Das Lesen mit Kindern gehört zu den Inhalten des Hippy-Programms Symbol-Foto: Wagner Foto: Schwarzwälder Bote

Förderprogramm: Stadt will sich an "Hippy" beteiligen / Niedrigschwelliges Angebot für Vorschulkinder

Freudenstadt wird zur "Hippy"-Stadt. Das hat nichts mit den Blumenkindern der 60er-Jahre zu tun, sondern ist ein Hausbesuchsprogramm der frühen Bildung.

Freudenstadt. Hinter "Hippy" verbirgt sich der sperrige Begriff "Home Interaction for Parents and Preschool Youngsters", will heißen die Verbesserung von Bildungschancen für Kinder durch Besuche von ausgebildeten Kräften in den Familien (siehe Info). Die Freie Wählervereinigung im Gemeinderat hatte die Teilnahme der Stadt am Hippy-Programm bei den Haushaltsberatungen beantragt. Jetzt behandelte der Ausschuss für Verwaltung, Tourismus und Soziales (VTS) das Thema.

Bürgermeisterin Stephanie Hentschel erläuterte, dass die Materialien zum Einstieg in das Programm gefördert werden. Beginnen wolle man in Freudenstadt mit einer Familienbesucherin, die bis zu fünf Familien betreuen soll. Dann könne man das Programm sukzessive ausweiten und eventuell auch Sponsoren für weitere Hausbesucherinnen suchen.

Die Koordination des Projekts soll eine Mitarbeiterin im Kinder- und Jugendzentrum übernehmen, die im April neu anfängt. Auch ehrenamtliche Kräfte und Kooperationspartner könnten gesucht werden. Hentschel bezeichnete das Hippy-Programm als gute Hilfestellung für die frühe Bildung von Kindern in den eigenen vier Wänden.

Stadträtin Beate Gernsheimer (Freie Wähler) hielt das niedrigschwellige Angebot des Programms für Kinder im Vorschulalter für eine gute Basis zur Verbesserung der Bildungschancen. Von den Ausschussmitgliedern gab es eine Reihe von Fragen zum Hippy-Projekt. So wollte Stadträtin Carola Broermann (CDU) wissen, wie die Stadt an die Familien kommt, die gefördert werden sollen. Dabei könnten die Integrationsmanager des Landkreises oder das Familien-Zentrum behilflich sein. Die Kontakte könne die Koordinatorin herstellen, antwortete Bürgermeisterin Stephanie Hentschel. Stadträtin Bärbel Altendorf-Jehle (Bürgeraktion) fragte nach eventuellen Doppelstrukturen, denn es gebe ja auch andere Angebote. Das Programm Hippy solle sich mit anderen Angeboten ergänzen, sagte die Bürgermeisterin. "Hippy" gebe es bislang im Landkreis noch nicht.

OB: Aufwand ist überschaubar

Nach der Art der Förderung fragte Stadträtin Regine Haug (SPD). Die Stadt erhalte zum Projektstart die Materialien, erläuterte Stephanie Hentschel. Regine Haug sah das Programm eher kritisch. In Baden-Württemberg werde in dem Bereich der kindlichen Bildung viel Geld investiert, zum Beispiel im Programm SBS (Singen, Bewegen, Sprechen). In den von "Hippy" angesprochenen Altersgruppen werde in den Kindergärten viel gemacht. Die Stadt Füssen sei aus "Hippy" ausgestiegen, weil der Erfolg in keinem Verhältnis zum Aufwand gestanden habe. Bürgermeisterin Hentschel entgegnete, dass in den Kindergärten viele Kinder einen Migrationshintergrund haben. Man stelle fest, dass es bei diesen Kindern gerade im Elementarbereich Defizite gibt. Stadträtin Haug kritisierte zudem, dass das ganze Projekt finanziell nicht überschaubar sei.

Oberbürgermeister Julian Osswald klinkte sich in die Diskussion mit der Bemerkung ein, dass der Aufwand für die Koordination mit nur einer Familienbesucherin sehr wohl überschaubar sei. Man gehe auch nicht in Familien, die durch andere Projekte versorgt werden. Nach zwei Jahren werde es eine Evaluation geben, so der OB. Haugs Fraktionskollege Günter Braun war der Meinung, dass die Stadt es mit "Hippy" probieren sollte. Es schließe Lücken in der bisherigen Betreuung. Allerdings dürfe es kein reiner Sprachunterricht sein. Bei einer Gegenstimme von Regine Haug beschloss der Ausschuss den Einstieg in das Programm Hippy.

Freudenstadts Bürgermeisterin Stephanie Hentschel erläuterte das Programm Hippy, in das die Stadt einsteigen will.

"Hippy" wurde 1969 an der Hebräischen Universität in Jerusalem entwickelt. Bundesweiter Lizenzgeber ist der Verein Impuls Deutschland-Stiftung. Er ist auch zuständig für die Weiterentwicklung und Qualitätssicherung. Das Programm für Familien mit Kindern im Alter von vier bis sieben Jahren zielt auf die Stärkung der Eltern-Kind-Beziehung und die Vorbereitung des Kindes auf den Schuleinstieg ab. Das Programm Hippy richtet sich auch an Familien mit Migrationshintergrund, Familien in schwierigen Lebenslagen und Familien mit Förderbedarf. Die teilnehmenden Familien sollen sich in Begleitung einer geschulten Hausbesucherin mit Kinderbüchern und eigens dafür entwickelten Arbeitsheften und Begleitmaterialien beschäftigen. Mit dieser Kombination sollen alle kindlichen Entwicklungsbereiche angesprochen werden. Aufgabe der Eltern ist es, sich täglich 15 bis 20 Minuten gemeinsam mit ihrem Kind mit den Büchern und den jeweiligen Arbeitsheften zu beschäftigen. Die Hausbesucherinnen unterstützen die Familien im Umgang mit den zur verfügung gestellten Materialien und geben bei Bedarf auch Hilfestellung.