Kultur: Beim ersten Poetry Slam steht das Vergnügen im Vordergrund / Im Herbst weitere Auflage
Großen Beifall gab es für das abwechslungsreiche und muntere Spiel mit der Sprache beim ersten Freudenstädter Poetry Slam im Kinder- und Jugendzentrum.
Freudenstadt. Veranstaltet wurde das ungewöhnliche Ereignis vom örtlichen Verein Kultur aber Spaß in Zusammenarbeit mit dem Kinder- und Jugendzentrum Freudenstadt (KiJuz) und dem Verein Freudenstadt-Marketing.
Wegen der ungünstigen Wetterprognosen hatte man den Poetry Slam vom oberen Marktplatz ins KiJuz verlegt. Das geplante Open-Air-Kino musste ersatzlos gestrichen werden. Radio-Moderator Nikolai Schwaikart aus Karlsruhe führte durch das rund zweistündige Programm.
Der Poetry Slam war kein Wettbewerb mit – wie üblich – abschließender Siegerehrung. Vielmehr bot er jungen Leuten mit mehr oder weniger Erfahrung auf dem Gebiet ein Forum. Ihr Lohn war der Beifall, der sich lautstark oder moderat äußerte und damit ein Gradmesser für die eigene Leistung darstellte.
Beim Poetry Slam treten Künstler gegeneinander an. Er folgt dabei bestimmten Regeln. So müssen die Texte selbst geschrieben sein. Vorgegeben ist eine feste Zeitgrenze. Das Erscheinungsbild darf nicht durch Requisiten oder Verkleidung aufgewertet werden. 15 Minuten wurden Marina Siegel, "Karl", Mhammed Ben Salem, allesamt aus Konstanz, sowie Hanna Laura, Elias Zand-Akbari und Alice Rex, beheimatet in Stuttgart, für ihren Auftritt zugestanden.
So unterschiedlich, wie sich die Teilnehmer äußerlich und in ihrer Austrahlungskraft präsentierten, kamen auch ihre Texte des Wegs. Erlaubt ist, was gefällt, ist ein Grundsatz, soweit die Grenzen des Anstands und des gegenseitigen Respekts nicht überschritten werden. Die Protagonisten bedienten sich nach Gusto der literarischen Gattungen und Formen wie Prosa oder Lyrik, machten ihren Herzen Luft in Satire, Rap oder Gedicht. Und das alles leichtfüßig, heiter, ironisch bis nachdenklich, didaktisch-appellierend.
Auf dem linguistischen Experimentierfeld zeigten sich großteils gekonntes Jonglieren mit Phonem und Morphem, ungezügelte Fabulierungsfreude, Hineintauchen in den unerschöpflichen Vorrat an Ausdrucksmöglichkeiten, ein Sich-Berauschen an Klang und Bedeutung von Formulierungen. So manch Persönliches, Erlebtes, zu Verarbeitendes war zu vernehmen, aber auch kritische Distanz zu gesellschaftlichen Erscheinungsbildern.
Beitrag über die ewig nörgelnden Schwaben
Es blieb den Teilnehmern unbenommen, im Rahmen des Zeitbudgets mehrere Texte, auch gegensätzliche, unterzubringen. Mit ihren Wortspielereien, beispielsweise zu "Ende", wusste die erfolgreiche Poetry-Slam-Wettstreiterin Marina Siegel zu überzeugen. Mhammed Ben Salem ("Mido"), nach eigenem Bekenntnis "deutsch-tunesischer Vollzeitschwabe", ging mit den ewig nörgelnden Schwaben ins Gericht. Hanna Laura ließ das Sexualleben ihrer Eltern keine Ruhe und überlegte, ob das mit 70 Jahren noch ein Thema sein könne.
Elias Zand-Akbari, Philosophiestudent, der sein Studium abgebrochen hat, führte in einem emotionalen Prosatext den Gästen das traurige Schweineleben in der Massentierhaltung vor Augen. Der verständlichen Aufregung angesichts des erwartungsvollen dicht gedrängten Publikums war es wohl zuzuschreiben, dass die Künstler mitunter Artikulationsschwierigkeiten an den Tag legten und im Stakkato ihrer Formulierungen dann doch mancher Gedanke verlorenging. Ziel des Vereins Kultur aber Spaß ist es, mit besonderen künstlerischen Veranstaltungen Freudenstadt für junge Menschen attraktiver zu machen. Im Herbst wird es einen neuen Poetry Slam in Freudenstadt geben. Potenzielle Teilnehmer aus der Region dkönnen mitmachen und sich unter der Adresse ansgar@event-freudenstadt.de informieren und an melden.