Der 24-jährige war Mitte Juli durch zwei Kopfschüsse regelecht hingerichtet worden. Foto: Deckert

Anwalt agiert noch aus der Zelle heraus - bis er sich umbringt. 33-jähriger Koch soll Opfer kaltblütig erschossen haben.

Freiburg - Die Fakten liegen auf dem Tisch: Es war ein Auftragsmord. Doch nur der gedungene mutmaßliche Todesschütze kann noch für die Tat belangt werden. Denn der Drahtzieher hinter der Sache hat sich in der U-Haft das Leben genommen. Vermutlich war ihm klar geworden, wie ausweglos seine Lage ist, als man vor einer Woche in seiner Zelle Beweismaterial fand, das seine Machenschaften noch aus der U-Haft in Offenburg heraus offenlegte.

Am Freitag haben Polizei und Staatsanwaltschaft in Freiburg die Hintergründe des Mordes an einem 24-jährigen polizeibekannten Freiburger Drogendealer offengelegt. Es entwickelte sich eine Geschichte, wie sie kaum ein Krimiautor hätte erfinden können: Ein 39 Jahre alter Freiburger Strafverteidiger, der seit Anfang August in U-Haft saß, war der Dreh- und Angelpunkt des Verbrechens. Darauf, dass der Anwalt sich das Leben genommen hat, deuten sowohl das vorläufige Obduktionsergebnis der Rechtsmedizin als auch die Abschiedsbriefe des Mannes hin, sagte Dieter Inhofer, Leiter der Freiburger Staatsanwaltschaft. Der Freitod sei vollkommen überraschend gewesen.

Der Jurist hatte davor noch aus der U-Haft heraus über bisher ungeklärte Wege versucht, den geständigen mutmaßlichen Todesschützen in der Sache zum Schweigen zu bringen. Der 33-jährige Koch hatte zuvor gegenüber den Ermittlern den Anwalt als seinen Auftraggeber für die Bluttat schwer belastet und "reinen Tisch" gemacht.

Möglicherweise musste dafür nun aber seine Freundin bezahlen: Die 26-Jährige wurde am vergangenen Montag in Freiburg-Herdern von zwei unbekannten Männern überfallen, verprügelt und verletzt. Sie steht mittlerweile unter Polizeischutz. Die Tat könnte der Anwalt noch vor seinem Suizid angezettelt haben, lautet die These der Polizei. Für Oberstaatsanwalt Matthias Rall ist klar: Der wohlhabende Anwalt handelte aus reiner Habgier und war möglicherweise in weitere Betrügereien verwickelt, die nun ungeklärt bleiben dürften.

Zu dem erschossenen Dealer soll der Jurist schon länger ein Vertrauensverhältnis gehabt haben. Wohl deshalb dürfte der 24-Jährige mindestens 150 000 Euro Drogengeld bei seinem Verteidiger "gebunkert" haben und ihm auf den Leim gegangen sein, als dieser ihm einen Waffenkauf in Aussicht stellte, der in Wirklichkeit eine Todesfalle war.

Vor der Tat traf sich der Anwalt laut Polizei nämlich zunächst mit dem Killer und dann mit dem Opfer, um sich in seiner Kanzlei auf dem Computer den Treffpunkt am Rand des Gewerbegebiets Haid anzuschauen, an dem der vermeintliche Waffen-Deal stattfinden sollte.

Taucher fischen Tatwaffe und Munition aus dem Wasser

Der Koch tötete den 24-Jährigen dort kaltblütig und völlig unvermittelt mit zwei Kopfschüssen, berichtete Rall am Freitag. Ein Rätsel, das für immer ungeklärt bleiben dürfte, ist die Frage, wie die beiden Mordkomplizen auf die Idee kamen, sie würden unentdeckt bleiben. Die Leiche des Opfers ließ der Koch am Tatort liegen. Die Verbindungen der Männer untereinander konnte die "Soko Haid" unter der Leitung von Kriminaldirektor David Müller binnen weniger Tage klären.

Das Drogengeld spürte ein eigens ausgebildeter Suchhund der Konstanzer Polizei in der Wohnung des Anwalts in einem Geheimfach auf. Alles Dinge, die ein Strafverteidiger hätte vorab wissen können. Aber offenbar unterschätzte der Jurist die Polizei. Oder die Habgier der Beteiligten war größer: Der hoch verschuldete Koch soll für seine Tat 50 000 Euro kassiert haben, die man fast vollständig bei dem Mann auffinden und einziehen konnte, hieß es bei der Polizei.

Die Tatwaffe, Munition und das Magazin konnten aufgrund der verdeckten Fahndungsmaßnahmen gegen den Anwalt von Polizeitauchern in diversen Gewässern im Raum Freiburg sichergestellt werden. Zwischenzeitlich waren in der "Soko Haid" mehr als 50 Beamte tätig, sagte Kripochef Peter Egetemaier. Wann dem mutmaßlichen Todesschützen der Prozess gemacht wird, ist noch nicht bekannt.

Suizidgedanken sind häufig eine Folge psychischer Erkrankungen. Wer Hilfe sucht, auch als Angehöriger, findet sie bei der Telefonseelsorge unter 0800/1110111 oder 0800/1110222 und unter https://ts-im-internet.de/. Eine Liste mit Hilfsangeboten findet sich auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention: https://www.suizidprophylaxe.de/