Özcan Cosar bescherte seinem Publikum einen höchst vergnüglichen Abend. Foto: Günther Foto: Schwarzwälder Bote

Comedy: Özcan Cosar nimmt deutsche und türkische Befindlichkeiten unter die Lupe / Ausverkaufter Saal

Einen höchst vergnüglichen Abend bescherte der Comedian Özcan Cosar dem Publikum im restlos ausverkauften Kienbergsaal des Freudenstädter Kurhauses mit seinem neuen Programm "Old School – Die Zukunft kann warten".

Freudenstadt. Dies gelang dem Künstler, indem er äußerst pointenreich, wortgewandt und amüsant die deutschen und türkischen Befindlichkeiten unter die Lupe nahm. Wobei das Großartige nicht in erster Linie die Sketche und flotten, mit Selbstironie getränkten Monologe waren. Die eigentliche Stärke des fast dreistündigen Programms lag in seinem Tiefgang. Denn was der in Bad Cannstatt geborene Sohn türkischer Gastarbeiter mit seinem Kleinkunstprogramm darüber hinaus erreichte, war mehr als bloß gute Unterhaltung.

Cosar gab gleichzeitig ein überzeugendes Statement für Toleranz und Menschlichkeit, für gelungene Integration ab und dafür, wie sich Kulturen gegenseitig bereichern können. Herrlich die Schilderungen seiner Kindheit in Stuttgart, seine Erlebnisse als nicht immer motivierter Schüler und seine Abenteuer mit seiner Jugendgang, deren größtes Vergehen aus abendlichem Klingelputzen bestand. Oder auch prägnante Erfahrungen als Teenager: Zusammen mit seiner Breakdance-Gruppe verpasste er die letzte S-Bahn und hoffte vergeblich, dass das Elterntaxi doch so funktionieren möge "wie bei den Deutschen".

Wie höchst unterschiedlich Feste in den verschiedenen Kulturen gefeiert werden, offenbarte sich in eindrücklichen Schilderungen seiner Kindheitserlebnisse am Nikolaustag. Urkomisch auch die von ihm geschilderten Alltagsszenen seiner türkischen Herkunftsfamilie, die vom Kampf um die "Aldi-Brötchen mit Boppel in der Mitte" bis zum seinem Bekenntnis reichen: "Draußen sind die Türken Machos, drinnen spülen sie das Geschirr." Alles war untermalt mit pantomimischen Darstellungen und kleinen Sketchen. Er selbst, so Cosars schonungslose Analyse, gehörte als Jugendlicher mit türkischer Herkunftsfamilie der Generation "Dolmetscher und Botschafter", zu einer Generation, die die Aufgabe hatte, die Welt da draußen auszukundschaften. Lacher erzielte er mit seiner Schilderung eines Arztbesuchs seiner Mutter, den er als Übersetzer begleiten musste. Gekonnt und höchst kurzweilig wechselte der bilingual aufgewachsene Künstler dabei fortlaufend zwischen verschiedenen Sprachen und Sprachebenen. Da führt er Dialoge sowohl im breitesten Honoratiorenschwäbisch als auch im gebrochenen Deutsch. Es folgten Unterhaltungen voller Interferenzfehler, das heißt mit gespielten, muttersprachlich bedingten Sprachfehlern.

Künstler erweist sich auch als Sprachtalent

Zwischendurch erwies der Künstler Sprachtalent bei der Unterhaltung mit einer griechischen Besucherin in deren Muttersprache. Natürlich waren auch Sequenzen in türkischer Sprache zu bewundern. Ganz in seinem Element war Cosar auch bei einer kleinen Nachhilfestunde in "Basic Türkisch", in der er ihm fehlende Wörter in türkischen Sätzen durch deutsche ersetzte. Was den gegenseitigen Umgang in Deutschland anbelangt, zeigte sich Cosar vom Umgang der Polizei mit Straftätern irritiert, der laut seiner Beobachtung nach dem Prinzip "Wir gehen jetzt erst mal zum Sozialpädagogen" abläuft. Klar wird allerdings, dass Cosar eindeutig Position bezieht und sich zum deutschen Rechtsstaat bekennt: "Meiner Meinung nach leben wir im tolerantesten Land der Welt, man darf sich daher nicht beschweren." Das gespannt lauschende Publikum bat er: "Helft mit, dass das auch so bleibt". Klar bezog Cosar Stellung zur islamistischen Bedrohung und gab bekannt: "Auch wir Muslime haben Angst vor dem Terror." Für Cosar sind Terroristen keine Muslime, "sondern Verbrecher, die Zitate aus dem Koran aus dem Kontext reißen und für ihre Zwecke umdeuten". Folgerichtig forderte er daher seine Zuhörer dazu auf: "Wir müssen lauter sein als die da draußen."

Was ihn selbst anbelangt, hat der Träger mehrerer Kleinkunstpreise seine Balance gefunden: "Ich bin beides, Türke und Deutscher, ich liebe die Türkei und ich liebe Deutschland. Wir sind alle gleich." Das Publikum dankte dem Künstler für einen höchst unterhaltsamen Abend voller Tiefgang mit lang anhaltendem Applaus.