Foto: Altendorf-Jehle

Kultur: Ballett-Institut Leandra Hagendorn bietet Freudenstädtern eine Aufführung der Extraklasse

Da sitzt der Besucher – ob jung oder alt – und kann nur staunen. Eine Gala der Superlative präsentierte wieder einmal das Ballett-Institut Leandra Hagendorn im Kurtheater.

Freudenstadt. Es ist der absolute Höhepunkt im Veranstaltungsstrauß des Kurtheaters, und das schon seit Jahren. Kein Wunder, dass beide Abende lang im Voraus ausverkauft waren. Eigentlich sollte man dieses Eigengewächs von tanzbegeisterten Kindern und Jugendlichen aus dem Kreis Freudenstadt auf Tournee schicken, als Botschafter dafür, dass man nicht in Paris, Moskau oder New York wohnen muss, um eine sehr gute Tanzausbildung zu erhalten. Das gibt es auch mitten im Schwarzwald in Freudenstadt.

Kreativität und Leidenschaft für Perfektion

Es sind keine Profis. Doch was die Elevinnen leisten, was sich ihre Lehrerin durch eigene Choreografien, ihre Auswahl an Ballettdarbietungen und ihre Kostümvielfalt alle zwei Jahre von neuen einfallen lässt, sollten sich nicht nur Eltern und Verwandte anschauen, sondern auch all jene Kultur- und Ballettliebhaber, die hohes Niveau, Kreativität und eine leidenschaftliche Perfektion zu schätzen wissen. Vielleicht sollte der Freitagabend als dritter Aufführungstag hinzugenommen werden und der Kartenverkauf für 2021 schon jetzt beginnen, damit möglichst viele die Chance haben, eine Karte zu bekommen.

Wo soll man anfangen, wo aufhören? Die Kostüme – eines schöner als das andere: Kleine tanzende Erdbeeren, goldgelbe Küken, wuschelige Eichhörnchen, Schneeflocken, Folklore, duftige Feenstoffe, moderne schwarz-goldene Bodys oder futuristische Silberanzüge. Auch die tanzende Putztruppe ist ein Hingucker und gerade sie war ein guter dramaturgischer Schachzug.

Nachdem beim Tanz "Solitude" rote Rosenblätter romantisch von den Tänzerinnen hochgeworfen und darunter getanzt wurde und diese Blüten dann die ganze Bühne bedeckten, sagte Hagendorn: "Vorhang zu und schnell saubermachen, das ist nicht das Ballett-Institut. Wir erledigen diese Arbeit natürlich tanzend." Dieser Programmpunkt: einfach klasse. Die Musik: Leandra Hagendorn setzt auf die Klassik: Tschaikowsky, Offenbach, Strauß und kann allen Unkenrufen zum Trotz dafür ihre Schülerinnen begeistern und führt sie damit hin in eine musikalische Welt, die Kindern und Jugendlichen oft unbekannt bleibt.

Das heißt nicht, dass Hagendorn nur auf Klassik zurückgreift. Moderner Tanz erlaubt auch andere Stilrichtungen, aber auch hier nur Qualität. Der Tanz: Das klassische Ballett ist die Grundlage und dieses "Handwerk" bringt Leandra Hagendorn, selbst einst Profitänzerin, ihren Schülerinnen bei. Darauf baut alles auf und das ist wohl der Grund, warum dann auch der moderne Tanz gekonnt wird.

Mittlerweile hat Hagendorn immer mehr Schülerinnen, die sie solo tanzen lassen kann. Hier ganz herausragend Florine Boensch und Lea Wolf, aber auch Emy Rempfer, Viktoria Schäfer und Mara Stoll. Donnernder Beifall bekamen sie für Fleiß, Können und ihre gewachsene Ausdrucksfähigkeit.

Während der erste Teil des Abends dem klassischen Ballett gewidmet war, gab es danach die neuesten eigenen Choreografien von Leandra Hagendorn im Bereich des Zeitgenössischen Tanzes. Dabei habe sie sich teilweise auch choreografisch ausgetobt, gab die auch in diesem Bereich kreative Künstlerin schmunzelnd zu.

Und was ist nach so viel Superlativen noch erwähnenswert? Dass so viele Kinder und Jugendliche ein Riesenprogramm diszipliniert aufführten, ohne dass ihre Lehrerin ein einziges Mal korrigierend eingreifen musste. Dass auch hinter der Bühne alle mucksmäuschenstill waren und alles wie am Schnürchen klappte. Und bei all dieser Disziplin der Besucher trotzdem in strahlende, glückliche Augen schauen konnte. Resümee: ein farbenfroher fantastischer Abend, eine großartige Leistung, eine Augenweide für Groß und Klein.