Der Freudenstädter Adrian Krämer opfert Urlaub für Hilfseinsatz. Versorgungslage ist katastrophal.
Freudenstadt - Weit über 4000 Todesopfer, mehr als 7000 Verletzte: Tage nach dem Beben kämpft Nepal mit den Folgen der schwersten Naturkatastrophe seit 80 Jahren. Mit Adrian Krämer ist auch ein Helfer aus Freudenstadt vor Ort.
Krämer ist Teil eines sechsköpfigen Teams von "@fire Internationaler Katastrophenschutz Deutschland", einer gemeinnützigen Hilfsorganisation, die sich unter anderem auf die Rettung Verschütteter spezialisiert hat.
Bereits am Sonntag hatte sich das Team nebst Ausrüstung und zweier Rettungshunde auf den Weg nach Nepal gemacht. Den Flughafen von Kathmandu erreichten die Helfer jedoch erst in den späten Abendstunden des Montags. Und damit rund 20 Stunden später als geplant. Grund: Der Flughafen der Landeshauptstadt war völlig überlastet.
Als sich Krämer am gestrigen Nachmittag per Handy meldet, ist er noch immer am Flughafen: Dort befindet sich das Basecamp, von dem aus die einzelnen Hilfsorganisationen operieren. Auch die 22 Rettungskräfte der "@-fire"-Partnerorganisation S.A.R.A.I.D. aus Großbritannien haben dort ihre Zelte aufgeschlagen. "Das Camp untersteht den Vereinten Nationen", sagt Krämer. Der Empfang ist erstaunlich gut, im Hintergrund hört man immer wieder die Motorengeräusche der landenden und startenden Maschinen. "Die UN-Nothilfekoordination arbeitet mit den lokalen Helfern zusammen. Gemeinsam teilen sie den einzelnen Hilfsorganisationen die Einsätze zu", erklärt Krämer die Organisationsstruktur vor Ort.
Rettungskräfte aus aller Herren Länder arbeiten Hand in Hand. "Die Stimmung unter den Helfern ist gut. Wir sind alle Profis und wissen, was zu tun ist." Auch das Team von "@fire" hat zwischenzeitlich einen ersten Einsatz hinter sich.
Im etwa zehn Kilometer Luftlinie vom Flughafen entfernten Sundarijal suchte das Team in den Trümmern eines eingestürzten Hotels nach Überlebenden. "Wir können jetzt mit Sicherheit sagen, dass sich unter den Trümmern keine lebenden Personen befinden", sagt Adrian Krämer.
"Das größte Problem der Menschen hier ist die Infrastruktur. Die Versorgungslage ist katastrophal. Es gibt keinen Strom, Wasser und Diesel werden knapp. Solange die Straße nach Indien nicht wieder halbwegs befahrbar ist, wird sich daran auch nichts ändern." Dennoch stuft Krämer die Lage insgesamt als ruhig ein. "Die Menschen verhalten sich sehr ruhig. Obwohl sie sich nicht zurück in die noch stehenden Häuser trauen. Sie schlafen einfach überall. Auch mitten auf der Straße."
Auch die Regierung, sagt Krämer, tue ihr Möglichstes um die Situation unter Kontrolle zu halten. "Es gibt sehr viele Leichen. Jetzt finden Massenverbrennungen statt, um den Ausbruch von Seuchen zu verhindern."
Wie lange wird Krämers Einsatz dauern? "Es gibt da die 96-Stunden-Grenze. Danach liegt die Überlebenschance Verschütteter bei Null. Dann geht es um die Bergung von Leichen. Das ist nicht mehr unsere Aufgabe", sagt Krämer. Freitag oder Samstag werden er und das Team von "@fire" die Zelte in Nepal voraussichtlich wieder abbrechen.
Bis dahin, so hofft das Team, werden sie möglichst vielen Verschütteten das Leben retten. Das verlangt jedem persönlich einen hohen Einsatz ab: Krämer, Servicetechniker beim Freudenstädter Unternehmen Oest, opfert für Einsätze wie diesen einen Teil seines Urlaubs. Die Kosten trägt "@fire": "Sechs Mann, eine Woche, da kommen ganz schnell 50 000 Euro zusammen. Das finanzieren wir rein aus Spenden."
Weitere Informationen: über die Hilfsorganisation und ihren aktuellen Einsatz in Nepal gibt es unter www.at-fire.de oder www.facebook.com/atfire