Foto: Waltraud Günther

Vorführungen alter Handwerkskunst und ein eigens für das Jubiläum geschriebenes Theaterstück.

Freudenstadt-Dietersweiler - Drei Tage lang feierte der Freudenstädter Stadtteil Dietersweiler sein Dorfmuseum. Zum 40-jährigen Bestehen gab es nicht nur Vorführungen alter Handwerkskunst, sondern ein eigens für das Jubiläum geschriebenes Theaterstück.

Zu einem Jubiläumsabend hatte der Förderverein Dorfmuseum Dietersweiler anlässlich seines 40-jährigen Bestehens eingeladen. Dabei passte einfach alles: Der laue Sommerabend, Köstlichkeiten vom kalten Büfett, Musik und als Sahnehäubchen ein historisches Theaterstück, das die hohen Erwartungen mehr als erfüllte.

Dabei oblag es Klaus Dölker in seiner Paraderolle als Dorfschütz, der Festversammlung die Rahmenhandlung des eigens für dieses Jubiläum geschriebenen Theaterstücks "auszuschellen". Geschrieben wurde das Stück "Aufstand in Dietersweiler" von Rainer Lernhardt, nach den Vorlagen der langjährigen Museumsleiterin Maria Frick. Thematisiert wird darin sowohl die Lehensherrschaft der Adligen von Neuneck über den 1347 erstmals urkundlich erwähnten Ort Dietersweiler als auch der Bauernkrieg. Regisseur Rainer Lernhardt gelang das Kunststück, das zahlreiche Publikum auf zu eine Zeitreise ins Mittelalter mitzunehmen.

Die von Anett Krauße und Berthold Springmann gekonnt verkörperten stolzen Adligen von Neuneck hatten kein Mitleid mit ihren hungernden Untertanen. Trotz aller Not führten sie ein Leben in Saus und Braus. Demgegenüber waren die Lebensbedingungen der Bauern in Dietersweiler hart. So auch für das junge Ehepaar Clara und Andreas Halfinger (Bettina Bauer und Roland Schneider), das sich ob der Frage, wie mit den willkürlich auferlegten Frondiensten umzugehen sei, fast entzweite. Die aussichtslose Lage seiner Dorfbevölkerung wollte auch der Dietersweiler Schultes (Constantin Leiser) nicht mehr länger tatenlos hinnehmen. Von seinem Plan, sich dem Bauernaufstand anzuschließen, lässt er sich von Ehefrau Barbara (Kristina Rochau) nicht abbringen. Die hitzigen Diskussionen der Dorfbevölkerung, dazu gehören auch Fabian Anger und Carmen Huss als Eheleute Hannes und Hedwig, Peter Hönicke und Elfi Huss als Wenzel und Agnes samt ihren Kindern (Johannes und Isabell Krauße) könnten auch einer philosophischen Lehrstunde entnommen sein. Stehen da doch die Argumente derer, die am starren Ständesystem festhalten wollen, denjenigen gegenüber, die die herrschenden Ungerechtigkeiten notfalls mit Gewalt beenden wollen.

Das bittere Ende ist vorhersehbar

Den aufständischen Bauern schließen sich – bewaffnet mit Mistgabeln und Dreschflegeln – gemeinsam mit Clemens und Kuno (Armin und Jan Huss) weitere Bauern aus Dieterweiler an. Angesichts der ungleichen Ausrüstung der beiden Lager ist das bittere Ende vorhersehbar; die Bauern werden in der Schlacht von Böblingen vernichtend geschlagen. Clara Halfinger (Bettina Bauer) schildert diese Szenen in einem beeindruckenden Monolog. Mit ihrer der Freifrau von Neuneck hinterher geschleuderten Prophezeiung: "Es wird der Tag kommen, da wendet sich das Blatt" endete ein beeindruckendes Stück.

Mit zum Gelingen des stimmigen Abends trugen auch die Alphornbläser der Familie Mönch bei. Welchen großen Stellenwert das Dorfmuseum in Dietersweiler bei der Bevölkerung hat, beschrieb die Vorsitzende Verena Braun in ihrem Grußwort. An ihre Vereinsfamilie des Dorfmuseums gewandt, sprach sie den vielen freiwilligen Helfer ihres Vereins Dank und Respekt aus und bilanzierte zufrieden: "Sie alle haben in den letzten 40 Jahren das Museum zu dem gemacht, was es heute ist." Gegründet wurde das Dorfmuseum vor vier Jahrzehnten durch Paul Dietrich, der sich Dietersweiler als Altersruhesitz gewählt hatte. Unermüdlich sammelte er im Dorf Exponate, erstellte Fotodokumentationen, erforschte Stammbäume und gewann schließlich genügend Mitstreiter zur Gründung eines Dorfmuseums im baufälligen Fruchtspeicher.

Die Glückwünsche der Stadt Freudenstadt zum Jubiläum überbrachte Petra Weinbrecht, die konstatierte: "In Dietersweiler versteht man zu feiern." Weinbrecht erinnerte an die dem Museum im Jahr 2007 verliehene Auszeichnung "Vorbildliches Dorfmuseum", während Joachim Auer als Sprecher des Ortschaftsrats mit einer Anekdote für Erheiterung sorgte. So sei es dem damaligen Bürgermeister Otto Stierlen mit Hilfe einer Kiste Bier gelungen, den bereitstehenden Baggerfahrer vom Abriss des verfallenen Fruchtspeichers abzuhalten.

Für Auer ist das Dorfmuseum Dietersweiler Erlebniszone und Museumsinsel und zugleich ein Ort, an dem Geschichte lebendig wird. Dass Geschichte im Dorfmuseum Dietersweiler in beispielhafter Weise lebendig wird, zeigte sich sowohl beim Handwerkermarkt am Samstag als auch am gestrigen Sonntag, denn der "Aufstand in Dietersweiler" wurde wegen des großen Publikumsinteresses im voll besetzten Museumshof gleich mehrmals aufgeführt.

Museumsleiterin sichtlich zufrieden

Der Samstag stand ganz im Zeichen alter Handwerkskünste sowie des geselligen Beisammenseins. Rund um den Museumshof zeigten ein Kammmacher, ein Strohseiler, ein Messerschmied, eine Töpferin und ein Korbflechter ihre fast vergessenen Künste. Zahlreiche Besucher bestaunten die verschiedenen Vorführungen. Auch die Mitmachstationen des Schützenvereins erwiesen sich als Besuchermagnete. Sichtlich zufrieden mit dem gesamten Fest und mit den Handwerkervorführungen zeigte sich Museumsleiterin Elfi Huss, die strahlend bilanzierte: "Wir haben ein sehr gutes Einvernehmen im Verein, unsere gemeinsamen Vorbereitungen haben sich gelohnt."

Sohn des Gründers schaut auch vorbei

Eine weite Anfahrt zum Museumsfest hatten Hans-Jürgen und Frauke Dietrich auf sich genommen. Dietrich, dessen Vater Paul das Dorfmuseum gründete, erinnert sich noch gut an die damalige Gründungsinitiative seines Vaters. Dessen Motivation sei gewesen, die Erinnerung im Dorf lebendig zu halten. Viel Freude hatten die Besucher auch mit den Darbietungen im Museumshof. Da erfreute am Nachmittag die Dietersweiler Dorfmusik die Gäste, während am Abend der Musikverein Dettingen für die musikalische Unterhaltung sorgte.