Das Landgericht in Freiburg. Foto: Deckert

Angeklagter soll bei Tat schuldunfähig gewesen sein. Gutachter pläsiert für Unterbringung in Psychiatrie.

Freiburg - Der psychisch kranke Mann, der im Sommer 2017 in Düsseldorf-Unterrath einen Rentner vom Bahnsteig ins Gleisbett einer S-Bahn gestoßen und schwer verletzt hat, könnte theoretisch am Freitag das Freiburger Landgericht als freier Mann verlassen: die Tat soll er im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen haben. Bei anderen Delikten sei er zumindest vermindert schuldfähig gewesen. Statt einer Gefängnisstrafe sieht der zuständige Gutachter in dem Verfahren bei Holger M. (Name geändert) deswegen die Voraussetzungen für eine Unterbringung in der Psychiatrie als gegeben an.

In den Plädoyers und beim Urteil am Freitag wird es nun darum gehen, ob diese Unterbringung des Mannes, der vor Gericht mehrfach Einsicht in seine Krankheit und Bedauern über deren Folgen geäußert hatte, auch zur Bewährung ausgesetzt werden kann: Dies ist laut Strafgesetzbuch in bestimmten Fällen bei einer angeordneten Unterbringung machbar und wird vermutlich auch das Ziel des Verteidigers sein.

Der 50-jährige, der zunächst wegen rund 50 Delikten wie Zechprellerei und Schwarzfahren angeklagt war, muss sich mittlerweile nur noch für den kleinen Teil der Taten, bei denen er körperlich gewalttätig wurde, vor Gericht verantworten. Der gebürtige Rheinländer, der seit vielen Jahren in Freiburg lebt und hier auch den Großteil der ihm vorgeworfenen Delikte begangen hat, leidet schon seit Jahrzehnten an psychischen Problemen und Wahnvorstellungen. So sagte er vor Gericht aus, ein wiedergeborener buddhistischer Lehrmeister, ein sogenannter Tulku, zu sein. Die Tat in Düsseldorf habe er zu einem Zeitpunkt begangen, als er davon überzeugt war, dass der Atomkrieg ausgebrochen sei. Zuvor hatte er eigenmächtig die Medikamente abgesetzt, die seine Wahnideen unterdrücken helfen.

Der Rentner, den Holger M. damals auf die Bahngleise gestoßen hat, überlebte nur dank des beherzten Eingreifens zweier junger Flüchtlinge aus Eritrea, die den bewusstlosen Mann aus dem Gleisbett hievten, bevor der Zug einfuhr.