Weiterhin unzufrieden mit der Arbeit der griechischen Behörden im Zusammenhang mit dem im Freiburger Mordfall Tatverdächtigten zeigte sich am Freitag das von Thomas de Maizière (CDU) geführte Bundesinnenministerium. Foto: dpa

Der Streit um mangelnde Weitergabe von Informationen der griechischen Behörden über den im Freiburger Mordfall tatverdächtigen Hussein K. geht unvermindert weiter.

Berlin - Auch am Tag des Deutschland-Besuchs von Alexis Tsipras, des griechischen Regierunsgchefs, sind am Freitag die Differenzen zwischen beiden Ländern über den Freiburger Mordfall und das Verhalten der griechischen Behörden nicht ausgeräumt. Ganz im Gegenteil. Thomas de Maizière (CDU), der deutsche Innenminister, hatte den Griechen schwere Versäumnisse vorgeworfen, weil sie die Nachricht nicht ins internationale Fahndungssystem eingespeist hatten, dass der im Freiburger Fall tatverdächtige Afghane von der griechischen Polizei gesucht wurde. Tatsächlich war der Flüchtling nach einer Verurteilung im Februar 2014 zu zehn Jahren Gefängnis schon Ende Oktober auf Bewährung und unter Meldeauflagen aus griechischer Haft entlassen worden – und prompt untergetaucht.

Die Athener Behörden haben auf de Maizières Vorhaltungen mit dem Hinweis reagiert, die Fingerabdrücke des Verdächtigen Hussein K. seien seit seiner Ankunft als Flüchtling in Griechenland im Jahre 2013 im europäischen Eurodac-System gespeichert gewesen. Im Bundesinnenministerium ist man über diese Auskunft nicht eben erfreut. Man hält sie, auch wenn das in der Sprache der Diplomatie höflicher und zurückhaltender klingt, für eine Ausflucht. Anders lässt sich die Antwort der Ministeriums auf eine Anfrage unserer Zeitung nicht verstehen.

Bundespolizei prüfte vergeblich die Datenbanken

Darin wird darauf verwiesen, dass „die Bundespolizei die betreffende Person am 12. November 2015 im Bundespolizeirevier Freiburg erkennungsdienstlich behandelt“ habe. Dabei seien „Identitätsdokumente sowie sonstige Gegenstände, welche Hinweise auf seine Identität geben könnten, nicht aufgefunden“ worden. Dann der entscheidende Satz: „Der am 12. November 2015 unmittelbar beim Aufgriff der betreffenden Person durchgeführte Abgleich mit den polizeilichen Datenbanken und Fahndungssystemen verlief negativ und führte mithin nicht zur Festnahme, da die griechischen Behörden die Person nicht europaweit oder international zur Fahndung ausgeschrieben haben.“ Das Innenministerium bestätigt den griechischen Eintrag in die Eurodac-Datei. Er stammt aus dem Januar 2013 und enthält nur die Information, dass der Afghane am 8. Januar 2013 in Tyros einen Asylantrag gestellt hatte. Allerdings weist die Antwort des Ministeriums ausdrücklich darauf hin, dass das Eurodac-System „lediglich Angaben über den Ort, das Datum des Asylantrags, das Geschlecht des Antragstellers und den Zeitpunkt der Abnahme der Fingerabdrücke“ enthalte. Dagegen seien „strafprozessuale Verurteilungen oder Fahndungs- und Aufenthaltsermittlungs-Ersuchen von Strafverfolgungsbehörden im Eurodac-System nicht gespeichert“. Die Botschaft ist also klar: Hätten die griechischen Behörden sauber gearbeitet, hätte der Tatverdächtige von der deutschen Polizei rechtzeitig aus dem Verkehr gezogen werden können.

„Nicht mit dem Finger auf Griechenland zeigen“

Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamte, André Schulz, sagte, er halte nichts davon, „mit dem Finger auf Griechenland zu zeigen“. Der Informationsaustausch zwischen den EU-Staaten über Migranten habe „insgesamt große Schwächen“. Viele Staaten kämen ihrer Verpflichtung zum Einstellen von Daten „nur rudimentär“ nach. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Oliver Malchow, wies gegenüber unserer Zeitung zudem darauf hin, dass möglichweise selbst ein korrektes Einstellen der Fahndung in die internationalen Systeme zu spät gekommen wäre. Bei den ersten Verstößen gegen die Meldeauflagen habe die griechische Polizei ja noch nicht von Flucht und Untertauchen ausgehen müssen. Hussein K. war tatsächlich bereits rund zwei Wochen nach Entlassung aus der Haft in Deutschland aufgetaucht.