Der misshandelte Junge braucht jetzt laut Experten vor allem viel Zeit, um das Geschehene zu verarbeiten. (Symbolbild) Foto: dpa/Hildenbrand

Psychologische Betreuung laut Experten derzeit noch nicht möglich. Urteil fällt erst im Juli.

Freiburg - Im Staufener Missbrauchsprozess gegen den Schweizer Jürgen W. haben sich düstere Abgründe aufgetan. Der 37-Jährige sammelte Tötungsdarstellungen von Kindern sowie jede Menge Kinderpornos.

Viel banaler kann eine Erkenntnis nicht sein: Man sieht einem Menschen nicht an, was hinter seiner Stirn passiert. Jürgen W. (37) ist dafür ein gutes, böses Beispiel. Der gelernte Maurer aus dem Kanton St. Gallen in der Schweiz ist äußerlich ein unscheinbarer Mann. Das  Haar ist schütter, das schmale Gesicht unauffällig. Doch hinter der Fassade verbergen sich Abgründe, denn Jürgen W. ist nicht nur ein brutaler Kinderschänder, der zugegeben hat, einen mittlerweile neun Jahre alten Jungen aus Staufen (Kreis-Breisgau-Hochschwarzwald) dreimal vergewaltigt zu haben. Jürgen W. war bis zu seiner Festnahme im vergangenen Herbst auch ein akribischer Sammler und Verbreiter von Kinderpornos.

Wobei dieser Begriff den Sachverhalt  fast beschönigt, wenn man in Betracht zieht, was die Ermittler in tausendfacher Auflage auf diversen  Festplatten des Mannes gefunden haben. Denn W. hat auch Gewalt- und Tötungsdarstellungen von Kindern und Babys gesammelt. Während sein Anwalt Robert Phelps betont hat, dass sein Mandant bis zu seiner Festnahme nie polizeilich aufgefallen sei, will Staatsanwältin Nikola Novak den Schweizer für lange Jahre ins Gefängnis und anschließend in Sicherungsverwahrung stecken. W. sei "ein gefährlicher Sadist", ist auch die Meinung eines Polizeiermittlers, der sich mit dem Material, das der Mann gesammelt hatte, befassen und es anschauen und analysieren musste.

Auch Mutter und Lebensgefährte angeklagt

Am Donnerstag ging die  Beweisaufnahme im Verfahren gegen W. weiter. Das Urteil, das eigentlich für diesen Freitag vorgesehen war, wird erst im Juli gefällt, wie das Landgericht Freiburg mitteilte hat. Jürgen W. ist einer von insgesamt acht Tätern und Tatverdächtigen in der Missbrauchsserie an dem Kind aus Staufen. Auch die Mutter Berrin T. (48) und deren Lebensgefährte Christian L. (39) stehen derzeit in Freiburg vor Gericht. Sie haben den Jungen in zahlreichen Fällen sexuell missbraucht und auch anderen Männern für Vergewaltigungen über das Internet "vermietet". Jürgen W. war einer dieser Täter, wie die Videomittschnitte seiner Taten beweisen. Er hat auch Videos vom Hauptangeklagten Christian L. erhalten, in denen dieser ein damals drei Jahre altes Mädchen missbraucht hat. Die Schreie des Kindes seien "wie Musik" für ihn, so W. im Chat mit L.

Zum wiederholten Mal hat  auch eine Polizeibeamtin ausgesagt, die mit dem neunjährigen Jungen arbeitet, der seit 2015 zigfach missbraucht wurde. An eine Therapie des Kindes sei derzeit noch nicht zu denken, erklärte die Ermittlerin. Der Junge wolle noch nicht über das Erlebte sprechen und auch nicht als Zeuge aussagen. Er lebt mittlerweile bei einer Pflegefamilie und "versucht, sich in ein Leben ohne Gewalt hineinzufinden", wie Novak es bezeichnet hat. Nach der Frau, die ihn vor knapp zehn Jahren zur Welt gebracht hat, frage er mittlerweile nicht mehr.