Ein Schild mit der Aufschrift "Landgericht Freiburg" hängt am Gebäude. Foto: Patrick Seeger/Archiv

Anwalt von Mutter fordert neuneinhalb Jahre Haft für seine Mandantin. Begründung: 48-Jährige nicht vorbestraft.

Freiburg/Staufen - Im nichtöffentlichen Plädoyer der Verteidigung im Staufener Missbrauchsprozess hat Anwalt Matthias Wagner am Mittwoch eine Haftstrafe von neun Jahren und sechs Monaten für seine Mandantin Michaela Berrin T. (48) gefordert. Wagner blieb damit weit unter der Strafe von 14 Jahren und sechs Monaten, die Staatsanwältin Nikola Novak für die Frau gefordert hatte.

Wagner argumentierte in seinem Vortrag, dass Berrin T. zwar in vollem Bewusstsein gehandelt habe, als sie ihren heute zehn Jahre alten Sohn zum Missbrauch durch andere Männer anbieten ließ und sich auch selbst an den Taten beteiligte. Triebfeder dabei sei aber der Lebensgefährte der Frau Christian L. (39) gewesen. Das Urteil gegen die beiden Hauptangeklagten im Staufener Missbrauchsfall ergeht am kommenden Dienstag. L. und T. hatten den Sohn der Frau über zwei Jahre bis in den vergangenen September hinein immer wieder sexuell missbraucht und in zahlreichen Fällen für Geld auch anderen Männern zur Vergewaltigung überlassen.

Einer dieser Männer war der Spanier Javier G.-L. (33), dessen Strafverfahren sich derzeit ebenfalls dem Ende zuneigt und der am Montag abgeurteilt werden könnte. Dagegen hat Opferanwältin Katja Ravat nun Bedenken geäußert und einen entsprechenden Schriftsatz ans Gericht geschickt: im Freiburger Prozess seien keine Beweise für mögliche internationale Verflechtungen des Angeklagten und insbesondere seine mögliche Beteiligung an einem Tötungsdelikt an einem Mädchen in Weißrussland ermittelbar gewesen. Mittlerweile seien aber zwei weitere Darknet-Kontakte des Mannes in Belgien und Portugal inhaftiert worden, die möglicherweise Belastendes über G.-D. aussagen können. Es sei daher sinnvoll, mit dem Urteil gegen den Spanier noch zu warten, bis sich möglicherweise eine bessere Beweislage gegen ihn ergebe.

Dem psychiatrischen Gutachter Hartmut Pleines zufolge gibt es bei G.-D., der den Sohn von Berrin T. mehr als ein Dutzend Male missbraucht und vergewaltigt hat, zwar eine große Rückfallgefahr für weitere pädophile Delikte. Das alleine reiche aber nicht für eine Sicherungsverwahrung nach einem Urteil. Anders wäre die Sache laut Pleines, wenn dem Angeklagten noch weitere Missbrauchstaten oder gar die Beteiligung an einem Mord nachweisbar wären. Die Ermittlungen diesbezüglich dauern an. Javier G.-D. hat ausgesagt, nichts von dem angeblichen Tötungsvideo zu wissen. Christian L. hat wiederum ausgesagt, dass der Spanier ihm den knapp eine Stunde langen Film gezeigt habe. Aufgetaucht ist das Video bisher jedoch nicht.

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