Gut drauf: Wolfgang Gäbler mit seiner Familie (von links) Quentin, Anjella, Kris und Rafael vor der Miami-Skyline. Foto: Privat

 Gebürtiger Freudenstädter veröffentlicht Buch über seine Erfahrungen in New York. Mit Interview.

Freudenstadt - Einmal Schwarzwald nach Amerika – und wieder zurück? Wolfgang Gäbler, gebürtiger Freudenstädter, ist vor ein paar Jahren in die USA übergesiedelt. Seine Erfahrungen hat er jetzt in ein Buch gepackt. "Nie wieder New York" lautet der Titel. Wir sprachen mit ihm, über seine Erlebnisse und das Auswandern.

Herr Gäbler, was sagt man, wenn plötzlich Leonardo Di Caprio und Tyra Banks neben einem im Aufzug stehen?

Das ist zu Beginn schon ein aufregendes Gefühl, selbst dann, wenn man so wie ich berühmte Menschen auch nur für Menschen hält. Bei uns im Gebäude haben davon aber so einige gewohnt. Insofern gewöhnt man sich daran.

Jeder Tag in New York sei spannend, aber auch chaotisch, schreiben Sie in Ihrem Buch. Inwiefern?

Sagen wir’s mal so: Nur in New York kann es einem passieren, dass man morgens aufsteht, im Aufzug mit Dave Gahan, dem Frontmann von Depeche Mode, nach unten fährt, dann fürs ZDF wegen einer Protestaktion interviewt wird, man kurz danach neben Marius Müller Westernhagen am Fußgängerüberweg steht und einem ein paar Stunden später das eigene Fahrrad gestohlen wird. Die Erlebnisdichte ist dort einfach deutlich höher als irgendwo anders.

Hält man das als Schwarzwälder auf Dauer aus?

Ich dachte, ja! Gerade, wenn man behütet aufgewachsen ist, kann ein wenig Trubel nicht schaden. Aber irgendwann wurde es uns dann doch zu viel, und wir sind nach Miami geflüchtet.

New York ist sicher für viele ein Traumziel. Ist es das immer noch, wenn man mal dort war?

Wenn man Städte mag, bleibt New York immer spannend. Auch und gerade, wenn man sich auskennt und nicht nur die typischen, überlaufenen Touristenattraktionen abklappert. Es gibt schon sehr, sehr viel zu sehen. Aber für jemanden, der gerne im Schwarzwald wandern geht, ist es möglicherweise nicht das Richtige.

Ist es ratsam, einfach mal blauäugig dorthinzuziehen? Haben Sie Tipps zur Vorbereitung?

Ein wenig Blauäugigkeit kann meiner Meinung nach im Leben nicht schaden. Wenn man schon immer vorher genau zu wissen meint, was passieren wird, ist das Leben unter Umständen recht langweilig. Wir Deutschen neigen ja dazu, uns akribisch vorzubereiten. Und das Leben lehrt uns dann oft genug, dass das nicht immer den gewünschten Effekt mit sich bringt. Manchmal muss man einfach ins kalte Wasser springen, um die erfrischende Wirkung erleben zu können. Trotzdem schadet es nicht, wenn man ein Buch, wie meins, vorher liest.

Welchen Fehler sollten Auswanderer auf keinen Fall machen im Big Apple?

Zu glauben, dass man ohne ein finanzielles Polster die Anfangszeit schon irgendwie überstehen wird. Es ist tatsächlich schwer und wirklich extrem teuer. In unserem Gebäude hat schon das Mieten eines Garagenstellplatzes 2000 Dollar pro Monat gekostet, und für unsere Fahrräder hätten wir pro Monat 375 Dollar zahlen sollen. Auch Glückspilze können in New York, selbst bei härtester Arbeit und Engagement, auf die Nase fallen.

Wie sollte man gestrickt sein, um in die USA auszuwandern?

Auswandern bringt eine Menge Veränderung mit sich, und viele Dinge werden ganz anders laufen, als man das vorher geplant hat. Flexibilität und Improvisationskunst schaden sicherlich nicht. Außerdem ist der durchschnittliche Amerikaner meiner Erfahrung nach deutlich optimistischer als der durchschnittliche Deutsche. Es schadet also nicht, wenn man eher zu den positiv Denkenden gehört, aber ohne diese Eigenschaft wandert man wahrscheinlich erst gar nicht aus.

Welche Ihrer romantischen Vorstellungen ist als erste geplatzt, und was war besser als erhofft?

Ich liebe Kunst und Kultur in jeder Form. Davon gibt es in New York mehr als man sich vorstellen kann. Die kulturelle Traumblase platzt aber spätestens dann, wenn man, weil in New York noch so viele andere Kulturliebhaber ihr Unwesen treiben oder versuchen einem die Eintrittskarten wegzuschnappen, vergeblich versucht, Tickets für populäre Events zu bekommen – oder man dann ein paar tausend Dollar dafür bezahlen muss. Besser als erwartet waren die Schulen für unsere Kinder. So motivierte, positive und liebenswürdige Lehrer habe ich in Deutschland leider nur sehr wenige kennengelernt.

Mittlerweile leben Sie in Miami. Wie kam’s?

Amüsanterweise "fliehen" Zehntausende jedes Jahr aus New York nach Miami. Die Stadt ist voll mit ehemaligen New Yorkern. In Miami ist alles etwas gemütlicher, weniger überlaufen und auch kostengünstiger. Die Frage ist nur, wie lange das noch so bleibt. Außerdem ist es im Winter etwas wärmer als im Big Apple.

Zieht es Sie irgendwann wieder zurück in den Schwarzwald?

Haha! Tatsächlich erfreue ich mich jetzt mehr an Natur und Ruhe als jemals zuvor. Ich hoffe wirklich, dass es nicht an meinem Alter liegt, sondern einfach nur daran, dass man manchmal einfach fortgehen muss, um zu sehen, wie schön es eigentlich zu Hause ist!

"Nie wieder New York: Zwei Jahre New York City" lautet der Titel des Buchs von Wolfgang Gäbler. "Mit Leonardo DiCaprio, Tyra Banks oder Dave Gahan (Depeche Mode) im Aufzug oder einfach nur auf der Flucht vor Hurricane Sandy. Zwei verrückte Jahre lang haben wir in New York City gelebt und dabei sehr viel Interessantes und Spannendes erlebt. Das ›normale‹ Leben, das man sich vielleicht vorstellt, wenn man als Tourist in diese Mega-City reist, findet in Wirklichkeit nicht statt. Jeder Tag ist anders und jeder Tag ist spannend, aber auch chaotisch und nervenaufreibend. Der Titel des Buches heißt nicht umsonst ›Nie wieder New York‹", heißt es in der Einleitung. Gäbler ist mittlerweile 53 Jahre alt und Geschäftsführer einer Firma. Seit August 2012 lebt er mit seiner Familie in den USA, mit seiner Frau Kristinka Selesi und den Kinder Quentin und Rafael (9) sowie Anjella (16).