Der Prozess um den jahrelangen Missbrauch eines Jungen bei Freiburg wird fortgesetzt (Symbolbild). Foto: Gebert

Polizeibeamte als Zeugen gehört. Manche Aufnahmen sind "kaum zu ertragen".

Freiburg/Staufen - Für den gesunden Menschenverstand mag klar sein: Der Kinderschänder Knut S. (50), der zurzeit im Zusammenhang mit dem Staufener Missbrauchsfall in Freiburg vor Gericht steht, darf nach den schweren Vergehen, die er an einem neun Jahre alten Jungen aus Staufen/Breisgau-Hochschwarzwald begangen hat und die er in nichtöffentlicher Verhandlung auch gestanden hat, nicht wieder auf freien Fuß kommen.

Das sieht auch Staatsanwältin Nikola Novak so, die für den Angeklagten eine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach dem Ende seiner Haft beantragt hat. Ob es so kommt, gilt indes als fraglich. Denn die Rechtslage ist im Fall von Knut S. nicht so eindeutig: Der Angeklagte ist bisher „nur“ wegen des Besitzes von Kinderpornos vorbestraft. Das Urteil liegt rund zehn Jahre zurück. Einen Nachweis, dass sich Knut S. in der Vergangenheit bereits an einem Kind vergangen haben könnte, gibt es in dem Fall bisher noch nicht. Dies wäre eine Voraussetzung für die Verwahrung nach Ende der Haft.

Klar ist aber auch: S. hat über Jahre hinweg im „Darknet“ in entsprechenden Foren nach Paaren und Müttern gesucht, deren kleine Töchter er vergewaltigen wollte. Bei ihm wurden nach seiner Festnahme neben zig Pornodateien auch Missbrauchsdarstellungen mit Kleinkindern gefunden. Dennoch, so Nebenklagevertreterin Katja Ravat, soll sich der Angeklagte in seiner Aussage vor Gericht als Mann dargestellt haben, dem erst jetzt im Zuge der Ermittlungen klar geworden sei, dass er sogenannte pädophile Neigungen habe.

Staatsanwältin Novak kämpft nun darum, weitere Belastungszeugen in dem Verfahren vernehmen zu lassen. So soll S. in der Vergangenheit bereits die damals 15-jährige Tochter seiner ersten Frau verbal sexuell belästigt und ihr Pornos gezeigt haben. Ob ein tatsächlicher Übergriff auf die Jugendliche stattfand, ist indes unklar. Novak will dies klären lassen, indem sie die junge Frau vorladen lassen will. Im Prozess gegen Knut S. ist am Mittwoch aber auch verstärkt die Person seines Opfers in den Fokus geraten: eine Polizeibeamtin, die mit dem Neunjährigen arbeitet, berichtete, dass der Bub ein witziger, aufgeweckter und intelligenter Junge sei. „Er findet es gut, dass die Täter nun vor Gericht stehen und dass einer schon verurteilt worden ist.“

Selbst aussagen wolle der Junge aber nicht in dem Prozess, so die Beamtin weiter. Das ist auch nicht nötig: Die Taten seiner Peiniger wurden von diesen vielfach gefilmt und auch im Netz verbreitet. So kam schließlich ein anonymer Hinweisgeber an eines der Videos und schaltete das Bundeskriminalamt ein, was im vergangenen September zur Verhaftung der Mutter des Jungen Berrin T. (47) und einer ganzen Reihe von Männern geführt hat, denen der Lebensgefährte (39) der Mutter Christian L., der nun als Belastungszeuge aussagt, das Kind für mehr oder weniger große Geldsummen im Internet zum Missbrauch anbot. Knut S. vergewaltigte den Jungen im Januar und im Mai 2017 auf brutale Weise. Mit seinen Taten konfrontiert stammelte er am Mittwoch vor Gericht mit hochrotem Kopf, wie sehr im das alles heute leid tue. Die Verhandlung geht nächste Woche weiter. Dann will sich der Anwalt von Knut S. zu den Beweisanträgen der Staatsanwältin äußern.

Info: Sicherungsverwahrung

Gegen besonders gefährliche Straftäter kann ein Gericht auf Antrag der Anklage im Zusammenhang mit einer Verurteilung auch eine Sicherungsverwahrung aussprechen. Diese ist keine Strafmaßnahme sondern soll die Bevölkerung vor weiteren Straftaten durch besonders gefährliche Täter schützen, indem man diese wegsperrt. Mord und Sexualverbrechen können in besonderen Fällen die Sicherungsverwahrung für einen Angeklagten nach sich ziehen, zum Beispiel wenn ein Kinderschänder bereits wegen einer Vergewaltigung in Haft war und als nicht mehr therapierbar gilt.

Die Verwahrung bedeutet, dass der Verurteilte nicht auf freien fuß kommt, nachdem er seine Haftstrafe abgesessen hat. Er wird stattdessen in eine besondere Abteilung einer Haftanstalt verlegt. In Baden-Württemberg werden als gefährlich geltende Schwerverbrecher nach Ende ihrer Haft in der Freiburger Justizanstalt verwahrt. Die Maßnahme ist nicht zeitlich begrenzt, kann also bis ans Lebensende aufrechterhalten werden. Sie wird allerdings in der Regel nach zehn auf ihre weitere Notwendigkeit hin geprüft. (RD)