Fordern mehr sozialen Wohnungsbau (von links): Erlacher Höhe-Abteilungsleiter Wolfgang Günther, Olaf Künze, Sozialpädagoge Tobias Dietlevsen von der Erlacher Höhe und Vorstand Wolfgang Sartorius. Foto: Schwenk

In Freudenstadt fehlt es an bezahlbarem Wohnraum. Unterkünfte in diakonischer Einrichtung für Betroffene keine Dauerlösung.

Freudenstadt - Olaf Künze ist wohnungslos. Das war nicht immer so: Es gab Zeiten, da hatte der knapp 50-jährige Job und Wohnung. Doch dann erkrankte Künze. Der Job fiel weg, die Wohnung auch. Er habe sie finanziell nicht mehr halten können, erzählt er.

Doch Künze hatte Glück im Unglück: Er kam bei der Erlacher Höhe in Freudenstadt unter. Seit 2014 lebt er in der diakonischen Einrichtung – mit Ausnahme einiger Wochen, in denen er in Konstanz einen Neustart versuchte. Der scheiterte. Doch auch in Freudenstadt hat Künze keinen leichten Stand. Denn eine Dauerlösung ist die Unterkunft in der Erlacher Höhe nicht, von dort soll es eigentlich zeitnah zurück in eine eigene Wohnung gehen. Doch das sei gar nicht so einfach, sagt Künze. Falle im Telefonat mit einem potenziellen Vermieter das Stichwort Erlacher Höhe, sei das Gespräch ganz schnell beendet, berichtet er.

"Wenn ich sage, dass ich aus der Erlacher Höhe komme, gehen die Probleme erst richtig los." Der Grund, vermutet Künze, seien Vorurteile. Beim Stichwort Erlacher Höhe dächten eben viele an gescheiterte Existenzen, an Alkoholiker und Arbeitsunwillige. "Dabei kann es jedem Menschen passieren, dass er hier landet. Das kann ganz schnell gehen."

So wie Olaf Künze geht es jährlich etwa 35 bis 40 Personen, die vorübergehend in der diakonischen Einrichtung unterkommen. Längst nicht alle schaffen den Schritt in eine eigene Wohnung. "In guten Jahren finden wir zwischen 20 und 25 Wohnungen, im Schnitt sind es unter 20", sagt der für die Wohnungssuche zuständige Sozialpädagoge Tobias Ditlevsen. Vorurteile mögen ein Grund sein, der andere ist schlicht und ergreifend Wohnungsmangel: "Es fehlt an bezahlbarem Wohnraum", sagt Ditlevsen. Nicht nur in Freudenstadt, sondern im ganzen Landkreis. Ein Teil des Problems ist aus Sicht der Erlacher Höhe der soziale Wohnungsbau. Der finde nämlich gar nicht mehr statt, so Vorstand Wolfgang Sartorius. Der andere Teil des Problems: Längst nicht jede freie Wohnung kommt auch auf den Mietmarkt. "Wer mit Mietern schlechte Erfahrungen gemacht hat und es sich leisten kann, lässt seine Wohnung lieber leer stehen", meint Ditlevsen.

Dabei begleite die Erlacher Höhe die neuen Mieter in den ersten Monaten und stehe bei Problemen auch den Vermietern als Ansprechpartner zur Verfügung. "Wir ducken uns nicht weg, falls es Probleme geben sollte", sichert Ditlevsen zu. In Ausnahmefällen trete die diakonische Einrichtung sogar als Mieter auf. Doch auch deren Engagement hat Grenzen: Für Mietausfälle einspringen könne man nicht, schränkt Ditlevsen ein.

Und Sartorius ergänzt vor dem Hintergrund der steigenden Flüchtlingszahlen und der damit einhergehen zusätzlichen Verknappung des Wohnraums: "Auch wenn man schlechte Erfahrungen gemacht hat, ist dies kein Grund, in dieser Situation nicht zu vermieten." Sein Appell an die Politik: "Es muss mit Steinen geantwortet werden." Es brauche wieder mehr sozialen Wohnungsbau, zudem müssten private Investitionen mit attraktiven Steuersparmodellen gefördert werden, so der Erlacher Höhe-Vorstand. "Wohnungen sind keine Ware, sondern ein Menschenrecht."

Weitere Informationen: Wer freien Wohnraum hat und diesen vermieten möchte, kann sich unter Telefon 07441/860 11 47 mit Tobias Dietlevsen in Verbindung setzen.