig.
Überraschend deutlich fiel das Ergebnis in namentlicher Abstimmung aus, die die FWV ebenfalls beantragt hatte. 24 Stadträte stimmten für den Antrag. Nur Elisabeth Gebele und Walter Trefz von der Bürgeraktion stimmten dagegen. OB Osswald nannte den Beschluss ein "starkes Signal nach Außen".
Info: Der Beschluss
In Anlehnung an einen Antrag der Freien Wählervereinigung fasste der Gemeinderat Freudenstadt am Dienstag mit 24:2 Stimmen folgenden Beschluss zur Umsetzung des Bäderkonzepts:Beim Panorama-Bad werden ein beheiztes Freibad mit einem 25- oder 50-Meter-Becken und einer ausreichend großen Liegewiese sowie der Rutschenturm entsprechend dem Zuschussantrag des Tourismus-Infrastrukturprogramms planerisch vorbereitet.
Sowohl das Freibad beim Panorama-Bad als auch der Rutschenturm werden möglichst zeitgleich realisiert.
Das Gelände am seitherigen Freibad wird als Freizeitgelände mit einem Naturbadesee planerisch vorbereitet und nach Klärung der Fördermöglichkeiten zügig realisiert.
Kommentar: Gangbarer Weg
Hartmut Breitenreuter
Die Kuh ist endlich vom Eis. Der Gemeinderat Freudenstadt hat sich zu einer Entscheidung durchgerungen, wie es mit den Bädern weitergehen soll. Die Langenwaldseefreunde, die sich so sehr für ihr Freibad am bisherigen Standort eingesetzt hatten, werden enttäuscht sein.
Aber – Hand aufs Herz – es hat doch niemand ernsthaft geglaubt, der Gemeinderat könnte am alten Standort ein neues Freibad mit allem Drum und Dran beschließen, obwohl es mit dem Panorama-Bad eine Einrichtung gibt, an der alle Infrastruktureinrichtungen vorhanden sind und ein Freibad nur angedockt werden muss. Auch wenn die Bürgerbefragung eine knappe Mehrheit für den Freibadstandort Langenwaldsee gebracht hatte – die Sachzwänge waren einfach zu groß. Die jetzt beschlossene Lösung scheint für alle ein gangbarer Weg zu sein. Fragt sich nur, ob auch die Finanzierung klappt.