Die Visualisierung zeigt das Gelände des Flugplatzes in Freiburg und den geplanten Neubau des Stadions. Foto: Seeger/Darstellung: HH Vision/Albert Speer & Partner GmbH

Quorum erreicht: SC Freiburg bekommt seine neue Arena. Land schießt elf Millionen Euro für Neubau zu.  

Freiburg - Der Weg ist frei: In Freiburg haben am Sonntag knapp 46.000 Menschen für ein neues Stadion des SC Freiburg im Gewann "Wolfswinkel" beim Freiburger Flugplatz gestimmt. Damit lag die Zustimmung bei 58,2 Prozent der abgegebenen Stimmen, die Wahlbeteiligung lag bei 46,5 Prozent. Da mehr als 25 Prozent der wahlberechtigten Bürger für das Stadion stimmten, ist der Bürgerentscheid bindend. Auch der Gemeinderat hatte sich im November bereits mit 33 zu 10 Stimmen für das Projekt ausgesprochen.

Oberbürgermeister Dieter Salomon (Grüne) sagte in einer ersten Reaktion, er sei überglücklich über den Wahlausgang, der zeige, "dass die Stadt zum SC Freiburg steht". SC-Präsident Fritz Keller sagte, er sei "überwältigt" von dem Ergebnis, das die Zukunft des Vereins im Profifußball sichere. Den Stadiongegnern im Stadtteil Mooswald versprach er eine gute Nachbarschaft.

Bundestrainer Löw sowie der ehemalige Skispringer Schmitt gratulieren

Salomon kritisierte zudem den Wahlkampfstil mancher Stadiongegner als "unterirdisch" und polemisch. Der Effekt sei allerdings gewesen, dass die Befürworter des Projekts dadurch umso motivierter zur Wahl gegangen seien. Auch Keller bemängelte die Polemik der Stadiongegner. SC-Geschäftsführer Oliver Leki nannte den Wahlausgang "ein unheimlich wichtiges Ereignis". Es gehe aber nun auch darum, Konflikte aufzulösen, so Leki und Keller weiter.

Bundestrainer Joachim Löw, der an der Party der Wahlsieger im Freiburger Stadttheater teilnahm, sowie SC-Fans wie der ehemalige Skispringer Martin Schmitt und Agrarminister Alexander Bonde (Grüne) gratulierten dem Verein zu seinem Erfolg. Gerlinde Schrempp, Stadträtin der Liste "Freiburg Lebenswert" und eine der führenden Stimmen der unterlegenen Stadiongegner, sagte nach der Wahl, dass man das Ergebnis "selbstverständlich akzeptieren" werde.

Rund 170 000 Wahlberechtigte ab 16 Jahren waren in Freiburg aufgerufen, in insgesamt 112 Wahllokalen im Stadtgebiet ihr Votum über das Finanzierungskonzept des geplanten Stadions im "Wolfswinkel" beim Flugplatz im Norden der Stadt für den SC Freiburg abzugeben. Über 1100 Wahlhelfer waren im Einsatz.

Der Bürgerentscheid war der erste in der Stadtgeschichte, den der Gemeinderat selbst auf den Weg gebracht hat, obwohl sich mehr als drei Viertel der Stadträte für das Projekt ausgesprochen hatten. Schon im vergangenen Frühjahr hatte die Stadtverwaltung klargemacht, dass sie den Standort nach mehrjähriger Suche und der Überprüfung von zwei Dutzend Alternativen als einzig verbleibenden Flecken im Stadtgebiet favorisiert, da er keine sogenannten "k.o.-Kritierien" für den Stadionbau für bis zu 35.000 Fans aufweise.

Da für die Stadionplanung bereits Ende 2012 die Aufstellung eines Bebauungsplans beschlossen wurde, Bürgerentscheide über Bebauungspläne aber nicht zulässig sind, wurde in dem Entscheid nicht direkt nach dem "Wolfswinkel", sondern nach der städtischen Beteiligung für den Bau der Infrastruktur in Höhe von rund 40 Millionen Euro gefragt.

Die Detailplanungen für das Projekt können nun mit der gewonnen Wahl im Rücken beginnen, bis in drei vier Jahren wolle man im neuen Stadion spielen können, hofft SC-Präsident Keller. Es sei ihm besonders wichtig, dass man die besondere Atmosphäre des 60 Jahre alten Schwarzwald-Stadions an die neue Spielstätte mitnehmen könne. Das Stadion selbst soll 70 Millionen kosten.

