Das Amtsgericht Freudenstadt. Foto: Archiv: Bias

Verhandlung gegen Betreiber von Personaldienstfirma ist beendet. Hohe Forderungen angelaufen.

Freudenstadt - Mit einem Freispruch am sechsten Verhandlungstag endete der Prozess gegen ein Paar aus Schorndorf, dem die Staatsanwaltschaft Rottweil gemeinschaftlichen Betrug in 20 Fällen und gemeinschaftlichen Betrug in drei weiteren Fällen zur Last gelegt hatte.

Das Schöffengericht am Freudenstädter Amtsgericht hatte eine Vielzahl von Zeugen befragt, um Licht in die Gepflogenheiten der Personaldienstfirma mit Sitz im Kreis zu bringen, mit der das angeklagte Paar ihre "Geschäfte" abwickelte. Es waren vorwiegend Stellen im Tier- und Pferdepflegebereich, die im Jahr 2014 vermittelt wurden und um die es nun ging.

Die Aufträge kamen zum Großteil über ein Call-Center. Das Paar vermittelte auch über das Internet Jobs an Arbeitsuchende und Arbeitgeber, vor allem an Pferdehöfe und Gestüte. Sie verkauften den Arbeitssuchenden kostenpflichtige Bewerbungsmappen zum Stückpreis von 30 Euro, die per Nachnahme an sie verschickt wurde.

Mitarbeiter aus Call-Center sagen aus

In den meist vorab zustande gekommenen Verträgen mit den Arbeitssuchenden aus allen Teilen Deutschlands war dies wohl auch ordnungsgemäß vermerkt, auch wenn dies nicht alle "Kunden" im Nachhinein wahr haben wollten. Die Zeugen am letzten Verhandlungstag waren hauptsächlich Mitarbeiter des Call-Centers, die Firmen und Arbeitssuchende anriefen, um "Kontakte zu knüpfen".

Die Daten von Interessenten wurden an die Personaldienstfirma weitergeleitet, die daraufhin meist kostenpflichtige Nachnahmesendungen verschickte. Die Kunden waren mit der Nachnahmezustellung jedoch oft "überfordert", nahmen diese erst gar nicht an, weil sie nicht mit so hohen Kosten gerechnet hatten oder zahlten in anderen Fällen die Rechnungen nicht.

Die Forderungen summierten sich daraufhin mit Mahngebühren und Inkassokosten und landeten schließlich bei einem Anwalt, der die Personaldienstfirma wegen Betrugs oder versuchten Betrugs und der Vorspiegelung falscher Tatsachen anzeigte.

Als sich die Anzeigen bei der Polizei summierten, durchsuchte diese die Geschäftsräume der Firma und sicherte die Kundenstammdaten. 85 Personen und Firmen wurden daraufhin von dem ermittelnden Polizeibeamten vom Polizeireviert Freudenstadt angeschrieben, um mithilfe eines Fragebogens mehr über die Geschäfte der Firma zu erfahren. 21 Rückmeldungen kamen zurück von "Kunden", die sich "betrogen gefühlt hatten".

Eine entscheidende Zeugin war die "Call-Center-Agentin" aus Nürnberg, die mit vier weiteren Mitarbeitern von August bis November 2014 Anrufe tätigte und Kontaktdaten vermittelte.

Durch ihre Aussage und die eines weiteren Zeugen wurde klar, dass es wohl bei der Übermittlung der Daten Missverständnisse, Irrtümer und Fehler gab und dass angebliche Interessenten, die das Call-Center weiterleitete und die daraufhin eine Nachnahmesendung erhielten, gar keine waren.

Fall liegt drei Jahre zurück

Nachdem das Beweisprogramm durch war, sprach der Vorsitzende des Schöffengerichts ein offenes Wort. Es stelle sich die Frage, wie man mit dem Beweisergebnis umgehen solle. Grundsätzlich müsse das Gericht jedoch nicht von der Unschuld sondern von der Schuld der Angeklagten überzeugt sein, betonte er. Der Fall liege drei Jahre zurück, viele Fragen seien offen geblieben, viele Protokolle seien nicht mehr vorhanden und man müsse davon ausgehen, dass aufgrund der Fehler im Call-Center Daten verschickt worden seien, die gar nicht gewollt waren.

Die Staatsanwaltschaft forderte den Freispruch der beiden Angeklagten, denn die Beweisaufnahme habe den Sachverhalt "nicht bestätigt". Die beiden Anwälte Michael Erath und Hanno Haupt sahen das gleichermaßen. Durch den Fragebogen der Polizei mit dem Zusatz: "Fühlen Sie sich betrogen" sei der Fall einseitig verlagert worden. Nur weil Menschen ein "ungutes Gefühl" hätten, läge noch lange kein Betrug vor, sagte er. Es sei alles juristisch korrekt und daher komme nur ein Freispruch in Frage, sagte Rechtsanwalt Hanno Haupt.

So sah es auch Richter Gross. Es bestünden Zweifel an der Schuld der Angeklagten, und dann dürfe kein Schuldspruch erfolgen, sagte er. Die Verträge seien wohl nicht durchgelesen und dennoch unterschrieben worden und ein zwischengeschaltetes Call-Center habe wohl falsche Daten weitergegeben.