Angesichts eines möglichen Energienotstandes hat die Frauen-Union Calw sich dazu entschlossen, den Geophysiker Jörn Döring einzuladen, um sich über bezahlbare, leistungssichere Alternativen zu informieren. Eine Lösung könnte der sogenannte Dual Fluid Reaktor sein, von dem Ende der 20er Jahre der erste Prototyp in Kanada gebaut werden soll.
Kreis Calw - Auf Einladung der Vorsitzenden der Frauen-Union (FU) Calw, Angelika Holzäpfel, kam der promovierte Geophysiker Jörn Döring, der sich während seines Studiums intensiv mit Theorien der Wärme, Elektrodynamik und Kernphysik beschäftigt hat, in den Kreis Calw. Im Mittelpunkt des Abends stand das hoch aktuelle Thema der umweltfreundlichen Energiesicherheit, welches zahlreiche Gäste anlockte, darunter auch den CDU-Bundestagsabgeordneten Klaus Mack sowie den CDU-Landtagsabgeordneten Thomas Blenke.
"Die Energiewende in Deutschland ist bereits eingeläutet, sie ist Bestandteil des Koalitionsvertrages, da gibt es kein Zurück", betonte Thomas Blenke, Mitglied des Landtags Baden-Württemberg, in seinem Grußwort. Der Ernst der Lage gebiete es sozusagen Gas zu geben, um die politisch gewünschten Transformationen schnellstens auf den Weg zu bringen. Ein wichtiger Aspekt sei hier die Verfahrensbeschleunigung, auf die auch der Bundestagsabgeordnete Klaus Mack einging. Er zeigte sich erfreut, dass man beim Ausbau der erneuerbaren Energien gut vorankomme. Gleichzeitig ließe sich mit schnelleren Verfahren die Wende noch beschleunigen.
Versorgungssicherheit nicht gestiegen
Döring zeigte auf, dass seit dem Jahr 2000 bereits 450 Milliarden Euro für die Energiewende ausgegeben wurden. Der Anteil des erneuerbaren Stroms sei dadurch zwar gestiegen, die Versorgungssicherheit jedoch nicht. Die Verschiebungen im Energiemix führten dazu, dass Deutschland zur Gewährleistung seiner Energiesicherheit zunehmend vom Ausland abhängig sei. In Zeiten von Flauten, Stürmen und fehlender Sonneneinstrahlung stünden aktuell nur drei GW (Gigawatt) aus den Stromspeichern von Sonne und Wind einem deutlich höheren Bedarf von 61 GW gegenüber. Ein europaweiter Blackout stand schon mehrfach kurz bevor. Angesichts des drohenden Energienotstandes, verschärft durch den Ukrainekrieg mit seinen potenziell dramatischen Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft, müssten nach Überzeugung des Experten aus Wiesloch politische Scheuklappen fallen.
Dual Fluid Reaktor wäre eine Alternative
Vor diesem Hintergrund hatte sich die Frauen-Union Calw dazu entschlossen, Jörn Döring einzuladen, um sich über bezahlbare, leistungssichere Alternativen zu informieren. Eine Lösung könnte der sogenannte Dual Fluid Reaktor sein, von dem Ende der 20er Jahre der erste Prototyp in Kanada gebaut werden soll. In Deutschland wäre ein Bau nach derzeit geltendem Recht nicht möglich, obwohl diese neue Technik von deutschen Wissenschaftlern entwickelt und patentiert wurde.
Was der Naturwissenschaftler Döring den FU-Frauen und interessierten Gästen an diesem Abend anhand zahlreicher Grafiken und Daten erläuterte, machte Hoffnung auf eine realistische, nachhaltige und sichere Energieversorgung der Zukunft. Eine emissionslos und endlagerungsfreie Kernenergienutzung ohne Flächenverbrauch ist technisch möglich und kein Wunschtraum.
Mithilfe des Dual Fluid Reaktors könnte die in den ausgedienten Brennstäben noch vorhandene Energie nutzbar gemacht werden, so Döring. Denn was vielen nicht bewusst sei, in den Kernkraftwerken werden lediglich fünf Prozent der Energie in den Brennelementen verbraucht. Anstatt sich nur Gedanken darüber zu machen, wie man die alten Brennstäbe, in denen noch 95 Prozent der Energie vorhanden sei, für lange Zeiträume und teures Geld unter der Erde lagern könne, fordert er, diese wertvolle Restenergie sicher zu nutzen. Dies könne in naher Zukunft in den vorgestellten Reaktoren möglich sein. Der Clou dabei sei, dass diese moderne Reaktorgeneration durch das gegenläufige Prinzip der beiden Flüssigkeiten – Flüssigsalz und flüssiges Blei – ("Dual Fluid") auch keinerlei Sicherheitsrisiko mehr darstelle. Eine Überhitzung sei schon allein wegen der physikalisch-chemischen Eigenschaften de facto nicht möglich.
366 Jahre von seinem bisher produzierten Atommüll leben
Energiewirtschaftlich könne Deutschland 366 Jahre von seinem bisher produzierten Atommüll leben und bliebe dabei völlig unabhängig von Importen aus Russland, Katar und anderen Ländern. Darüber hinaus sei zu betonen, dass hierdurch nicht nur die Stromerzeugung gesichert sei, sondern sich auch zahlreiche andere Energieträger wie Wasserstoff, synthetische Kraftstoffe oder Hydrazin herstellen ließen. Dazu falle viel Abwärme an, die ebenfalls nachhaltig genützt werden könne.
Der Referent vermisst in der deutschen Energiepolitik das "und". Man müsse am Ausbau der erneuerbaren Energien dranbleiben und dürfe doch gleichzeitig die Technologieoffenheit nicht nur im Wort führen. So gab auch die FU-Vorsitzende Angelika Holzäpfel Klaus Mack, seines Zeichens Mitglied im Energieausschuss des Bundestags, den Wunsch mit auf den Weg nach Berlin: "Werben sie für eine Forschung zur deutschen Energiesicherheit ohne ideologische Scheuklappen."