Wir müssen draußen bleiben... Foto: dapd

Der VfB Stuttgart wollte als „Dank für das tolle Engagement“ Polizeibeamte zum Europa-League-Spiel gegen Molde FK einladen. Das Innenministerium hat den Beamten nach interner Prüfung untersagt, die Freikarten anzunehmen.

Stuttgart - Der Dienst der Polizeibeamten im Umfeld eines Spiels der Fußball-Bundesliga ist nicht immer ein Vergnügen. Sage keiner, der VfB Stuttgart wüsste den Einsatz der Beamten nicht zu schätzen. „Helfer, aufgepasst!“, war dieser Tage auf der Internetseite des Vereins zu lesen. Angesprochen waren nicht nur Polizisten, sondern auch Feuerwehrleute, Ärzte und Ersthelfer. Sie alle wollte der VfB für deren Arbeit an den zahlreichen Spieltagen belohnen. „Gegen Vorlage des Dienstausweises oder ähnlicher Arbeitsstellen-Nachweise“ sollten sich die Beamten und Helfer am 6. Dezember an der Mercedes-Arena ihre Freikarten abholen. Am Nikolaustag absolviert das Team von Trainer Bruno Labbadia sein letztes Gruppenspiel in der Europa League gegen Molde FK aus Norwegen.

Bei der Lektüre der Website hat ein Polizeibeamter dieser Tage zumindest Zweifel bekommen, ob sich das Angebot mit seiner Tätigkeit als Staatsdiener vereinbaren lässt. „Wir hatten eine Anfrage eines Beamten“, bestätigt ein Sprecher des baden-württembergischen Innenministeriums. In der Behörde an der Stuttgarter Dorotheenstraße hat man daraufhin „die Offerte des VfB unter dem Aspekt der Annahme von Belohnungen/Geschenken“ geprüft, heißt es in einer E-Mail-Korrespondenz, die dieser Zeitung vorliegt.

Gute Absicht des VfB Stuttgart kommt einer Vorteilsgewährung gleich

Das Ergebnis ist eindeutig: Bei dem Angebot handle es sich nach dem Beamtenstatusgesetz der Bundesrepublik „um einen in Bezug auf das Amt gewährten Vorteil“. Eine Freikarte für ein Fußballspiel sei zudem keine erlaubte „geringfügige Zuwendung“ im Sinne des Landesbeamtengesetzes. Kurz: Die Einladung zu dem Kick anzunehmen, wäre eine sogenannte Vorteilsannahme. Die Polizeibeamten würden sich strafbar machen. Die unterstellte gute Absicht des VfB Stuttgart kommt einer Vorteilsgewährung gleich. Dass das Angebot nicht angenommen wurde, spielt keine Rolle. Genau genommen könnte sich der VfB mit seiner per Homepage ausgesprochenen Einladung selbst strafbar gemacht haben. Eine Stellungnahme des Clubs blieb bis zum Abend aus.

Die rechtliche Bewertung des Innenministeriums ging am Dienstag dieser Woche an alle übergeordneten Polizeibehörden im Land und an das Landeskriminalamt. In einer internen Notiz des Stuttgarter Polizeipräsidiums wird am selben Tag die Aufforderung formuliert, „die Nachricht des Innenministeriums allen Beschäftigten (. . .) bekannt zu machen“.

Die Stuttgarter Polizei hat sich laut Polizeisprecher Stefan Keilbach „sehr restriktive Vorschriften“ gegeben, regelmäßige Belehrungen inbegriffen. Dass man sehr großen Wert auf Neutralität lege, verstehe sich von selbst. „Wenn der Polizeipräsident ins Stadion geht, bezahlt er seine Karte selber“, sagt Keilbach. Bei der Wahrnehmung repräsentativer Pflichten entscheide jeweils im Einzelfall das Innenministerium.

Stadträte waren in Verdacht geraten, bestechlich zu sein

Vorteilsannahme respektive Vorteilsgewährung ist auch innerhalb der Stuttgarter Stadtverwaltung immer ein heikles Thema, spätestens nach der sogenannten Freikartenaffäre, die kurz vor der Jahrtausendwende viel Wirbel entfacht hatte. Stadträte waren damals in Verdacht geraten, bestechlich zu sein. Sie hatten kostenlos Jahreskarten für den öffentlichen Personennahverkehr entgegengenommen. Im Jahr 2006 gab sich der Gemeinderat detaillierte Spielregeln dafür, was sie wann von wem annehmen dürfen, wozu sie sich einladen dürfen und was sie offenlegen müssen. Die Freikartenaffäre, in deren Nachgang sich Stadträte vor Gericht gegen Strafbefehle gewehrt und auch Recht bekommen hatten, sei jedoch nicht der Anlass für diese sogenannte Ehrenordnung gewesen, hatte es damals geheißen.

Über diese Ehrenordnung ist auch geregelt, ob und wann sich Bürgermeister und Stadträte vom VfB Stuttgart in die Mercedes-Arena einladen lassen dürfen.