Mordfall: Meiste Zeugen sind gehört / Zweifel an Aussage des Vaters von Hussein K.

Freiburg - Der Mammut-Prozess um die Ermordung der Freiburger Medizinstudentin Maria L. im Oktober 2016 könnte im Lauf der kommenden vier Wochen zu einem Ende gebracht werden: Nur noch wenige Verhandlungstage stehen auf der Agenda.

Die meisten Zeugen wurden mittlerweile gehört. Am Donnerstag wurde beispielsweise eine Frau aus Korea vernommen, die kurz vor dem Mord an Maria L. in derselben Straßenbahn saß, die auch der Angeklagte Hussein K. benutzte. K. soll einem Mithäftling gegenüber später geprahlt haben, dass er diese Frau, die er für eine Chinesin hielt, vergewaltigen und umbringen wollte. Die Zeugin konnte sich vor Gericht an K. aber nicht mehr erinnern, da sie in der betroffenen Nacht zu betrunken gewesen sei.

Ausstehend sind in dem Prozess neben den Plädoyers von Verteidigung, Staatsanwaltschaft und Nebenklage sowie einigen weiteren Zeugenvernehmungen vor allem noch die Ergebnisse der Obduktion des Mordopfers. Auch das Sachverständigengutachten über die Schuldfähigkeit und Gefährlichkeit des Angeklagten folgt noch.

Zudem gibt es noch immer Zweifel am Alter des Angeklagten. Staatsanwalt und Verteidiger wollen sich nicht auf den Vater von K. verlassen. Dessen telefonische Aussagen ließen keine verlässlichen Schlüsse auf das Alter des Angeklagten zu, sagte Oberstaatsanwalt Eckart Berger vor dem Landgericht. Verteidiger Sebastian Glathe schloss sich dem an. Die Angaben des im Iran lebenden Vaters in einem Telefonat mit der Richterin hatten vor zwei Monaten für Verwirrung gesorgt. Der Mann hatte ein Geburtsdatum genannt, nach dem der Angeklagte heute 33 Jahre alt wäre. Dies sei aber nicht glaubwürdig, attestierte der Staatsanwalt.

Die Frage, wie alt der vor der Jugendkammer stehende Mann ist, hat große Bedeutung in dem seit rund fünf Monaten laufenden Prozess und Auswirkungen auf die Höhe der Strafe. K. hatte angegeben, aus Afghanistan zu kommen und 16 Jahre oder 17 Jahre alt zu sein. Zum Prozessauftakt gab er zu, gelogen zu haben. Die Staatsanwaltschaft hält ihn für mindestens 22 Jahre alt. Gutachten und Zeugenaussagen stützen dies. Dokumente, die ein Alter belegen, gibt es nicht. Der Flüchtling war 2015 ohne Papiere nach Deutschland gekommen und von den Behörden ohne Untersuchung als minderjährig eingestuft worden.

Plädoyers hinter verschlossenen Türen

Das Ergebnis der Obduktion des Opfers soll in aller Ausführlichkeit im Laufe des nächsten Verhandlungstages am 20. Februar vor Gericht vorgestellt werden. Auf Antrag des Nebenklagevertreters Bernhard Kramer, der die Eltern der Ermordeten in dem Verfahren vertritt, dürfte dies unter Ausschluss der Öffentlichkeit geschehen: Der Schutz der Intimsphäre des Mordopfers gehe im vorliegenden Fall über den Tod der jungen Frau hinaus, so die Begründung Kramers, der gestern weder Staatsanwaltschaft noch Verteidigung widersprachen.

Die Plädoyers in dem Fall werden voraussichtlich am 2. März unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgen. Das Gericht war im September zu Beginn des Verfahrens einem Antrag der Verteidigung von Hussein K. gefolgt, wonach dieser einen Teil seines – möglicherweise nur fiktiven – Lebenslaufs unter Ausschluss der Öffentlichkeit schildern konnte: zum Beispiel seinen angeblichen Aufenthalt in einer Koranschule in Afghanistan und die Gewalt, die er dort erfahren haben soll. Die Prozessordnung schreibt für solche Fälle zwingend vor, dass wenn auch nur ein Teil einer Verhandlung nichtöffentlich war, auch die Plädoyers in dem Prozess hinter verschlossenen Türen stattfinden.

K. hat gestanden, in der Nacht zum 16. Oktober 2016 die Studentin Maria L., die sich auf dem Nachhauseweg von einer Party befand, auf dem Radweg an der Dreisam in Freiburg nahe des SC-Stadions getötet und sich an ihr vergangen zu haben. Der Angeklagte hat versucht, seine Tat als Spontanhandlung darzustellen. Im Laufe des Prozesses erhärtete sich aber der Verdacht, dass der afghanische Flüchtling seinem Opfer aufgelauert haben und es gezielt umgebracht haben dürfte. Nach der Tat ließ er die bewusstlose, schwer verletzte junge Frau in der Dreisam ertrinken und verharrte, wie die Bewegungsdaten seines Handys erwiesen haben, noch etwa eine Stunde am Tatort. Dem Angeklagten, der 2013 bereits in Griechenland eine Frau beinahe ermordet hatte, drohen lebenslange Haft und Sicherungsverwahrung.