Im Nationalpark Schwarzwald wird es wohl doch keine frei laufenden Wisente geben. (Symbolfoto) Foto: Ysbrand Cosijn/ Shutterstock

Aus des geplanten Wildtierparks: Oberbürgermeister Julian Osswald ist sauer. 

Freudenstadt - Ein Nationalpark Schwarzwald ohne Tiere? Aus der geplanten Anima in Sasbachwalden wird nichts, jetzt steht auch der geplante Wildtierpark Alexanderschanze auf der Kippe. Das Land will von der Finanzierung nichts mehr wissen. OB Julian Osswald schickte am Freitag einen Brandbrief an Ministerpräsident Winfried Kretschmann.

Das Stadtoberhaupt, gleichzeitig Vorsitzender des Fördervereins Wildtierpark Alexanderschanze, ist sauer. Er fühlt sich von der Landesregierung offenbar verkauft, genauer gesagt: von den "Grünen". In einem dreiseitigen Brief an Kretschmann (Grüne) macht Osswald (CDU) seiner Enttäuschung Luft und hofft auf die Intervention des Regierungschefs. Im Doppelhaushalt des Landes Baden-Württemberg taucht das Projekt zum zweiten Mal nicht auf - obwohl der Initiative vor Ort dies "immer wieder suggeriert" worden sei.

Stadt und Region mussten zuletzt mehrere Rückschläge wegstecken beim Ziel, entlang der Schwarzwaldhochstraße neue Attraktionen zu schaffen. Eine "Perlenkette" entlang der B 500 um das neue Besucherzentrum auf dem Ruhestein sollte entstehen, unter anderem mit zwei Tierparks und dem Weißtannenturm an der Alexanderschanze. Erst brach der Turm aus dem Konzept. Anfang dieser Woche meldeten die privaten Investoren der Anima-Tierwelt, dass ihr 20-Millionen-Euro Vorhaben aus finanziellen Gründen vor dem Aus steht. Wenn der Wildtierpark nun auch noch fällt, sind nicht mehr viel Perlen dran an der Kette.

Mehr als 230.000 Euro investiert

Wie berichtet, sollen an der Alexanderschanze Wisente angesiedelt werden - eine alte europäische Bisonart, die nahezu ausgestorben ist - zur Landschaftspflege und als Besuchsziel. Was Osswald fuchst: Mit der Einrichtung des Nationalparks sei der Region ein "hoher touristischer Nutzen" versprochen worden, der von Kritikern "damals schon bezweifelt" worden sei. "Ich habe dieser Vision geglaubt und mich damals klar für die Einrichtung des Nationalparks eingesetzt", so Osswald. Kretschmann habe ihm Unterstützung für den Wildtierpark auf der Alexanderschanze zugesagt.

Allerdings sei von der Region eine "substanzielle Vorleistung" für diese "hervorragende Ergänzung zum Nationalpark" gefordert worden, ehe sich das Land für eine Beteiligung entscheide. Deshalb sei im Mai 2017 ein Förderverein mit zwölf Mitgliedern gegründet worden: Hoteliers, Gastronomen, Unternehmer, Kommunen, Landkreise und Privatpersonen. Seither habe der Verein mehr als 230.000 Euro in die Planung investiert. "Der Nordschwarzwald braucht als Ergänzung zum Nationalpark Attraktionen, um die Übernachtungszahlen wieder steigern zu können", so Osswald. Zwar verzeichnet der Tourismus Zuwächse. Von den Auswirkungen des "Kostendämpfungsgesetzes" in den 90er-Jahren und dem Niedergang des Kurwesens als Folge daraus habe sich die Region aber "bislang nicht wieder erholt". Außerdem: "Es gibt keinen Nationalpark in Deutschland, der keine Tiere zeigt."

Schon im zweiten Doppelhaushalt in Folge lasse die Fraktion der Grünen das Projekt am ausgestreckten Arm verhungern. Mehr als "Lippenbekenntnisse" seien bislang nicht gekommen. Zuständige Ministerien hätten gar nicht geantwortet. "Wir hätten uns von den Grünen eine Aussage gewünscht, die das Projekt voranbringt oder deutlich macht, dass man außerhalb des Nationalparks keine weiteren Projekte will", schreibt Julian Osswald.

Maulkorb aus Stuttgart?

Nach der Kostenexplosion beim Bau des Besucherparkzentrums fehle es in Stuttgart am "politischen Willen", aus Osswalds Sicht jedenfalls nicht am Geld. 1,5 Millionen Euro hatte sich die Region erhofft, als Anschubinvestition. Dazu kämen die Folgekosten des laufenden Betriebs. Zwei Milliarden Euro "Spielraum" biete der neue Doppelhaushalt des Landes. Osswald deutet an, dass es bei den 90 Stellen, die im Nationalpark geschaffen wurden, und den 3000 neuen Stellen, die das Land noch schaffen will, Luft für 3,5 Stellen für den Tierpark geben müsse. Sie könnten beim Nationalpark angesiedelt werden. Dessen Leitung finde das Wisente-Projekt im Übrigen gut, auch aus pädagogischer Sicht, dürfe dies aber nicht laut sagen: "Da das Ministerium das Projekt aufgrund der Entwicklung beim Infozentrum nicht finanzieren will", vermutet Osswald.

Dass sich das Land beim Besucherzentrum verkalkuliert hat, dürfe nicht dazu führen, dass andere "aus der Region mit privatem Kapital entwickelten Projekte nicht umgesetzt werden können". Außerdem gebe es Möglichkeiten, die Betriebskosten des Tierparks "in enger Zusammenarbeit mit dem Nationalpark" weiter zu senken. Es fehle nicht an den Voraussetzungen, sondern am Willen. "Sollten wir dieses in allen Belangen sinnvolle Projekt beerdigen müssen, so muss ich meine positive Haltung zum Nationalpark tatsächlich infrage stellen", schließt Osswald. "Und da bin ich sicherlich nicht der Einzige." u Baden-Württemberg