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Vier Frauen und zwölf Kinder: Der Fall eines eingebürgerten Muslim beschäftigt Frankreich.

Paris - Mit einem harmlosen 22-Euro-Knöllchen fing's an, nun ist es eine Staatsaffäre. Einen Strafzettel verpassten Polizisten in Nantes einer 31 Jahre alten Muslimin, weil sie mit einem schwarzen Ganzkörperschleier am Steuer saß. Kaum hatte die Frau in aller Öffentlichkeit dagegen protestiert, schaltete sich Frankreichs Innenminister ein. Brice Hortefeux, einer der engsten Vertrauten von Staatschef Nicolas Sarkozy, beschuldigt ihren Ehemann Liès Hebbadj der Vielweiberei und des Sozialbetrugs. Der aus Algerien stammende 34-Jährige hat sich unterdessen dazu bekannt, dass er durchaus mehrere Geliebte habe, aber dass dies schließlich nicht verboten sei.

Mit seiner Forderung, dem Mann die französische Staatsangehörigkeit abzuerkennen, läuft Hortefeux Gefahr, als Brandstifter im Auftrag seines Herrn zu handeln. Die meisten französischen Kommentatoren reiben sich verwundert die Augen. Obwohl das Land unter steigender Arbeitslosigkeit und sinkender Kaufkraft leidet, entfacht die nervöse Mannschaft des zusehends unbeliebten und erfolglosen Präsidenten lieber eine riskante Debatte über ein Stück Stoff.

Besonnene Köpfe wie Jean-Louis Bianco, unter FranÛois Mitterrand Generalsekretär im Elysée, warnen bereits inständig vor dem populistischen Spiel mit dem Feuer. "Es ist ein gefährliches Manöver, das die Franzosen gegeneinander aufwiegelt", sagt der sozialistische Abgeordnete. Die Burka-Debatte laufe auf eine Brandmarkung der französischen Muslime hinaus.

Wohin diese Scharfmacherei führt, zeigte sich bereits am Wochenende im Süden Frankreichs. Im Städtchen Istres wurden nachts 30 Gewehrschüsse auf eine Moschee abgefeuert. An einen puren Zufall glaubt niemand. "Es ist traurig und schockierend, einen Ort des Friedens anzugreifen", sagte Djamel Bedra, Vorsitzender der muslimischen Vereinigungen in Istres. Quasi im Gegenzug gerieten offenbar Islamisten ins Visier der Polizei. In einer landesweiten Razzia nahm eine Anti-Terror-Spezialeinheit am Dienstag fünf Männer fest, die in einschlägigen Internetforen für den Heiligen Krieg die Klingen gewetzt haben sollen.