Schmuck steht es heute da, das "Vergratene Wirtshaus", ein Freizeitheim des Stuttgarter CVJM Sonnenhof fünf Kilometer enzaufwärts von der Kernstadt bei der Guldenbrücke auf Markung Wildbad, das neben der L 353 erst von der Einfahrt aus so zu sehen ist. Foto: Schabert

Das "Vergratene Wirtshaus" Bad Wildbads befand sich jahrelang im Dornröschenschlaf. 1950 erweckte der CVJM das Gebäude zu neuem Leben.

Bad Wildbad - "Um jedes alte Haus ranken sich Geschichten und Sagen, so auch um das ›Vergratene Wirtshaus‹ und wie es zu seinem Namen kam", so beginnt eine Rückschau des CVJM Sonnenberg. Anlässlich des 60-jährigen Bestehens als Freizeitheim des Stuttgarter Vereins entstand 2011 die Beschreibung der jungen und alten Nutzung des Gebäudes, das gleich nach Querung der Guldenbrücke in Richtung Sprollenhaus ein wenig versteckt rechts oberhalb der Landesstraße 351 steht.

Woher kommt der Name "Vergratenes Wirtshaus"? Ein Teil der Geschichte kam laut der Schrift bei Bauarbeiten 2000 aufgrund architektonischer Besonderheiten und Nachforschungen an den Tag. Demnach soll vor mehr als 200 Jahren der Farrenhalter der Gemeinde diesen Platz als Wirtschaftsland mit Scheuer benützt haben. Weiter wird wörtlich erklärt: "Ende des 19. Jahrhunderts wurde daraus ein Magazingebäude für den Bau der Guldenbrücke. Deshalb hatte das Haus in früheren Jahren keine Zwischendecke und keine Zwischenwände. So weit ist die Geschichte gesichert." Später soll laut Überlieferung auf der Ebene einer Sage ein Wildbader Bürger versucht haben, für die Holzfuhrleute und Flößer des Oberen Enztals dort ein Wirtshaus einzurichten. Der Plan scheiterte aber, da ihm die Stadt eine Konzession verweigerte. Bald zog Armut und Unglück in das Haus an der Enz ein. Die Frau des verhinderten Wirts ertränkte sich mit ihrem Kind im Fluss und der Mann erhängte sich kurz darauf an einem Balken im Haus, das jetzt lange in einen Dornröschenschlaf versank. Im Jahr 1950 entdeckten es dann zwei junge Stuttgarter auf einer Schwarzwaldfahrt und wurden mit der Eigentümerin, der Stadt Bad Wildbad, handelseinig. Sie konnten das Gebäude für den Verein und den seither unveränderten Zweck erwerben. Der Name blieb erhalten, wie auch ein weiteres Stück der Sage: Noch heute soll die alte Wirtin bei Vollmond und Wiesennebel zwischen den Büschen aus der Großen Enz herauskommen und auf dem Gelände spuken.

Nach und nach kamen moderne Standards hinzu

Am 1. August 1950 beschloss der Wildbader Gemeinderat, die "baufällige Heuscheuer" mit etwas Gelände dem CVJM Sonnenberg zu verkaufen und angrenzende Flächen zu verpachten. Fleißige Hände gingen ehrenamtlich an die Arbeit, bauten einen Keller ein, installierten eine Küche, Toilette, einen "Waschtrog" und richteten das sanierte Gebäude mit Betten, Tischen, Bänken, Stühlen und sonst Nötigem ein. Am 3. Mai 1951 war Einweihung vom "Vergratenen Wirtshaus", das anschließend die ersten Sommerfreizeiten aufnahm. Zwei Jahre später war ein Tagesraum angebaut und 1958 machte der Anschluss an die Trafoanlage des Lautenhof-Sägewerks Strombezug und den Ersatz der Gasbeleuchtung möglich. Die Wildbader, die von dem geplanten Ausbau hörten, meinten, "des isch doch des ›Vergrotene Wirtshaus‹", und gaben so den Namen.

Seit 1951 wird das Gebäude vom CVJM aus dem Stuttgarter Stadtteil Sonnenberg als Freizeitheim genutzt und betrieben. Bei einer Vorstellung des 1947 gegründeten Zusammenschlusses berichteten die "Stuttgarter Nachrichten" 2012 aus dem Brief eines Gründers: "Wir sind kein Verein christlicher junger Männer, sondern ein christlicher Verein junger Männer. Das heißt: Christlich ist die Lebensbasis der CVJM, aber er umfasst alle jungen Männer aller Kreise und aller Konfessionen." Abgesehen von der Umbenennung der "Männer" in "Menschen" im Jahr 1979 sei diese Einstellung damals wie heute dieselbe, ergänzte seinerzeit der Vorsitzende Ulrich Metzger.

Immer wieder erfolgten Umbauten, Renovierungen und Erweiterungen. In den 1970er-Jahren wurden gebrauchte Garagen zu Geräteräumen und ein Schuppen zur Waschküche. Zehn Jahre später entstand die "Villa Epple". Es folgten weitere Um- und Neubaumaßnahmen auch nach einer grundlegenden Sanierung im Jahr 2000 auf den Standard der jeweiligen Zeiten. Seit 2007 besteht durch einen 600 Meter langen Abwasserkanal ein Anschluss an das Entwässerungssystem der Stadt Bad Wildbad. Angeboten wird das Freizeitheim heute von seinem Träger – der es natürlich fleißig auch selber nützt – auf der Homepage verschiedensten Gruppen als "gemütliches, uriges Selbstversorgerhaus mit 33 Betten".