Zahlreiche neue Wohnungen wurden in den vergangenen beiden Jahren im Kreis Freudenstadt gebaut. Foto: Rath Foto: Schwarzwälder Bote

Soziales: In Kreis und Land tut sich was auf dem Bausektor – laut Statistik allerdings noch zu wenig

Es tut sich was auf dem Neubau-Sektor im Kreis Freudenstadt. Allerdings gibt es noch deutlichen Nachholbedarf, gerade im Vergleich zu anderen Landkreisen.

Kreis Freudenstadt. So lassen sich die aktuellen Zahlen des statistischen Landesamts Baden-Württemberg interpretieren. Entwicklungen, Trends und Prognosen hat die Behörde in ihrem Monatsheft unter dem Titel "Baugenehmigungen im langjährigen Vergleich und ihre Verteilung auf die Stadt- und Landkreise Baden-Württembergs" jetzt veröffentlicht. Außerdem gibt es aktuelle Vergleichszahlen zu Baugenehmigungen.

Die positive Botschaft: Es tut sich was in Sachen Neubau-Tätigkeit im Land, wenngleich nicht überall und noch lange nicht genug. Die tröstliche Nachricht des Berichts: Angebot und Nachfrage passen nie hundertprozentig überein. Die Erfahrung zeige: Bau-Booms und -Flauten erfolgen meist in Wellen und mit Zeitverzögerungen. Erst steige oder stagniere die Einwohnerzahl in den Kreisen, etwas später machte sich das in der Nachfrage nach Wohnraum bemerkbar. Politik und Wirtschaft können sich also bis zu einem gewissen Grad darauf einstellen – und aus Fehlern der Vergangenheit lernen.

Die hitzige Bautätigkeit in den 70er-Jahren sei demnach am Bedarf vorbeigegangen und habe viel Leerstand produziert. Die Verantwortlichen hätten einfach nicht registriert, dass die "Wirtschaftswunderzeit" der Nachkriegsjahre zu Ende ging und die Familien zuletzt weniger Kinder bekommen hatten. Sprunghaft stieg der Bedarf wieder nach großen Umwälzungen an, die dem Land viel Zuzug brachte: das Ende der DDR 1989 und die Flüchtlingskrise 2015. Aber auch gesellschaftliche Änderungen hätten Spuren hinterlassen: Es gebe heutzutage mehr Single- und Kleinhaushalte. Im Durchschnitt lebten aktuell 2,1 Bewohner in jeder Einheit. Um 1950 seien Wohnungen noch mit rechnerisch 4,5 Leuten belegt gewesen.

Im Kreis Freudenstadt wurden 2017 rund 560 Baugenehmigungen für neue Wohnungen erteilt, 2018 sank die Zahl auf 457. Im laufenden Jahr wurden bis einschließlich Juli 224 neue Wohnungen genehmigt. 86 Wohnungen entstanden zuletzt in Einfamilienhäusern, der Großteil mit 101 Appartements in Gebäuden mit drei oder mehr Einheiten. Das deckt sich mit den Schlussfolgerungen des Amts für ganz Baden-Württemberg, denen zufolge vor allem Wohnungen nachgefragt sind, ob nun zur Miete oder als Eigentum.

In seiner jüngsten Vohersage, dass der ländliche Raum eine "Renaissance" erlebe, scheint Landrat Klaus Michael Rückert Recht zu behalten. In den Ballungsgebieten wie Stuttgart tut sich laut Landesamt vergleichsweise wenig, und wenn, dann nur in den sogenannten Speckgürteln. Es fehle schlicht an Bauland. Davon profitieren durch Zuzug aber vor allem die direkten Nachbarkreise wie Tübingen, aber auch Calw. Kräftig gebaut wird auch in Regionen zur Schweizer Grenze und in der wirtschaftlich starken Region Biberach. In Freudenstadt hingegen hält es sich aktuell in Grenzen.

Differenzierter Blick auf die Nachbar-Landkreise

Der Vergleich mit den direkten Nachbarkreisen bedarf eines differenzierten Blicks: In den vergangenen beiden Jahren tat sich dort in absoluten Zahlen zwar deutlich mehr. In Rottweil wurden 1245 neue Wohnungen genehmigt, auf der Zollernalb 1337, in der Ortenau 2987, in Calw 1341, in Tübingen 2831 und in Rastatt 2041. Aber sie haben auch deutlich mehr Einwohner. Im Verhältnis von Summe der genehmigten Neubau-Wohnungen umgerechnet auf 10 000 Einwohner, spielen Freudenstadt, die Ortenau und Rottweil praktisch in der selben Liga, ebenso der Schwarzwald-Baar-Kreis und die Medizintechnik-Hochburg Tuttlingen: 100 bis 120. Für die Zollernalb mit 187 000 Einwohnern (Freudenstadt: 117 000) fällt der Quotient auf unter 100. Der Landesdurchschnitt liegt bei 114 neuen Wohnungen je 10 000 Einwohner.

Jahreszahlen für einzelne Städte und Gemeinden vermeldet das statistische Landesamt übrigens nicht. Sie seien für kleinere Kommunen auch wenig aussagekräftig. Mal gebe es Jahre, in denen kein einziger Bauantrag genehmigt werde, dann steige die Zahl mit der Ausweisung neuer Wohngebiete plötzlich sprunghaft an. Für die absehbare Zeit sagt das statistische Landesamt im Übrigen noch weiteren Bedarf an neuen Wohnungen voraus.