ein Blick auf die Diskussionsrunde, von links: Gwynn Wettach, Kera Rachel Cook, Moderatorin Theresia Gunkel. Amanda Fleck und Gerda Hasselfeld und Anna Ohnweiler Foto: Morlok

Fünf Frauen diskutierten in der Zehntscheuer und gaben Einschätzungen darüber ab, wie weit die Gesellschaft auf dem Weg zur Gleichberechtigung schon gekommen ist. Das Fazit: Es ist einiges passiert, doch bis zum Ziel ist es noch ein weiter Weg.

Für den Internationalen Frauentag, Samstag, 8. März, direkt nach dem diesjährigen internationalen Equal Pay Day, der als Datumsgrenze der Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern gilt, hatte der Rottenburger Behindertenbeirat, der Integrationsbeirat und die Jugendvertretung zur Auftaktveranstaltung der 4. Rottenburger Frauentage in die Zehntscheuer eingeladen.

 

Rottenburger Frauentage

Die Rottenburger Frauentage bieten vom 8. bis zum 23. März ein umfangreiches Programm. Vereine, Einrichtungen und Organisationen der Stadt beteiligen sich mit zahlreichen Veranstaltungen, die für jedes Interesse etwas zu bieten haben.

Die Auftaktveranstaltung, an der geschätzt 200 Personen teilnahmen, stand unter dem Leitgedanken „Von Vision zur Wirklichkeit – Frauen, die Grenzen überwinden“. Den Fragen von Moderatorin Theresa Gunkel stellten sich bei einer Podiumsdiskussion Gerda Hasselfeldt, Bundesministerin a.D. (CSU) und Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes, Amanda Fleck, Sportlerin im Rollstuhlbasketball sowie Teilnehmerin an den Paralympics und Weltmeisterschaften, Anna Ohnweiler, Rumänin und Gründerin von „Omas gegen Rechts“, die „AndersMacherin“ Kera Rachel Cook, ehemaliges Modell und heute Unternehmensberaterin, sowie Gwynn Wettach, die lokale Organisatorin der „Trans*TeaTime“ an der Universität Tübingen und Mitglied bei den Grünen. Zudem Mitglied bei der „Adis - Trans*Beratung“ im Kreis Tübingen.

„Tag der Verantwortung“

Fünf starke Frauen also, die davon erzählten, wie sie ihr Leben selbst in die Hand genommen haben und sich in einer Männerwelt behaupten konnten.

Bevor jedoch diese Gesprächsrunde startete, durften die Gäste den Grußworten von Pietro Scalera, Vorstandsmitglied des Integrationsbeirats und des stellvertretenden Bürgermeisters Joachim Herbst von den Grünen, lauschen.

Scalera wertete den Internationalen Frauentag als einen Tag der Verantwortung, die man nicht einfach abtun dürfe, und sah den Kampf um die Gleichberechtigung als Aufgabe aller an.

Eva Mario Hassler vom Theater am Torbogen in einer modernen Fassung von „Eva und der Apfel Foto: Morlok

„365 Männertage im Jahr“

Gemeinderat Herbst freute sich, dass es in der Stadt, in der von über 300 Straßen nur neun nach Frauen benannt wurden, den Frauentag gibt. Er sagte: „Von einem Männertag habe ich noch nie etwas gehört – wahrscheinlich deshalb, weil es 365 Stück davon im Jahr gibt.“ Dass er für diese Anmerkung reichlich Applaus von den vielen Frauen im Saal bekam, war sicher eingeplant.

Viel Applaus gab es auch für die moderne Interpretation der Geschichte von Eva und dem Apfel. In einer Adaption, die sich an „Hurz“ von Hape Kerkeling – Ein Apfel, der Apfel – anlehnte und dem „Ave Maria“ von Schubert sowie einer Metamorphose zum Apfel selbst, bewegte sich Eva Mario Hassler vom Theater am Torbogen zwischen Ironie, Realität und Wunschdenken in einer Geschichte voller Tiefgang, die vieles beantworte und noch viel mehr offen ließ.

Schätzungen auf der Skala

Nach einer kleinen Umbaupause war es dann so weit. Die Protagonistinnen des Abends nahmen auf zwei Sofas Platz und erzählten aus ihrem Leben. Bei der Vorstellungsrunde, verbunden mit der Frage, wie gleichberechtigt Frauen in der heutigen Gesellschaft sind – zu schätzen auf einer Skala zwischen eins bis zehn – waren vier der Frauen der Meinung, dass die Skala bei sieben, maximal acht liege. Lediglich Gwynn Wettach, die als Mann geboren wurde, gab auf diese Frage höchstens eine Fünf. „Durch wie viele Reifen müssen wir noch springen, bis wir akzeptiert werden?“, fragte sie.

Auf dem Podium im Gespräch, von links: Amanda Fleck, Gerda Hasselfeldt und Anna Ohnweiler Foto: Morlok

Im Grunde genommen war sich die Runde einig, dass zwar in Richtung Gleichberechtigung in den letzten Jahren schon einiges passiert, die Gesellschaft aber noch weit weg von einer echten Gleichberechtigung sei. Wie lässt sich das ändern?

Die Essenz der Redebeiträge ergab einige klare Eckpunkte. Eine Ausbildung machen – egal gegen welche Widerstände, lautete eine der Ansagen.

Niederlagen hinnehmen

Oder: Niederlagen nicht unbedingt persönlich nehmen, sondern gestählt daraus hervorgehen. „Stellt euch erreichbare Ziele“, lautete ein Tipp von Gerda Hasselfeldt. „Seid sichtbar – meldet euch, lasst euch nichts gefallen“, lautete eine weitere Erkenntnis, und ganz wichtig: „Keine Frau schuldet den Männern eine Erwartung an ihr Aussehen.“ „Sich selbst sein, groß träumen und raus aus der Teilzeitfalle und notfalls selbst eine Firma gründen“, lautete ein weiterer Ansatz aus der Frauenrunde.

Klar, das waren alles Statements von besonderen Frauen, die in ihrem Leben viel erreicht haben, die herausragen, die tatsächlich sichtbar sind, die aber, und das ist der kleine Wermutstropfen bei der Geschichte, keinen repräsentativen Querschnitt der Frauen in unserer Bevölkerung darstellen.