Dänische Tennishoffnung: Holger Rune Foto: dpa/Jean-Francois Badias

Der Däne Holger Rune und der Norweger Casper Ruud stehen im Viertelfinale der French Open und machen damit die Menschen in ihrer Heimat glücklich. Jetzt spielen sie auch noch gegeneinander.

Rune und Ruud, das klingt skandinavisch. Aber vor allem haben Holger Rune und Casper Ruud auf ganz erstaunliche Weise den Pariser Tennistempel Roland Garros erobert. Rune ist Däne, Ruud Norweger. Was ihre nordeuropäischen Nachbarn aus Schweden mit ihren Tennislegenden Björn Borg, Stefan Edberg und Mats Wilander hingekriegt haben, das schaffen mit etwas Verspätung jetzt auch die Dänen und die Norweger: mit Rune und Ruud, den neuen Nordlichtern am Tennishimmel.

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Beide stehen im Viertelfinale der French Open, und wer im Wettbüro ein paar Kreuzer auf sie gesetzt hatte, der darf sich jetzt auf einen netten Zugewinn freuen. Herzerfrischend war es, wie der erst 19 Jahre alte Däne Rune den Vorjahresfinalisten Stefanos Tsitsipas im Achtelfinale aus dem Turnier warf. Er spielte abgezockt wie ein Großer und trat mit sympathischer Frechheit auf. Am Ende stand es 7:5, 3:6, 6:3, 6:4 für den Blonden aus dem hohen Norden, und Tsitsipas trabte fassungslos vom Platz. Wie konnte es nur passieren, dass die Nummer vier der Weltrangliste an der Nummer 40 scheitert?

Solche Geschichten machen den Reiz des Sports erst aus – und die Fans lieben sie. Die Pariser Zuschauer haben Holger Rune auch gleich ins Herz geschlossen. Weil er nach seinem Erfolg nichts von einer Eintagsfliege wissen wollte, sondern sich mit ganz klaren Zielen auf der Tennistour bewegt: Er will die Nummer eins werden. Irgendwann. Aber unbedingt! „Ich werde das nicht verheimlichen, denn das war immer mein Ziel“, sagte der Däne selbstbewusst, räumte aber auch ein: „Ich weiß, dass es noch ein langer Weg ist.“

Der Tenniskomet

Einer der besten Tennisspieler seines Landes, die es jemals gab, ist er aber schon jetzt. Holger Rune erreichte als erster Däne seit Jan Leschly bei den US Open im Jahr 1967 das Viertelfinale eines Grand-Slam-Turniers. So wundert es nicht, dass sie in Dänemark dieser Tage ein bisschen durchdrehen. Die Boulevard-Zeitung „B.T.“ bezeichnete Rune als „dänischen Tenniskometen“, und nun hoffen sie in dem kleinen Land, dass aus ihm ein großer Star wird, damit auch Dänemark mal seinen Boris Becker bekommt.

Aber es ist nicht nur das: Da ist auch noch Alma Rune, die vier Jahre ältere Schwester. Ihr eiferte der Bruder nach, ihr schaute er stundenlang beim Tennisspielen zu. Er ist am Ende dabei geblieben, während sie lieber einen Karriereweg als Model eingeschlagen hat. Dieser Tage ist sie in Paris, feuert ihren Bruder an und wird zur Zielscheibe der Fotografen. Die Familie Rune mischt gerade in Paris die Tennisszene auf und zieht – eigentlich ungewollt – eine kleine Show ab.

Starke Auftritte

Aber auch der Norweger Casper Ruud macht das. Er besiegte im Achtelfinale den Polen Hubert Hurkacz mit 6:2, 6:3, 3:6, 6:3 und bestätigte damit seine bislang überzeugenden Auftritte bei den French Open. Nur im dritten Satz wackelte der Skandinavier etwas, fing sich aber wieder und ließ dem Gegner keine Chance. Ruud ist der erste Norweger, der bei dem Sandplatzklassiker in der französischen Metropole so weit gekommen ist.

Casper Ruud ist 23 Jahre alt und hat sich schon seit längerer Zeit auf der Tour einen Namen gemacht, die Weltrangliste führt ihn auf Platz acht. 2021 erreichte er bei den Australian Open erstmals das Achtelfinale eines Majors, musste dort nach zwei verlorenen Sätzen gegen Andrei Rubljow jedoch verletzungsbedingt aufgeben. Bei den French Open 2021 erreichte er die dritte Runde, in Wimbledon war dagegen schon im ersten Hauptfelddurchgang Schluss. Danach gewann er aber innerhalb weniger Wochen die drei ATP-Turniere in Bastad, Gstaad und Kitzbühel und arbeitete sich auf Platz zwölf der Weltrangliste vor.

Der Vater ist der Trainer

Sein Vater Christian Ruud war auch schon Tennisspieler. Sein bestes Ergebnis bei einem Grand-Slam-Turnier war das des Achtelfinales bei den Australian Open 1997, die Weltrangliste führte ihn einmal auf Platz 39. „Er ist besser, als ich es war“, sagt Christian Ruud über seinen Sohn, den er als Trainer auf der Tour begleitet. Aber auch die Freundin des Tennisspielers ist immer dabei. „Wir sind ein kleines Team, vieles basiert auf der Familie und den engsten Menschen in meinem Leben“, sagt Casper Ruud.

Nun gibt es aus skandinavischer Sicht aber ein Problem. Nur einer wird in Paris das Halbfinale erreichen, denn an diesem Mittwoch heißt es im Viertelfinale ausgerechnet: Rune gegen Ruud. Der Norden ist gespannt.