Zum Prozessauftakt vor knapp drei Wochen hatte sich der 53-Jährige bereits geständig gezeigt. Foto: Nädele

Prozess vor Landgericht Rottweil. Haft, Bewährung oder Entziehungsanstalt. Am Mittwoch wird Verhandlung fortgesetzt.

Freudenstadt/Rottweil - Der Prozess um den Brand bei Erfi vom Januar 2016 ist am Montag vor dem Landgericht Rottweil fortgesetzt worden. Am zweiten Verhandlungstag stand vor allem der psychische Zustand des Angeklagten im Mittelpunkt.

Zum Prozessauftakt vor knapp drei Wochen (wir berichteten) hatte sich der 53-Jährige bereits geständig gezeigt: Der zum Tatzeitpunkt noch Alkoholabhängige sei nachts angetrunken in die Firma im Industriegebiet Wittlensweiler eingedrungen und habe an mehreren Stellen dort gezündelt.

Der sachverständige Psychiater attestierte dem Angeklagten zur Tatzeit einen "psychischen Ausnahmezustand", der sich im Vorfeld der Tat immer weiter entwickelt habe. Die erneute und ihn sehr überraschende Abmeldung des damaligen Leiharbeiters von seiner damaligen Arbeitsstelle bei Erfi habe derartige Gefühle von Wut, Angst und Verzweiflung in ihm hervorgerufen, dass er in Kombination mit starkem Alkoholkonsum "in einen Tunnel" geraten sei. Daher könne man von einer Tat im Affekt sprechen.

Folglich stellt sich für das Gericht die Frage des angebrachten Strafmaßes: eine mehrjährige Haftstrafe ohne Bewährung, die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt oder strenge Bewährungsauflagen. Zudem wurde bei der Verhandlung bekannt, dass der Angeklagte seit einer Therapie vor 16 Monaten keinen Alkohol mehr getrunken und bereits wieder eine feste Arbeitsstelle hat. Ebenso spielt der Alkoholeinfluss am Tag der Tat eine Rolle: Rund zehn Stunden nach der Tat – der Mann hatte sich freiwillig der Polizei gestellt – wurde sein Blut untersucht und ein Alkoholwert von etwa 1,1 Promille festgestellt. Das lässt auf eine starke Alkoholisierung zur Tatzeit schließen.

Dazu gab der Angeklagte an, was am Montag von einer Bedienung in dessen Stammkneipe bestätigt wurde: Der Tat war offenbar ein etwa elfstündiger Aufenthalt in der Bar mit dem Genuss von mehreren Litern Bier und einigen Schnäpsen vorausgegangen. Die Aussage der Bedienung, dass der 53-Jährige beim Verlassen der Bar nicht auffällig geschwankt sei oder andere Schwierigkeiten gehabt habe, bestätigte der sachverständige Psychiater: "Aufgrund seiner hohen Gewöhnung an Alkohol war er motorisch kaum beeinträchtigt." Gleichzeitig sei der Alkohol der "tragende Grund" für die "Eskalation" in der Tatnacht gewesen.

Auch ein Erfi-Mitarbeiter, der für den Angeklagten zuständig war, wurde vor Gericht vernommen: Hinweisen aus der Belegschaft, dass bei dem Leiharbeiter Verdacht auf Alkoholkonsum bestehe, sei er nachgegangen – habe aber nie etwas feststellen können. Auch ansonsten sei der 53-Jährige eher unauffällig gewesen.

Dieses Bild bestätigt die zuständige Sachbearbeiterin der Leiharbeitsfirma, die ihm die Nachricht seiner "Abmeldung" bei Erfi überbrachte, als dieser ursprünglich nur wegen Urlaub und für einen Vorschuss zu ihr gekommen war. Zwar berichtet der Angeklagte, dass dieses Erlebnis – etwa einen halben Tag vor der Tat – der Auslöser gewesen sei. Nachdem sie ihn aber daran erinnert habe, dass dies das gängige Prozedere in der Leiharbeit sei und sie nach weiteren Stellen für ihn suche, sei er wieder "ein bisschen beruhigt" gewesen.

Zudem bestätigte ein Brandermittler vor Gericht: Es sei definitiv an mehreren Stellen in der Firmenhalle gezündelt worden – teilweise aber nur mit Böllern und an kleinen Zetteln – und vor allem ohne Brandbeschleuniger. Sonst sei der Schaden von laut Anklage zehn Millionen Euro eher noch höher ausgefallen. Am Mittwoch wird die Verhandlung fortgesetzt.