Und doch gleicht kein Haus dem anderen, erklärte Nils Krieger (Mitte) im Museum im Stadthaus. Foto: Heimat- und Museumsverein Foto: Schwarzwälder Bote

Geschichte: Architekt Nils Krieger erläutert bei Führung Werk von Städteplaner Ludwig Schweizer

Da staunte sogar manch eingefleischter Freudenstädter: Viel Interessantes, allerhand Neues und ein paar Anekdoten über "Professor Mäuerle" erfuhren die Teilnehmer bei einer Sonderführung auf den Spuren von Städteplaner Ludwig Schweizer.

Freudenstadt. "Professor Mäuerle" wurde Ludwig Schweizer in Fachkreisen genannt, weil er es verstand, mit dem Gestaltungselement Mauer – meist aus Sandstein – Räume zu schaffen und Räume zu trennen. Etwa den oberen vom unteren Marktplatz. Ludwig Schweizer war Planer und Macher des "Wunders im Quadrat", in dem das im Krieg völlig zerstörte Freudenstadt neu entstand.

Darüber hat Architekt Nils Krieger zusammen mit dem Heimat- und Museumsverein Freudenstadt und einigen Co-Autoren ein Buch geschrieben, das im Sommer erschienen ist und vielstimmig gelobt wurde. Jetzt bot der Verein mit Nils Krieger eine Sonderführung zu den markantesten Elementen der Stadterneuerung an: Rathaus, Stadthaus, Kurhaus. Alle drei Gebäude sind in der Endphase der nur sechsjährigen Wiederaufbauzeit entstanden, wurden als Krönung des Gesamtwerks in den Jahren 1952 (Kurhaus, Rathaus) und 1954 (Stadthaus) eingeweiht. Nach fünfjähriger Diskussion setzte sich seinerzeit Ludwig Schweizer mit seinem Rahmenplan zum Wiederaufbau durch, der die Freudenstädter überzeugte. Schweizer verleugnete dabei nicht die alte Idee von der Freudenstadt, sondern interpretierte diese neu, widerstand der Verlockung, in die Moderne der Stuttgarter Architektenschule zu verfallen. Ihm sei das Kunststück gelungen, trotz großer Vielfalt, in der kein Haus dem anderen gleicht, ein einheitliches Stadtbild zu schaffen, so Nils Krieger: "Schweizer hat die Seele der Stadt erhalten". Und das mit einfachen Mitteln in Zeiten, in denen alles knapp war. Krieger wurde deutlich: "Wenn Freudenstädter dies nicht schätzen, sind sie schlecht beraten".

Stadthaus wirkt als Raumteiler

An Beispielen machte Krieger die Handschrift und manchen Kunstgriff Schweizers deutlich. Das Verlassen der sogenannten "Achse" zum Beispiel. So steht das Stadthaus leicht schräg auf dem oberen Marktplatz und wirkt so – natürlich mit dem Mäuerle – als Raumteiler zum unteren Marktplatz. Oder die leicht schrägen Treppen, die gewölbten Holzdecken in Rathaus, Stadthaus und Kurhaus, die dezent verspielten Details wie Lampen, Treppengeländer oder völlig unnütze Balkons und Nischen.

Das Rathaus war ursprünglich ein Eckhaus. Schweizer deutete dies mit der Stellung des neuen Gebäudes und dem Turm nur an, gab dem Rathaus dafür, entsprechend seiner Bedeutung, besonders ausladende Arkaden. Das Stadthaus hat nach Schweizers Idee "Zugänge von allen Seiten, wie ein demokratisches Bürgerhaus sein muss", lobte Jens Krieger.

Bei den Fontänen am unteren Marktplatz und beim Memminger-Brunnen auf dem Postmarktplatz wurden auch Stationen der neueren Zeit besprochen. Nils Krieger war überzeugt, dass Fontänen und Brunnen dem Stadtbaumeister Ludwig Schweizer viel Freude bereitet hätten.

Das Buch: "Ludwig Schweizer – Architekt zwischen Tradition und Moderne"; 160 Seiten mit zahlreichen Fotos und Plänen; 25 Euro. Erhältlich im Buchhandel sowie beim Heimat- und Museumsverein im Museum im Stadthaus.