Sowohl die Bürgschaft als auch die Kostenübernahme für die Infrastruktur wurden von den Stadion- und Standortgegnern zuletzt immer wieder kritisiert. "Steuergeld ist kein Spielgeld", so der griffig-giftige Slogan derer, die gegen den "Wolfswinkel" waren und die befürchten, dass das hier eingesetzte Geld an anderer Stelle für wichtige Projekte fehlen werde. Und die noch eine Vielzahl anderer Gründe in die Diskussion einbrachten: mögliche negative Auswirkungen für das Mikroklima, ökologische Folgen und Probleme für die Flugsicherheit am Flugplatz.

Auch die in ihrem Bestand bedrohten Fallschirmspringer und Segelflieger am Freiburger Flugplatz sowie die dort ansässigen Flugschulen protestierten. Und natürlich die Anwohner im Stadtteil Mooswald, die Lärm und Randale durch marodierende Fußballfans fürchten. Doch alle Gegenargumente verfingen am Ende nicht. Im Gegenteil: Um rechtlich bindend zu sein, müssen Bürgerentscheide ein sogenanntes Quorum erfüllen. Das heißt, dass mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten für oder gegen das jeweils zur Abstimmung anstehende Projekt stimmen.

Freiburger sind mittlerweile Profis in Sachen Bürgerentscheid

Knapp 43 000 Stimmen waren es also mindestens, die gestern in Freiburg über Wohl und Wehe des Fußball Bundesligisten mitentscheiden sollten. Dass es am Ende fast 46 000 waren, die für den Verein und das Stadion stimmten, kam einem überraschend klaren Ergebnis gleich.

Die Freiburger sind übrigens Profis in Sachen Bürgerentscheid: Die gestrige Abstimmung war bereits das fünfte Bürgervotum seit 1988. Die Abstimmungen gegen den Bau des Konzerthauses (1988), für den Erhalt des Freiburger Flugplatzes (1995) und über die Linienführung der Straßenbahn über den Rotteckring in der Innenstadt (1999) scheiterten jeweils an der benötigten Höhe der Stimmen. Die politischen Folgen in der Stadt fielen dabei jeweils unterschiedlich aus: Im Fall des Konzerthauses blieb der Gemeinderat bei seiner Linie und brachte das umstrittene Projekt auf den Weg, obwohl den Gegnern nur wenige Stimmen zum Erreichen des Quorums von damals noch 30 Prozent fehlten. Im Fall des Flugplatzes orientierte er sich hingegen an dem nicht bindenden Bürgervotum und nahm den Bebauungsbeschluss für das Gelände zurück.

Die Abstimmung über die Straßenbahnführung führte hingegen zu einem Kuriosum: Am Ende wurden beide Strecken, über die in dem Bürgerentscheid, der allerdings kaum ein Viertel der Wahlberechtigten an die Urnen bewegen konnte, gestritten wurde, auf den Weg gebracht. Die Baumaßnahmen für die Rottecklinie beginnen heute in Freiburg.

Der jüngste Bürgerentscheid fand 2006 statt: Die Stadt wollte ihren städtischen Bestand von 8000 Wohnungen zu Geld machen, was einen Sturm der Entrüstung in der Bevölkerung und im linksliberalen politischen Milieu in Freiburg nach sich zog. Der Bürgerentscheid gegen den Wohnungsverkauf wurde mit mehr als zwei Drittel der abgegebenen Stimmen und einem erfüllten Quorum rechtlich bindend für die Stadtverwaltung und gilt bis heute als größte politische Niederlage für OB Salomon, der den Wohnungsverkauf zunächst als notwendig dargestellt hatte.

Info: Zahlen und Fakten

Beim Bürgerentscheid über den Neubau eines Stadions in Freiburg wurde das Quorum erreicht. Gestern hat sich eine Mehrheit der Abstimmungsberechtigten für das Projekt ausgesprochen. Zahlen

Wahlberechtigt: 169.136 Freiburger (ab 16 Jahre); Quorum: 25 Prozent (42.284 Stimmen); Wahlbeteiligung: 46,5 Prozent; Abstimmungsergebnis: 58,2 Prozent (45.629 Stimmen) für Ja, 41,8 Prozent für Nein. Das erforderliche Quorum wurde somit erreicht. Die geplante Eröffnung des neuen SC-Freiburg-Stadions im Gebiet "Wolfswinkel" ist für 2019 vorgesehen.