Die Qualität der Kinderbetreuung in den kommunalen oder kirchlichen Einrichtungen soll möglichst hoch sein. Doch die Erzieherinnen sind oftmals schlicht überlastet. Foto: Altendorf-Jehle

Mitarbeiterinnen von kirchlichen und kommunalen Einrichtungen klagen über Überlastung.

Freudenstadt - Unmut macht sich breit unter den Erzieherinnen im Landkreis. Sie fühlen sich als Spielball der Politik. Susanne Finis hat aber den Wunsch der Erzieherinnen aufgenommen und geht jetzt an die Öffentlichkeit: "Es muss sich was ändern und zwar schnell.

"Susanne Finis  ist in der Fachberatung für Kindertageseinrichtungen im evangelischen Kirchenbezirk Freudenstadt für insgesamt 56 Kindergärten zuständig, unter anderem auch für die kommunalen Einrichtungen. Bei der jüngsten Zusammenkunft der Erzieherinnen und Erzieher kam die Forderung auf, die Probleme beim Namen zu nennen und an die Öffentlichkeit zu tragen.

Jedes Kind hat einen Anspruch auf einen Kindergartenplatz. Kein Problem, die Erzieherinnen werden es schon richten. Auch die Ein- bis Dreijährigen dürfen nun in den Kindergarten. Auch kein Problem, die Erzieherinnen werden auch das schon schaukeln. Nicht wenige Kinder haben Sprachprobleme, oder die Motorik und das Sozialverhalten lassen zu wünschen übrig. Ganz klar – das ist eine Aufgabe für die Erzieherinnen. Ganz nebenbei heißt es, die Kleinen wickeln, Vorlesen, dafür sorgen, dass alle gesund essen, die musikalische Weiterbildung nicht vernachlässigen und – wenn möglich – noch Englisch unterrichten. "Unsere Erzieherinnen sind teilweise schlichtweg überfordert", erklärt Susanne Finis, wenn das eine oder andere nicht mehr ganz so rund läuft. Auf der anderen Seite wundert sie sich, mit welchem Engagement ein Großteil der Erzieherinnen trotz Arbeitsüberlastung neue Ideen entwickelt und sich den neuen Herausforderungen stellt. Dabei kommen die Kräfte jedoch an ihre Grenzen.  

 "Die Reha-Einrichtungen sind voll mit Erzieherinnen, die unter Burn-out leiden." Susanne Finis, ansonsten eher ruhiger Natur, ereifert sich: "Es fehlt an der gebührenden Wertschätzung."  Auf der einen Seite gebe es Forderungen nach einem Hochschulstudium, auf der anderen Seite kämen im Zusammenhang mit der Schlecker-Pleite Gedanken auf, im Schnellverfahren Arbeitslose zu Erzieherinnen auszubilden. Das passe nicht zusammen, so die Fachberaterin.

Höheres Gehalt würde auch ein Anreiz für Männer sein

Beim jüngsten Treffen mit den Erzieherinnen aus dem Kreis Freudenstadt waren diese Ungereimtheiten einziges Gesprächsthema. Die Forderungen an die Kinderbetreuung seien zum größten Teil richtig und notwendig. Da sind sich die Erzieherinnen einig. Doch zur Umsetzung benötige es einfach mehr Personal. Wenn man mehr von den Erzieherinnen fordere und ihre Ausbildung verschärfe, dann müsse es auch mehr Geld geben, so die einheitliche Meinung. Ein höheres Gehalt würde auch ein Anreiz für Männer sein, diesen Beruf zu ergreifen, meint Susanne Finis. Eine Kindergartenleiterin verdiene jedoch gerade mal 40 Euro mehr als die Zweitkraft, beide liegen mit ihrem Anfangsgehalt bei 2100 Euro brutto,  die Obergrenze liegt bei 2800 Euro.

"Warum lasst Ihr Euch das eigentlich gefallen?", wurde Susanne Finis kürzlich bei einer Tagung von einem Wissenschaftler gefragt. "Wir Frauen, und vor allem die Erzieherinnen, wollen wohl immer, dass alles klappt, dass es den Kindern gut geht, dass die Eltern zufrieden sind und der Arbeitgeber nichts zu meckern hat", antwortete sie. Doch lange gehe das nicht mehr gut, ist sie sich sicher, und ein Hauch von Bitterkeit liegt in ihren Worten.