Blick auf die selbst ernannte Umwelthauptstadt Freiburg Foto: Siedlungswerk

Die selbst ernannte Umwelthauptstadt Freiburg ist nicht so grün, wie sie sein möchte.

Freiburg - Die selbst ernannte Umwelthauptstadt Freiburg, die sich weltweit als "Green City" vermarktet, ist gar nicht so grün, wie sie gerne sein möchte. Beim Stromverbrauch und beim Ausbau der erneuerbaren Energien Sonne, Wind, Wasser, Biomasse blieb sie bisher weit hinter ihren Zielen zurück.

Der Bericht des Freiburger Umweltdezernats, der jüngst dem Freiburger Gemeinderat vorgelegt wurde, fiel anders aus, als viele sich dies erwartet hatten: Freiburgs Umweltbürgermeisterin Gerda Stuchlik sprach von einem "unstrittig ernüchternden Zwischenergebnis".

Tatsächlich hat die Stadt ihre vor sechs Jahren formulierten und auf 2010 terminierten Energieziele weit verfehlt. Grundlage war ein Konzept des renommierten Freiburger Öko-Instituts. Freiburg wollte zehn Prozent seines Stroms aus erneuerbaren Energien gewinnen und den Stromverbrauch ebenfalls um zehn Prozent senken. Statt zehn werden bislang jedoch nur 3,7 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt. Zudem ist der Stromverbrauch nicht gesunken, sondern um drei Prozent gestiegen.

"Wir strampeln uns veritabel ab", klagte die Umweltbürgermeisterin, "aber der Strombedarf ist allein schon durch neue Haushaltsgeräte angewachsen." Überdies sei die Zahl der Freiburger Einwohner um ein Prozent netto pro Jahr gestiegen, listete Stuchlik auf.

Umweltschützer kritisieren die Stadt

Auch in der sogenannten Solarbundesliga rutschte Freiburg auf hintere Ränge ab. Trotzdem herrscht in diesem Bereich noch eitel Sonnenschein. Erst vor wenigen Tagen wurde das zweitgrößte Solarkraftwerk auf den Dächern der Gebäude der Abfallwirtschaft (ASF) in Betrieb genommen. Dabei erklärten Oberbürgermeister Salomon und Umweltbürgermeisterin Stuchlik: "Derzeit produzieren etwa 150000 Quadratmeter Solarzellen in der Stadt jährlich rund 14 Millionen Kilowattstunden elektrische Energie. Weitere 16000 Quadratmeter Sonnenkollektoren erzeugen Wärmeenergie." Das sei doppelt so viel wie noch vor drei Jahren.

Auf der Expo 2010 in Schanghai (China) präsentiert sich "Green City" derzeit der Weltöffentlichkeit als Musterbeispiel für eine ökologisch nachhaltig aufgestellte Stadt. Da nimmt es nicht Wunder, dass Salomons Kritiker jetzt genüsslich über sein Öko-Eigentor herziehen. Stadtrat Daniel Sander (CDU) nannte die Zwischenbilanz im Gemeinderat eine "schmerzliche Niederlage, die nicht uminterpretiert werden kann". Sascha Fiek (FDP) bewertete die Bilanz als "Eingeständnis des Scheiterns auf breiter Front". Seiner Meinung nach hat die Stadt zu wenig getan oder die Messlatte von Anfang an zu hoch gelegt.

Das grüne Stadtoberhaupt hingegen hielt Sander und Fiek vor, im Glashaus zu sitzen und mit Steinen zu werfen. Er machte für die lokale Zielabweichung vor allem die Windblockadepolitik der schwarz-gelben Landesregierung verantwortlich. "Der Wirtschaftsminister ist die größte Windmühle im Land, aber er kriegt keinen Strom raus", höhnte Salomon im Gemeinderat. Noch vor sechs Jahren, als das ehrgeizige Strom-Ziel formuliert wurde, schien es möglich, mit Sonne, Wind und Wasser viel Strom zu erzeugen. Doch dann habe es eine sprichwörtliche "Verteufelung der Windkraft" durch den Ministerpräsidenten und sein Kabinett gegeben. Deshalb hätte man das Ziel eigentlich schon 2006 "einstampfen" können, räumte Oberbürgermeister Dieter Salomon (Grüne) ein. Trotz dieser schwierigen Rahmenbedingungen unternehme die Stadt viele Anstrengungen, den Anteil des aus Windkraft gewonnenen Stroms zu steigern. Dies setze jedoch den Betrieb weiterer Windkraftanlagen voraus. Gleichzeitig betonte Salomon, dass die viel wichtigeren Klimaschutzziele nicht gefährdet seien. So will Freiburg den Ausstoß des Klimagases CO2 bis 2030 um 40 Prozent gegenüber dem Vergleichsjahr 1992 senken.

Gleichwohl gibt es Kritik von Umweltschützern. Der frühere Landesgeschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Baden-Württemberg, Erhard Schulz aus Emmendingen, forderte die Stadt jetzt per Leserbrief auf, ihre Ziele "mit mehr Biss" zu verfolgen.