Eigentlich hatte sie ihre Karriere schon beendet. Seit Sommer spielt Leonie Maier nun aber mit den Frauen des VfB Stuttgart um den Aufstieg in die zweite Liga. Und zieht ein positives Zwischenfazit.
Eigentlich war es ja ein Spiel ganz nach dem Geschmack von Leonie Maier. Die Gegnerinnen aus Waiblingen-Hegnach, nur wenige Kilometer von ihrem Heimatort (Remseck) entfernt. Der Spielort Bad Cannstatt, auch nur etwas weiter weg. Und ihre Spielkleidung? Ziert ein Brustring. Endlich.
„Es war immer ein Kindheitstraum, irgendwann einmal für den VfB auflaufen zu dürfen“, sagt Leonie Maier – die sich diesen Traum am vergangenen Sonntag schon zum wiederholten Mal erfüllt hat. Was nicht nur vor Jahren undenkbar war, sondern auch vor wenigen Monaten.
Vor 2021 hatte der VfB Stuttgart gar keine Abteilung für den Fußball der Frauen. Das änderte sich dann zwar, und die VfB-Frauen haben in der vergangenen Saison auch den ersten Schritt nach oben mit dem Aufstieg in die drittklassige Regionalliga geschafft. Aber quasi zeitgleich hat Leonie Maier ihre aktive Karriere beendet. Ihr Körper machte die Strapazen des Leistungssports einfach nicht mehr mit. Mit Tränen in den Augen und im Trikot der TSG Hoffenheim verließ sie am 20. Mai 2024 letztmals das Spielfeld einer Bundesligapartie.
Aus. Ende. Vorbei. Nach einer herausragenden Karriere mit deutschen Meisterschaften (mit dem FC Bayern 2015 und 2016), einem EM-Titel und dem Olympiasieg (mit der deutschen Nationalmannschaft 2013 und 2016) und einer Auslandserfahrung (beim FC Everton). Aber dann: „Kam die Anfrage vom VfB.“
Platz eins nach sieben Spieltagen
Man könnte nun sagen, die brachte Leonie Maier ins Grübeln. Doch das stimmt ja nicht wirklich. Denn sie sagt: „Ich musste nicht lange überlegen.“ Also sagte sie für ein Jahr zu, dem VfB zu helfen, den Weg nach oben etwas zu beschleunigen. Unter einer Bedingung: „Wenn mein Körper mitmacht.“
Bislang ist das der Fall. Zwar darf die 32-Jährige auch mal eine Einheit auslassen und wird in Trainingsformen mit dem weniger kontaktintensiven Part betraut. Doch macht die Mittelfeldspielerin ansonsten jedes Training mit und hat sich für die Pflichtspiele auch noch nie abmelden müssen.
„Am Anfang hat man schon gemerkt, dass sie nach dem Karriereende erst einmal zwei, drei Monate raus war“, sagt Heiko Gerber zwar. Der Trainer der VfB-Frauen betont aber auch: „Sie kann Dinge, die andere nicht können. Sie bringt eine sehr hohe Qualität mit.“ Leonie Maier sei, sagt Gerber, „ein weiterer Glücksfall für uns“.
In der gebürtigen Stuttgarterin und Mandy Islacker hat der VfB nun gleich zwei Olympiasiegerinnen in seinem Kader. Dazu kommen Spielerinnen wie Jana Beuschlein und Yuka Hirano, die über Bundesligaerfahrung verfügen, sowie herausragende Talente wie U-20-Nationaltorhüterin Kiara Beck. „Sicher, wir haben eine teils namhafte Mannschaft“, sagt Heiko Gerber, schränkt aber ein: „Wir müssen trotzdem erst einmal jedes Spiel spielen.“
Wie knifflig es die Gegner den VfB-Frauen teilweise machen, zeigte sich eben im jüngsten Duell gegen den Tabellenletzten SV Hegnach. Die Kontrahentinnen standen tief, gingen dann auch noch in Führung, am Ende schaffte der VfB noch einen 2:1-Arbeitssieg. „Der Aufstieg“, sagte danach Leonie Maier, „wird kein Selbstläufer.“ Trotz Platz eins und 19 Punkten nach sieben Partien.
Auch die 79-fache Nationalspielerin musste bis zu ihrer Auswechslung ordentlich ackern, ehe die Tabellenführung verteidigt war. Und so war dieses Spiel unweit der Heimat dann zwar doch nicht ganz nach dem Geschmack von Leonie Maier. Am Gesamteindruck ändert das für sie aber rein gar nichts.
„Die ersten Monate waren sehr positiv. Es ist sehr schön, zurück in der Heimat zu sein“, sagt die Europameisterin von 2013, die nicht nur aus eigenem Interesse froh ist, dass sich der VfB dazu entschieden hat, auch auf den Fußball der Frauen zu setzen. „Ich freue mich, dass die talentierten Frauen und Mädchen aus der Region jetzt die Möglichkeit haben, bei diesem coolen Verein und unter professionellen Bedingungen zu spielen“, sagt sie – und erinnert sich: „Ich musste damals früh von zuhause wegziehen, um erstklassig spielen zu können.“
Vom VfL Sindelfingen ging es zum SC Bad Neuenahr, dann zum FC Bayern, nach England und zur TSG Hoffenheim. Nun sei sie „stolz und dankbar, dass ich für ein Jahr den Brustring auf dem Platz tragen und Teil der noch jungen Frauen-Geschichte beim VfB sein darf“. Neben dem sportlichen Part ermöglicht ihr der Verein den Berufseinstieg in der VfB-Fußballschule (25 Stunden pro Woche). „Das Gesamtpaket“, sagt sie daher, „passt.“
Wenn es am Ende mit dem Durchmarsch in die zweite Liga klappt, haben beide Seiten vom Rücktritt vom Rücktritt profitiert. Ob das klappt? „Wir dürfen uns keine Fehler erlauben und müssen jedes Spiel sehr fokussiert angehen“, mahnt Leonie Maier – ist aber sicher: „Wenn wir das schaffen, kann uns keiner halten.“
Und vielleicht erfüllt sich dann ja noch ein weiterer Traum. „Es ist großartig, was der VfB in der kurzen Zeit auf die Beine gestellt hat, aber es gibt noch viel Potenzial“, sagt Leonie Maier – und denkt an ein Spiel der VfB-Frauen in der MHP-Arena.