SPD-Vorsitz: Gegenläufige Reaktionen ab Basis im Wahlkreis Calw/Freudenstadt

Die Kandidatur der SPD-Bundestagsabgeordneten Saskia Esken für den Vorsitze der Partei polarisiert. Der Kreisverband Calw begrüßt den Schritt, der Freudenstädter fremdelt weiter und bleibt bei seinem ursprünglichen Beschluss: Er unterstützt das Duo um Hilde Mattheis.

Kreis Freudenstadt. Wie berichtet, ist Eskens Kandidatur um den Vorsitz der Bundes-SPD im Tandem mit Norbert Walter-Borjans nun offiziell und vom einflussreichen SPD-Landesverband Nordrhein-Westfalen abgesegnet. Der Coup, von dem nur sehr wenige wussten, sticht den Genossen in Freudenstadt noch immer in die Nase. "Nach der anfänglichen Überraschung bei uns im Kreisverband Freudenstadt haben nun erste Bewertungen sattgefunden. Bedauerlich ist es, dass wir, ein Teil des Wahlkreises unserer Abgeordneten, nicht im Voraus in die Überlegungen miteinbezogen wurden", so die Kreisvorsitzende Viviana Weschenmoser. Leider müsse der Kreisverband davon ausgehen, dass Esken nun mindestens zwei Monate im gesamten Bundesgebiet unterwegs sein wird. "Bedauerlich wäre, wenn unsere lokalen Themen deswegen hintangestellt würden", so die Horberin Viviana Weschenmoser.

Der Kreisverband Freudenstadt habe bekanntermaßen Hilde Mattheis nominiert. "Dieser Beschluss steht", so der Vorstand. Die ehemalige Horberin und Bundestagsabgeordnete habe den Kreisverband frühzeitig in ihre Entscheidung miteinbezogen, Informationen zu sich und Dierk Hirschel zukommen lassen und dargelegt, weshalb dieses Tandem unterstützt werden solle. Der Kreisverband Freudenstadt sei traditionell eher links in der SPD zu verorten, und somit überschneiden sich auch die Schwerpunktthemen mit dem Team Mattheis-Hirschel.

"Meine ganz persönliche Meinung: Ich wünsche mir von den künftigen Vorsitzenden, nicht wieder die klassischen SPD-Fehler zu machen", so Weschenmoser. Das heiße, "unfassbar fleißig zu sein, aber nichts von den guten und gesellschaftlich wichtigen Errungenschaften durch die SPD vermitteln zu können". Was die Partei brauche, seien echte PR-Profis, und Leute, "die kreativ und sympathisch sind", die Teams leiten und Gruppen begeistern könnten. Die SPD habe genügend gute Ideen und freche Forderungen. Jetzt komme es darauf an, diese Themen in eine Sprache zu packen, die verstanden werde und anschaulich sei. "Und noch wichtiger: Swag hat. Ansonsten ändert sich nichts", so Weschenmoser. "Swag" ist Jugendsprache und bedeutet etwa so viel wie "sympathisch-lässige Ausstrahlung". Dafür stehe das Team Esken/Walter-Borjans "leider nicht", findet Weschenmoser.

Lässig-frisch oder nicht? Das ist hier die Frage

Der Kreisvorstand der SPD im Landkreis Calw sieht das völlig anders und freut sich über das Engagement und den Mut seiner Vorsitzenden Saskia Esken. Nachdem die einstimmige Nominierung des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen die Bewerbung des Duos Esken und Walter-Borjans am 30. August befürwortet hat, sei der Kreisverband Calw in seiner Sitzung tags darauf ebenfalls einstimmig zum selben Ergebnis gekommen. Saskia Esken habe mit ihrer Arbeit im Digital- und Innenausschuss des Bundestags, Veröffentlichungen auf ihrer Homepage sowie in diversen Medien deutlich gezeigt, wie "weitsichtig und differenziert" sie sich brandaktuellen Themen wie Datenschutz, Digitalisierung oder der Umweltschutzbewegung "Fridays For Future" annehme. Bei ihrer Sommertour auch in diesem Jahr habe sie einmal mehr gezeigt, wie man als Mitglied des Bundestages Bürgernähe lebe. "Als Abgeordnete und Kreisverbandsvorsitzende ist sie regelmäßig mit uns in Kontakt", so der Calwer Vorstand. Der SPD tue frischer Wind gut, und genau den bekäme sie mit einem Vorsitz aus Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken. Ihr Vorstoß bei der Kandidatur sei nicht nur "ein klares Zeichen gegen Neoliberalismus und Endzeitstimmung in der Bundes-SPD".

Verbunden damit sei auch die Botschaft, dass eine echte Erneuerung der Partei nicht nur möglich sei, sondern vielmehr in greifbare rücke. Die Partei werde wieder wählbar. Offensichtlich brauche die SPD einen Neustart und kein "Weiter so". Der Kreisverband traue Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans dies zu. "Der Kreisvorstand begrüßt somit die Kandidatur von Saskia Esken und stellt ihr jede Unterstützung zur Verfügung, die sie benötigt."