Beim Besuch am Naturschutzzentrum Ruhestein im Nordschwarzwald war Winfried Kretschmann (links) einer Meinung mit Greenpeace-Aktivisten. Nun aber setzen ihm die Kritiker zu. Foto: Deck

Im Nationalpark-Streit wird Tonlage schärfer. CDU: Landesregierung hat sich schon festgelegt.

Freudenstadt - Die Auseinandersetzungen um einen Nationalpark im Nordschwarzwald nehmen an Schärfe wieder zu: CDU-Politiker im Land werfen den Grünen inzwischen »Basta-Politik pur« vor.

Dabei hatte es noch am Sonntag so ausgesehen, als habe sich der Konflikt beruhigt. Bei einer publikumswirksamen Wanderung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Ruhestein bei Seebach im Ortenaukreis mitten im möglichen Nationalpark-Gebiet war kaum Kritik an dem Nationalpark-Projekt aufgekommen. Lediglich eine Delegation des Vereins »Unser Nordschwarzwald« wies auf die Unterschriftenliste hin, auf der sich inzwischen 25 000 Bürger gegen den Park aussprechen.

Kretschmann seinerseits hatte eindeutige Sympathien für das Projekt erkennen lassen. Doch eben diese Werbung des Regierungschefs für die Nationalpark-Idee könnte jetzt nach hinten losgehen. Jedenfalls meinen die beiden CDU-Landtagsabgeordneten Thomas Blenke und Norbert Beck »große Enttäuschung und Ernüchterung« in der Bevölkerung zu erkennen. Den Ministerpräsidenten, sagen sie, interessiere das Votum der Menschen gar nicht.

»Das ist perfekter Wortbruch«

Die Sichtweise der beiden Landtagsabgeordneten: Ursprünglich hat die grün-rote Landesregierung zugesagt, die Bürger an der Entscheidung zu beteiligen – mittels Begutachtung, regionalen Arbeitskreisen, Bürgerbefragungen und Diskussionen vor Ort. Jetzt aber sei die Katze aus dem Sack, die Landesregierung schaffe bereits Fakten, habe sich vorfestgelegt. »Das ist perfekter Wortbruch«, erklären Beck und Blenke. Sie sprechen von einer »Ohrfeige für die Bürgerinnen und Bürger in der Region«, von nicht mehr zu überbietender Arroganz.

Dabei gerät Ministerpräsident Kretschmann selbst ins Zentrum der Kritik. Der Grünen-Politiker nämlich hatte am Ruhestein gesagt, mit der Bevölkerung vor Ort werde auf Augenhöhe gesprochen, entschieden aber werde im Landtag. Wörtlich: »Da muss man nicht lange rummachen, das ist klar sortiert.« Diese Aussage lasse die Menschen im Nordschwarzwald zweifeln, ob sie von der Regierung »überhaupt ernst genommen werden«, wird kritisiert. Die Zuständigkeit des Landtags für die Nationalpark-Entscheidung freilich wird von den beiden Abgeordneten nicht ausdrücklich in Abrede gestellt.

Noch etwas allerdings passt Norbert Beck, dem früheren Bürgermeister der Gemeinde Baiersbronn, die unmittelbar vom Nationalpark betroffen ist, und Thomas Blenke (Calw) nicht: Zur Kretschmann-Visite seien sie noch nicht einmal eingeladen worden – »übrigens signifikant für den Umgang dieser Regierung mit kritischen Parlamentariern«, wie sie gallig anmerken. Dabei sei Kretschmann durch Protest ins Amt gespült worden, da müsse er Kritik schon aushalten: »Wir erleben die Ökofraktion in der politischen Auseinandersetzung derart dünnhäutig.«

Der barsche Ton von Blenke und Beck könnte indes auch damit zu tun haben, dass sich die CDU im Land mit ihrem eigenen Kurs in Sachen Nationalpark schwertut. In Diskussionen vor Ort geben sich CDU-Politiker park-kritisch, mehr und mehr finden sich aber innerhalb der Partei auch Befürworter. So wird morgen eine Gruppe um den früheren CDU-Umweltminister Erwin Vetter und den ehemaligen Staatssekretär Hans-Jochen Henke eine Erklärung »Christdemokraten pro Nationalpark Schwarzwald« vorstellen. Die Ausgangsidee stamme schließlich vom populären früheren Landwirtschaftsminister Gerhard Weiser. »Die Idee ist zutiefst konservativ, im Grund ist der Nationalpark ein CDU-Projekt«, sagt etwa Oliver Rastetter, Bürgermeister der Gemeinde Lauf im Ortenaukreis. Zudem sei der Widerstand der Bevölkerung vor Ort gar nicht so groß, wie es auf den ersten Blick erscheine.