Eine Besucherin schaut sich die Ausstellung "Blaue und graue Tage" an. Fotografin Claudia Thoelen hat in den Bildern das Thema Demenz aufgearbeitet. Foto: Alt

Bilder preisgekrönter Fotografin im Krankenhaus Freudenstadt zu sehen. Landrat: Thema in Gesellschaft rücken.

Freudenstadt - Alzheimer kann jeden Menschen treffen. Da nützt es auch nichts, sich wegzuducken, in der Annahme, man bleibe bestimmt davon verschont. Eine Wanderausstellung gibt der Krankheit ein Gesicht – in eindrücklichen Bildern.

Die nackten Zahlen zum Krankheitsbild sprechen eine eindeutige Sprache: Im Kreis Freudenstadt leiden derzeit rund 1500 Menschen an Demenz. Darunter sind etwa 1000 Alzheimer-Patienten. Der Krankheit ein Gesicht zu geben ist das Ziel einer Wanderausstellung mit dem Titel "Blaue und graue Tage", die bis zum 8. Oktober im Krankenhaus zu sehen ist. Die preisgekrönte Hamburger Fotografin Claudia Thoelen porträtiert auf zwei Dutzend großformatigen Bildern vier Paare, die ihr Einblick in ihre persönliche Situation gewährt haben. Die bewegenden Aufnahmen wirken als Appell an die Öffentlichkeit, sich mit der Krankheit auseinanderzusetzen und "der Arbeit von pflegenden Angehörigen zu mehr Anerkennung zu verhelfen".

Seit vier Jahren ist die Wanderausstellung im Südwesten unterwegs. Organisiert wurde sie von der Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg und finanziell unterstützt von der Techniker Krankenkasse (TK). Der DRK-Kreisverband hat nun die Exponate nach Freudenstadt geholt.

Allen Rednern sprach die Bedeutung des Krankheitsbilds aus der Seele, verbunden mit dem tiefen Dank an die Verantwortlichen vor und hinter den Ausstellungskulissen. DRK-Notvorstand Kurt Deckelnick las aus dem Zuspruch des Publikums eine "Wertschätzung gegenüber Kranken und Helfern" heraus. Seine ausdrückliche Anerkennung für ihre Unterstützung richtete sich an DRK-Kreissozialleiterin Marion Schmid und den Oberarzt für Geriatrie Klaus Rademacher. Es sei wichtig, so Deckelnick, dass die Gesellschaft für die Krankheit empfänglich gemacht werde. Sie bringe "große Last und Sorgen sowie soziale Probleme" mit sich.

Den Dank des Landkreises an die Ausstellungsmacher überbrachte Landrat Klaus Michael Rückert. Die Bilder sind nach seiner Einschätzung im Krankenhaus am richtigen Ort. Einerseits müssten sich die Patienten dort aufhalten, andererseits errege die Ausstellung große Aufmerksamkeit bei allen Mitarbeitenden und den zahlreichen Besuchern des Hauses. Die "inspirierende Präsentation" versetze die bedeutende Thematik "in die Mitte der Gesellschaft im Landkreis", so Rückert. Klaus Föll vertrat die Techniker Krankenkasse unter anderem mit dem Hinweis, dass das Thema Alzheimer nicht in einer Nische vor sich hindämmern dürfe.

Nach Schätzungen verdoppelt sich die Zahl der Alzheimer-Patienten in den kommenden 30 Jahren. Nach einer von Klaus Föll zitierten Quelle fallen für jeden Patienten jährlich 16.000 Euro direkte Kosten an. Bezogen auf den Kreis Freudenstadt sind im Jahr 2012 somit 16 Millionen Euro direkte Kosten für die Versorgung von Alzheimer-Patienten entstanden. Direkte und indirekte Kosten zusammen gerechnet ergeben einen Aufwand pro Patient und Jahr von 44.000 Euro. Daraus ergibt sich für das Jahr 2012 die Summe von 44 Millionen Euro Versorgungskosten im Landkreis Freudenstadt. Den Löwenanteil von 68 Prozent tragen hierbei die betroffenen Familien.

Für die Alzheimer Gesellschaft sprach Nicole Hartmann. Sie skizzierte die Vereinsziele Öffentlichkeitsarbeit, Fortbildung, Enttabuisierung, Steigerung der Lebensqualität und gesellschaftliche Integration der Erkrankten. Pflegende Angehörige wünschen sich nach der Erfahrung der Fachfrau, dass die Umsorgung zuhause stattfinden kann. Ferner liege ihnen an erhöhter Anerkennung der Patienten, trotz und gerade wegen deren Einschränkungen. Ihren Vortrag rundete Nicole Hartmann mit einer knappen inhaltlichen und interpretatorischen Darstellung der ausgestellten Fotos ab.

Marion Schmid als Hauptverantwortlicher für das Zustandekommen der Ausstellung in Freudenstadt blieb ein Schlusswort in Form eines Rundum-Danks, insbesondere an ihre Mitarbeitenden, vorbehalten. Die musikalische Umrahmung der Vernissage gestaltete Renate Pusich-Keßelhuth am Flügel.