Der deutsche Musikproduzent Frank Farian 2016 in seinem Tonstudio in Miami. Foto: dpa/Milli Segieth

Mit Boney M. und Milli Vanilli hat Frank Farian Hits und Schlagzeilen produziert. Heute lebt er in Miami und hat an seinem 80. Geburtstag einen möglichen Nachfolger im Auge.

Miami/Saarbrücken - Seine Songs sind Pop-Klassiker und der Soundtrack einer Generation: Zuverlässig hat der Musikproduzent Frank Farian jahrzehntelang tanzbare Welthits erschaffen wie „Daddy Cool“ oder „Rasputin“. „Der Erfolg war eine riesengroße Überraschung. Ich dachte immer, ich schaffe es nicht. Es sah ja auch anfangs nicht danach aus“, sagt er heute. Am 18. Juli wird Farian 80 Jahre alt. Er feiert an seinem Wohnort Miami. „Vom Studio aus in die Sonne schauen: Das habe ich mir immer gewünscht“, sagt er.

Als Franz Reuther wurde Farian in Kirn an der Nahe (Rheinland-Pfalz) geboren, als Frank Farian brachte er Mitte der 70er Teenager zum Weinen mit seinem traurigen Hit „Rocky“. Bald trat er selbst kaum noch auf. Das sei irgendwann vorbei gewesen, sagt er. Erst als Mann im Hintergrund, als Produzent, begann sein Mega-Erfolg: mit der Gruppe Boney M.

Mit Boney M. erfolgreich

Den ersten Titel „Baby Do You Wanna Bump“ (1975) sang Farian im Studio selbst. Weil er das vielstimmige Lied auf der Bühne nicht solo aufführen konnte, suchte er Sänger, die den Song präsentieren sollten. Zwei Bandmitglieder sangen live, zwei weitere bewegten nur die Lippen. Und das höchst erfolgreich: Hits wie „Rivers of Babylon“ oder „Ma Baker“ sind Teil der Disco- und Popgeschichte.

Ende der 80er lancierte Farian unter dem Namen Milli Vanilli ein ähnliches Projekt – und scheiterte. Als bekannt wurde, dass das Duo auf der Bühne gar nicht sang, sondern nur zum Playback die Lippen bewegte, hagelte es massive Proteste und Kritik vor allem in den USA.

Ein Spielfilm und eine Serie

Nun soll die erfolgreiche Anfangszeit des Musikproduzenten verfilmt werden, „Girl You know it’s true“ heißt das Projekt des Regisseurs Simon Verhoeven. Es soll noch 2021 in Produktion gehen, Farian will dafür nach Deutschland kommen. „Außerdem ist eine achtteilige TV-Serie über mich geplant“, sagt er, „von der Geburt in Kirn über das bescheidene Leben im Saarland bis zum internationalen Erfolg.“ Mittelfristig möchte Farian wieder mehr in Europa leben, er denkt an eine Bleibe in Spanien. „Ich brauche die Sonne, sie ist mein Lebenselixier. Aber die Brücke zu den USA breche ich nicht ab.“

Seine Kindheit war nicht einfach. „Meinen Vater habe ihn nie kennengelernt“, sagt Farian, „er fiel vor meiner Geburt im Krieg. Die Menschen in Kirn haben einer jungen Mutter mit drei Kindern geholfen, dafür bin ich sehr dankbar.“ Diese Mitmenschlichkeit und natürlich seine Mutter hätten ihn geprägt. „Meine Mutter war meine persönliche Trümmerfrau. Sie hat alle Steine aus dem Weg geräumt und mir alles ermöglicht, obwohl wir kein Geld hatten.“ Mit 14 zog der junge Franz zu Verwandten ins Saarland und lernte Koch – „weil ich ständig Hunger hatte und dachte, da habe ich immer etwas zu essen“.

Auftritte in Moskau

Bei einem Familienabend steckt ihm der Pfarrer einen Groschen zu, weil er „Der Mond ist aufgegangen“ so schön gesungen hat – „meine erste Gage“, sagt er. Mit seiner Band Die Schatten nimmt Farian 1963 in einem ehemaligen Kuhstall im Saarland die erste Platte auf. „In der Mitte standen ein Mikrofon und ein Tonbandgerät.“ Ein Doppelalbum mit der Musik von damals mischt er gerade ab. „Ich will diese Zeit aufarbeiten, bevor ich den Löffel abgebe. Ich möchte das so hinterlassen, wie ich es gedacht habe.“

Vom Saarland aus geht es nach Hessen, in ein Tonstudio in Rosbach bei Frankfurt, und später nach Miami. Mit Boney M. geht er auf Tourneen, die in auch nach Moskau führen. „Ich denke oft daran, wie wir auf dem Roten Platz getanzt haben“, sagt er. „Mein Vater ist in Russland gefallen, und ich bin dort ein gefeierter Star. Das kann man sich nicht erträumen.“

Kein Herz für den ESC

Für den Eurovision Song Contest (ESC) konnte der Produzent sich nicht erwärmen. „Das hat mich nie gereizt“, sagte Farian. „Wenn ich ein gutes Lied hatte, habe ich das für meine eigenen Interpreten aufgehoben. Da hatten andere Künstler keine Chance.“

Nur einmal habe er sich „erweichen“ lassen. „Da saß ich in der Jury des deutschen Vorentscheids, und prompt hat später im britischen Harrogate die deutsche Teilnehmerin gewonnen: Nicole, das war 1982.“ Das Siegerlied „Ein bisschen Frieden“ sei „der mit Abstand beste Song“ gewesen, sagte Farian. „Danach wollte ich nicht mehr. Der Wettbewerb schien mir irgendwie nicht genug Substanz zu haben.“

Der Musikproduzent denkt wie ein Koch

Goldene Platten und Chart-Erfolge: Hat er das Geheimnis des Erfolgs entschlüsselt? „Kaum“, sagt Farian. „Wenn ich heute einen Song mische, denke ich daran, dass ich früher als Koch ähnlich gearbeitet habe. Es geht immer um die Zutaten. Man kann zwar sagen, man wird Musiker, aber vieles ist dann Glück. Erfolg ist nicht planbar.“

Pläne hat er dennoch: „Ich habe mein Leben lang gegen Ungerechtigkeiten gekämpft“, sagt er, „auch deswegen möchte ich eine Frank-Farian-Stiftung gründen zur Förderung der Musik sowie gegen Rassismus und Hunger.“ Und wie geht es weiter mit seinem Imperium? Farian lacht. „Der Sohn meiner Tochter ist dreieinhalb und ein Musikfreak. Er kann schon fast die Maschinen hier im Studio bedienen. Ich bin sicher: Der wird mein Nachfolger.“