Streifenwagen stehen nach dem Übergriff im Gericht vor dem Gebäude. Foto: Deckert

Auftragsmörder erhält lebenslängliche Gefängnisstrafe. Vater des Opfers greift Angeklagten an.

Freiburg - Lebenslänglich heißt das Urteil für einen Auftragsmord im Freiburger Gewerbegebiet. Bei der Verkündung kann der Vater des Opfers nicht mehr an sich halten.

"Bastard, Bastard!" Mit diesen Worten stürzte sich nach dem Ende der Urteilsbegründung der Vater des ermordeten Niklas E. (24) auf den verurteilten Koch und Zuhälter Andreas J. (33). Zuvor hatte die große Strafkammer am Freiburger Landgericht unter dem Vorsitz von Richterin Eva Kleine-Cosack den 33-Jährigen zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.

Aus Habgier heimtückisch ermordet

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Andreas J. in der Nacht zum 18. Juli 2019 auf einer Baustraße am Rand des Gewerbegebiets Haid in Freiburg den Drogendealer Niklas E. mit zwei Kopfschüssen aus Habgier heimtückisch ermordet hat. Auftraggeber des Verbrechens war demnach der Freiburger Anwalt des Getöteten, Guntram L. (39), der sich in der U-Haft in Offenburg im vergangenen November erhängt hatte. Außer der Haftstrafe ordnete das Gericht zudem an, dass das Auto, das sich der Mörder mit seinem Blutgeld in Höhe von 50.000 Euro gekauft hatte sowie das übrig gebliebene Geld vom Staat eingezogen werden.

Verletzt wurde laut Sprechern von Polizei und Gericht bei der Attacke des Vaters auf den Verurteilten niemand. Mehrere Justizbeamte reagierten blitzschnell, um den Übergriff zu verhindern. Die Polizei rückte dennoch schnell mit mehreren Streifen an, um die Justizbeamten zu unterstützen. Eine etwa 20-köpfige Gruppe aggressiv auftretender Freunde des Ermordeten sorgte für eine bedrohliche Stimmung im und um das Gericht, so dass sich auch Richterin Kleine-Cosack zum Einschreiten genötigt sah. Strafanzeigen lagen wegen des Zwischenfalls bis zum Abend keine vor, hieß es bei der Polizei.

Richterin: Von Notwehr kann keine Rede sein

Vor dem Tumult hatte Kleine-Cosack knapp eine Stunde lang das Urteil begründet. Ihr Tenor dabei: Ein Auftragsmord ist nicht weniger schlimm, wenn das Opfer ein Drogendealer ist. Der Wert jedes Menschen sei schließlich gleich, sagte Kleine-Cosack.

Die Ermittlungen hätten klar ergeben, dass am Mittag vor dem Verbrechen zuerst Andreas J. und später dann Niklas E. bei Guntram L. im Büro gewesen seien. Mit beiden habe der Anwalt auf dem Computer den späteren Tatort angeschaut. Dem Opfer habe er versprochen, dass es am Tatabend um 23.30 Uhr auf dem Feldweg eine Waffe kaufen könne. Mit dem gedungenen Mörder hingegen habe L. den Ort ausgesucht, an dem die Tat verübt werden soll.

Vorausgegangen war ein über Monate geschmiedetes Mordkomplott zwischen dem Anwalt und dem Täter, die sich in der Kneipe kennengelernt hatten, in der Andreas J. arbeitete und in der Guntram L. oft zu Gast war. Der Plan, der auf die Initiative des Anwalts zurückging, sah vor, dass man Niklas E. töten und dann das Drogengeld teilen wollte, das Guntram L. für den Dealer aufbewahrte.

Später, nach seiner Festnahme, habe Andreas J. zuerst den ebenfalls bereits verhafteten Anwalt Guntram L. zu entlasten versucht. Dann aber, im September 2019, habe er L. als Auftraggeber der Tat belastet. Mit seiner Aussage habe Andreas J. geholfen, den Mord im Detail zu klären. Ohne das Geständnis, sagte Kleine-Cosack, hätte ihm für das Verbrechen eine Verurteilung unter Einbeziehung einer besonders schweren Schuld geblüht, die eine Haftentlassung nach 15 Jahren unmöglich machen würde.

Die These des Angeklagten und seines Verteidigers Volker Lindner, Andreas J. habe Niklas E. eigentlich nicht erschießen, sondern ihm eine Pistole verkaufen wollen, mache "keinen Sinn", sagte Kleine-Cosack weiter. Auch könne keine Rede von einer Notwehrsituation sein. Andreas J. sei schließlich mit geladener und entsicherter Waffe zum Tatort gekommen und habe "gezielt und in Tötungsabsicht" gehandelt. Rückblickend habe man aus der Verhandlung allerdings den Eindruck gewinnen können, dass Andreas J. heute kaum mehr verstehe, was er da getan habe. "Aber sie haben es getan", sagte die Richterin. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.