Weiblich stark repräsentiert, aber männlich dominiert: das Landratsamt in Freudenstadt. Foto: rath

Chancengleichheit: Beauftragte des Landratsamts legt erste Erkenntnisse vor. Ein Sachstandsbericht.

Freudenstadt - Die Mehrheit der Beschäftigten im Landratsamt Freudenstadt ist weiblich. Aber das Sagen in leitender Position und das höhere Einkommen haben fast nur Männer. Das könnte sich allmählich ändern.

Dies erklärte Ira Schübel, Beauftragte für Chancengleichheit im Landratsamt. Die Stelle, ein Halbtagsjob, ist noch neu, Schübels Bericht im Ausschuss für Verwaltung und Soziales war der erste seiner Art. Was sie den Kreisräten vorlegte, war eine "Bestandsaufnahme und Analyse der Beschäftigungsstruktur" beim Landkreis. Und das Ergebnis bestätigt, was man hätte annehmen können.

Mehr als die Hälfte der rund 840 Beschäftigten des Landkreises sind Frauen, aber in den oberen Besoldungs- und Entgeltgruppen sind sie kaum zu finden, so Schübel. Nur eine Frau ist im höheren Dienst beschäftigt, hingegen fünf Männer. Im gehobenen Dienst kommt eine weibliche Beschäftigte auf elf männliche. Was ebenfalls auffalle, sei die klassische Rollenverteilung: Männer haben vor allem technische Jobs, Frauen Stellen im Sozial- und Erziehungsdienst. Und: 85 Prozent der knapp 300 Teilzeitkräfte beim Landkreis sind weiblich.

Die Frauenquote im Landratsamt wird sich weiter erhöhen, ist sich Schübel sicher – und zwar von ganz alleine und potenziell auch auf Leitungsebene. Grund sei einerseits der Fachkräftemangel, der im öffentlichen Dienst "immer akuter" werde. Offensichtlich zieht es aber weiterhin vor allem Frauen in den öffentlichen Dienst: Früher seien an den "Kaderschmieden" wie der Verwaltungshochschule Kehl drei Drittel der Absolventen Männer gewesen, mittlerweile seien 75 Prozent der angehenden Verwaltungswirte Frauen. Ira Schübel will aber auch ihren Beitrag dazu leisten, den Trend zu verstärken. In die Personalauswahl für Fortbildungen sei sie ebenso eingebunden wie in die Vorstellungsgespräche mit Bewerbern.

In der zweiten Führungsebene, die der Amtsleiter, betrage die Frauenquote im Landratsamt gerade mal elf Prozent. Schübel sieht hier "noch deutliches Potenzial" für Veränderungen. In der dritten Führungsebene, die der stellvertretenden Amtsleitung, sei der Frauenanteil mit 33 Prozent "zwar besser", aber ebenfalls "noch ausbaufähig". Bei den stellvertretenden Sachgebietsleitern liegt die Quote mit 37 Prozent knapp darüber.

Die Chancen zum Aufstieg sind da

Laut Schübel ist der Trend, dass Frauen eher in der zweiten Reihe bleiben und vor allem Stellvertreter-Funktionen bekleiden, kein Zufall, sondern gewollt. Und zwar von den Frauen selbst. Das habe mehrere Gründe. Manche Frauen wollten in der Doppelbelastung von Beruf und Familie keine zusätzliche Verantwortung im Job. "Außerdem funktioniert nicht jede Führungsposition in Teilzeit", so Schübel. Andererseits wolle sie Frauen ermutigen, einen Schritt auf der Karriereleiter zu machen. Sie wolle Kolleginnen "Chancen und Möglichkeiten" aufzeigen, in anderen Fällen einfach "Bewusstseinsarbeit" leisten. Gleichermaßen wichtig sei für den Kreis als Arbeitgeber und die im Landratsamt beschäftigten Frauen, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie weiter verbessert werde.

Auch über das Landratsamt hinaus ist die Beauftragte für Chancengleichheit aktiv. Schübel berichtete, sie habe Kontakt aufgenommen mit Frauengruppen im Landkreis, etwa den Landfrauen, der Liste "Frauen in den Kreistag" oder der Kontaktstelle "Frau und Beruf" der IHK. Öffentliches Bewusstsein für ihr Anliegen wolle sie nach außen über Pressearbeit schaffen, nach innen über die Mitarbeiterzeitung und das Intranet.

Der Bericht und Schübels Auftritt stießen im Ausschuss auf Zustimmung. Für Bärbel Altendorf-Jehle (Frauenliste) ist Ira Schübel "die richtige Frau an der richtigen Stelle". Klaas Klaassen (Freie Wähler) äußerte sein Bedauern darüber, dass sich beim Kreis "Frauen selten auf Führungspositionen bewerben". Landrat Klaus Michael Rückert sagte weiblichen Beschäftigten seine Unterstützung zu, wenn sie aufsteigen wollen: "Die Chancen sind da." In den nächsten Jahren scheiden viele Männer in leitender Position altershalber aus. Der Kreis biete ein Führungskräfteprogramm für Aufsteiger; er zahle alle Kosten, Aspiranten könnten 50 Prozent der Fortbildungen während der Arbeitszeit absolvieren, die andere Hälfte müsse jedoch in der Freizeit erfolgen.

Dass Ira Schübel ihr Mandat als Halbtagsjob erledigt, ficht sie offenbar nicht an. Nachbarlandkreise und alle Kreise, die eine solche Stelle umsetzen, würden erst mal so verfahren. Später würden die Stellen erfahrungsgemäß aufgestockt.

Info: Zahlen aus dem Landratsamt

 Von 840 Beschäftigten des Landkreises sind 471 weiblich, die Frauenquote beträgt damit 56 Prozent.

 Im gehobenen Dienst gibt es derzeit gar keine Frau, im höheren Dienst eine.

 Von 172 Beamten sind 78 weiblich (45 Prozent), bei den Angestellten beträgt die Frauenquote 55 Prozent.

 93 Prozent der 88 Stellen im Sozial- und Erziehungsdienst sind mit Frauen besetzt.

 Die höchstbesoldete Frau ist in der Gruppe A 14.

 Im Jugendamt ist die Frauenquote am höchsten, im Straßenbauamt am niedrigsten.

 Es gibt eine Dezernatsleiterin (bei insgesamt drei Stellen), zwei Amtsleiterinnen (19), fünf stellvertretende Amtsleiterinnen (19), 24 Sachgebietsleiterinnen (73) und 26 stellvertretende Sachgebietsleiterinnen (74).

 19 Frauen und vier Männer arbeiten in Führungsfunktion in Teilzeitarbeit.

 Von den 295 Teilzeitbeschäftigten sind 85 Prozent Frauen.

 54 Prozent der Beschäftigten in Ausbildung sind Frauen.

 13 Prozent der Kreisräte sind Frauen, landesweit liegt der Kreis Freudenstadt damit auf Platz 30 von 35.