Hochkonzentriert wird an den Tischen beim Binokelturnier gespielt. Fotos: Günther Foto: Schwarzwälder Bote

Freizeit: Binokel erlebt zurzeit eine Renaissance / Beim Teamwettbewerb wird gerne mal geschummelt

Es wird "gereizt", "gestochen" und "gemeldet": Das alte württembergische Kartenspiel Binokel erlebt in der Region derzeit eine Renaissance.

Kreis Freudenstadt. Die Teilnehmer – immer drei sitzen an einem Tisch – sind hoch konzentriert bei der Sache. Vereinzelt sind Ausrufe zu hören: "Ab in Schellen", "Was isch Trumpf?", oder "I meld a Familie".

Vor allem im Winterhalbjahr werden Binokel-Turniere veranstaltet. Sogar in den sozialen Medien haben sich Gruppen gebildet, in denen die Regeln diskutiert und die Termine gepostet werden. Im Raum Freudenstadt finden viele solche Turniere statt – beispielsweise in Igelsberg und Seewald, im Murgtal oder in Pfalzgrafenweiler. Wie die Ausrichter berichten, verzeichnen sie jährlich steigende Teilnehmerzahlen.

Auffallend ist, dass immer mehr Frauen an den Turnieren teilnehmen. Die Altersgrenze ist nach oben offen. Beim Turnier in Oberiflingen, mit dem die Binokelsaison am 31. Oktober traditionell eingeläutet wird, war die älteste Teilnehmerin 92 Jahre alt. Der Name Binokel entwickelte sich aus dem französischen Kartenspiel Bézique. Es war das bevorzugte Kartenspiel Winston Churchills, und wurde im vergangenen Jahrhundert vor allem in Württemberg zum "Nationalspiel" schlechthin.

Jeweils zwölf Spiele in drei Durchgängen

Der Name selbst leitet sich vom italienischen bin occhio – zwei Augen – ab, denn alle Karten sind doppelt vertreten. Bei Turnieren wird ausschließlich zu Dritt gespielt, alle spielen gegeneinander. Beim Spielen zu Viert spielen jeweils zwei Personen zusammen. Häufig werden hierbei innerhalb eines Teams unerlaubte Absprachen getroffen, die per Zeichensprache ausgetauscht werden. Dem Mitspieler wird dabei durch einen Fingerzeig zum Herz oder durch ein Kratzen auf dem Rücken angezeigt, welche Farbe er spielen soll, damit der Stich im Team bleibt.

Jedes Binokelturnier besteht aus drei Durchgängen, jeder besteht aus zwölf Spielen. Veranstaltungsende ist daher selten vor Mitternacht. Gut, dass die Ausrichter – häufig sind es Vereine oder die Feuerwehr – auch kleine Snacks für die Pausen bereithalten. Turniersieger ist, wer nach 36 Spielen die meisten "Augen" (Punkte) hat. Derjenige darf sich dann zuerst an dem in der Regel reich bestückten Gewinntischen bedienen, erst danach dürfen sich in der Reihenfolge der erzielten Punkte alle anderen Teilnehmer ihren Preis aussuchen.

Binokel ist ein Stichspiel. Die jeweils höhere Karte macht den Stich. Spezielle Kartenkombinationen wie "Familie" oder vier gleiche Karten unterschiedlicher Farbe ergeben eine gewisse Punktzahl. Ein Binokelspiel besteht aus 40 Karten, die in die Farben Herz, Schellen, Kreuz und Schippen unterteilt sind. Nach dem Austeilen wird um das Spiel "gereizt". Die Höhe richtet sich nach den zu erwarteten Stichen. Der "Dabb" sind vier verdeckte, nicht ausgeteilte Karten. Wer am höchsten reizt, erhält diese vier Karten und muss wiederum die gleiche Anzahl "drücken" (weglegen). Um das Spiel zu gewinnen, muss der Spieler die Punktzahl ("Augen") erreichen, auf die er gereizt hat. Gelingt ihm das nicht, werden die Punkte abgezogen.