Wenn Boden umgedreht wird, wird meist auch viel Staub aufgewirbelt: Die Bereitschaft für eine Flurneuordnung im Nordosten der Freudenstädter Gemarkung wird derzeit ausgelotet. Foto: Rath Foto: Schwarzwälder Bote

Flurordnung: Landratsamt und Stadt loten derzeit Bereitschaft für Verfahren rund um Musbach aus

Neue Feldwege und klare Kanten oder weiterwirtschaften in gewachsenen Strukturen: Das Landratsamt ist bereit für ein Flurordnungsverfahren für Grüntal, Wittlensweiler, Musbach und Frutenhof. Ob und wie es kommt, muss sich jetzt zeigen.

Freudenstadt. Den Anstoß dazu hat die Stadt Freudenstadt gegeben, und zwar bereits im Jahr 2004 für ihr gesamtes Gemarkungsgebiet. Igelsberg und Zwieselberg haben das Verfahren fast hinter sich, Dietersweiler und Kniebis sind mittendrin. Jetzt hat das Amt für Vermessung und Flurneuordnung im Landratsamt Kapazitäten frei und könnte im Nordosten weitermachen – vorausgesetzt, die Grundstückseigentümer und Bauern wollen das.

Wie die Bereitschaft ist, loten Stadt und Landratsamt derzeit aus. In zwei Bürger-Infoabenden stellten sie das Vorhaben vor. "Noch völlig ergebnisoffen", wie der Leiter des Vermessungsamts, Andreas Oeynhausen, auf Nachfrage betont. Aus seiner Sicht würde sich ein Verfahren lohnen, und zwar im Grundsatz für alle Beteiligten. Das potenzielle Gebiet sei "sehr groß", die Bewirtschaftung an vielen Ecken aus mehreren Gründen nicht bestmöglich. "Ich möchte wetten, viele kennen nicht mal die Grenzen ihrer Flurstücke", so Oeynhausen.

Nach dem ersten Infoabend vorige Woche in Wittlensweiler, der "in guter und sachlicher Atmosphäre" verlaufen sei, sind bislang nicht alle Beteiligten überzeugt. Einige Landwirte befürchten, gepachtete Flächen zu verlieren oder künftig höhere Preise dafür bezahlen zu müssen. Sie sähen keine Notwendigkeit für ein Verfahren. Für die meisten Flächen gebe es bereits praktikable Regelungen.

Ein Biobauer ist in Sorge, Flächen erst mal auf Jahre hin brachliegen lassen zu müssen, wenn er im Tausch bislang konventionell bewirtschaftete Äcker erhält. Oeynhausen sagt, die Argumente seien nachvollziehbar. Erfahrungsgemäß gebe es anfangs meist Skepsis, jedoch überwögen am Ende die Vorteile. Dass es beispielsweise zu Pachterhöhungen komme, könne sein, müsse aber nicht. Darauf habe das Amt auch keinen Einfluss: "Pachtrecht ist Privatrecht."

Ein "zentraler Punkt", der für ein Verfahren spreche, sei der teils schlechte Zustand der Wirtschaftswege. Und das ist auch der Hauptgrund für die Stadt, die Verfahren anzustrengen. Das Wegenetz zu sanieren und auszubauen, koste viel Geld. "Das kann die Stadt nicht alleine finanzieren", so Oeynhausen. Im Zuge einer Flurneuordnung könne sie mit Zuschüssen von Bund und Land in Höhe von 70 Prozent rechnen, sogar bis zu 80 Prozent, wenn Umweltschutzaspekte mit berücksichtigt würden. Auch touristische Belange könnten mit eingearbeitet werden. Für Landwirte werde die Bearbeitung der Flächen nicht nur durch bessere und vollständigere Wege einfacher, sondern auch durch günstigere Zuschnitte.

Für das Amt für Vermessung und Flurneuordnung ist ein solches Verfahren eine Puzzlearbeit. Mit Planung und Umsetzung dauere es Jahre. Der Aufwand lohnt sich aber, so der Amtsleiter: "Das ist hinterher ein Unterschied wie Tag und Nacht. Den alten Zustand wünscht sich dann keiner zurück."

Welche Wünsche und Detailprobleme es gibt, werde im Zuge eines Verfahrens erhoben – wenn es denn angeordnet wird. Das ist noch nicht raus. Gegen den Willen einer Mehrheit werde es keine Flurneuordnung geben. "Wir drücken nichts durch. Wir können nur das Angebot machen", so Oeynhausen.

Das Gebiet umfasst 1800 Hektar forst- und landwirtschaftliche Flächen um Grüntal und rund 1500 Hektar um Musbach. Aufgeteilt ist es in schätzungsweise 3300 einzelne Flurstücke. Ob es zu einer Flurneuordnung kommt, soll sich in den nächsten Wochen zeigen. Dazu ist eine "tragfähige Bereitschaft der Eigentümer" zur Mitarbeit erforderlich. Noch im November soll es Arbeitskreise geben, in denen Eigentümer und Bewirtschafter ihre Wünsche und Anregungen einbringen können. Dann könnten die zuständigen Stellen im Landratsamt über den Winter weiterplanen. Eine Entscheidung, ob ein Verfahren angeordnet wird, müsste bis Ostern fallen. Im Falle einer positiven Entscheidung will das Landratsamt bis Herbst die erforderlichen Unterlagen beim Landesamt einreichen. Dann könnte ein Verfahren 2020 starten. Denkbar wäre eine Flurordnung im großen Stil, aber auch ein oder mehrere kleinere Verfahren für Teile der Gemarkungsfläche.