Bridgeclub-Freudenstadt kämpft gegen hartnäckige Vorurteile / Nachwuchs wird dringend gesucht
Von Jan Kirschmann Freudenstadt. Auf mit grünem Filz bedeckten Tischen liegen zu kleinen Türmchen aufgeschichtete Kartenstapel. Die zugezogenen Vorhänge lassen nur wenig Tageslicht in den kleinen Raum. "Viele wissen nicht, was hier wirklich abläuft. Die Vorurteile gegenüber Bridge sind einfach noch zu sehr in den Köpfen verankert", klärt der Vorsitzende des Bridge Clubs Freudenstadt, Fred Bushnell, auf. Einmal in der Woche trifft sich die Bridge-Clique zum Kartenspiel im Kurhaus.
Wer denkt bei Bridge nicht an ältere Herrschaften, die mit einem Tässchen Tee und Spielkarten in der Hand um einen Tisch sitzen und so ihren Nachmittage verbringen. Doch wer den Raum des Bridge Clubs betritt, wird eher an ein Kasino, als an ein Teehaus, erinnert. "Das hier hat nichts mit Glück zu tun, jeder spielt mal mit dem gleichen Kartenstapel. So kann man die Leistungen untereinander vergleichen", erklärt Bushnell.
Der Freudenstädter Bridge Club wurde 1958 vom damaligen Kurdirektor Karl Weidenbach gegründet. Vier Jahre später trat Ursula Gründel, die heute mit ihren 91 Jahren die älteste Spielerin ist, dem Verein bei. "Ich bin aber nicht das älteste aktive Mitglied", betont die 91-Jährige. "Die Liselore Steim ist heute leider nicht da, die ist 98!"
Also doch nur alte Damen? "Freudenstadt hinkt beim Nachwuchs hinterher. In Studentenstädten wie Freiburg ist das Durchschnittsalter viel geringer. Bei unseren europäischen Nachbarn, wie Polen, wird das Kartenspiel sogar an den Schulen angeboten", erklärt der gebürtige US-Amerikaner Bushnell.
Nachdem der Bridge-Präsident alle kurz begrüßt hat, wird es ernst. Die zwölf Teilnehmer haben Platz genommen. Es herrscht Stille. "Beim Bridge wird nicht gesprochen", klärt der Vorsitzende auf. Nur das Surren des kleinen Kühlschranks ist zu hören und Frau Gründel. "Psst, Uschi!", raunt es von den anderen Tischen. Es kann losgehen. Viele der Teilnehmer sind schon jahrelang aktiv dabei. Das uralte Kartenspiel sei so komplex, dass die meisten erst nach einem Jahr des ständigen Lernens wettbewerbsfähig seien. Das schrecke viele ab, so Fred Bushnell, der an der Volkshochschule regelmäßig Anfängerkurse anbietet. Den Teilnehmern ist die Anspannung regelrecht anzumerken. Da kommt es auch schon mal vor, dass der Spieler die Karten auf den Tisch knallt, wenn er mit den Entscheidungen seines Partners nicht zufrieden ist. "Emotionen gehören dazu, auch wenn es hier nur um den Spaß geht", sind sich alle Teilnehmer einig. Während den drei Stunden, in denen gespielt wird, hört man wenig von den Spielern. Nur hier und da kommt von einem der Tische die Aufforderung, still zu sein. Meist trifft es die 91-Jährige. Sie redet halt gern.
"Vielen ist nicht bewusst, dass beim Profi-Bridge Unmengen an Geld unterwegs sind. Sogar Weltmeisterschaften werden ausgetragen", erklärt Manfred Walter, der an diesem Tag mit seiner Partnerin Ingrid Krause die beste Quote erzielt. Für Gründel reicht es leider nicht auf einen der vorderen Plätze. Aber am Samstag werde sie wieder mitspielen. "Bridge ist das beste Spiel gegen Demenz. Das ist für uns alte Damen ein tolles Gehirnjogging", sagt die 91-Jährige und lächelt.
Interessierte sind bei den wöchentlichen Treffen, die mittwochs und samstags um 14 Uhr im Kurhaus stattfinden, immer willkommen. Anfängern rät Bushnell zu einem Kurs in der Volkshochschule. Weitere Informationen zum Bridge Club und den Anfängerkursen gibt es unter Telefon 07445/20 48.